Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn man ein Ruder in einen Heringsschwarm stieße, bliebe dieses senkrecht darin stehen, das besagt zumindest der Mythos. Sehr wahrscheinlich ist das wohl nicht, doch liegt dieser Fabel auch Wahres zugrunde. Als mir der Kieler Fischer Anton Kardel vor 15 Jahren sein Leid über den schwindenden Heringsbestand klagte, nahm ich dies erst als die „Früher war alles besser“-Litanei hin. Doch dann zeigte er mir die Bilder: Fotos, auf denen sich die weißen Plastikwannen voll mit Heringen meterhoch stapelten. Heute hat Kardel sein Boot verkauft, in den letzten Jahren verloren sich nur noch wenige Heringe in seine Netze.
Dass die Mitglieder von Gemeinden der Amischen keinem hedonistischen Dasein frönten, sich alle Freuden verböten, ist ein Mythos. mare-Fotografin Vanessa Winship und mare-Autorin Steffi Kammerer besuchten die protestantische Glaubensgemeinschaft nicht nur in ihrer Heimat im winterlichen Ohio, sondern begleiteten sie auch in ihr Winterdomizil in Florida. Dort urlauben die Amischen während der kalten Monate an den Gestaden des Golfs von Mexiko und genießen Sonne, Strand und Meer. Winship und Kammerer respektierten die Zurückhaltung der Amischen gegenüber Kameras und Notizheft. Vielleicht kamen sie ihnen gerade deswegen ungewöhnlich nah. Und so entstand ein selten einfühlsames Porträt einer verschwiegenen Gesellschaft, die durchaus genießen kann.
Die Vielfalt des vorliegenden Heftes zeigt sich neben Heringen und Amischen auch im Porträt der Hafenstadt Mokka, dem Ursprungsort unseres Kaffees im kriegszerstörten Jemen, oder in der Reportage über die dänische Insel Ærø, auf der Hochzeiten nicht zufällig in großer Zahl stattfinden.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Nikolaus Gelpke
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