„Das Meer ist eine grossartige Nichtlandschaft“

Der legendäre Bergsteiger und Abenteurer Reinhold Messner hat nie das Schwimmen gelernt. Jetzt ist es ihm dafür zu spät

mare: Herr Messner, haben Sie je einen Urlaub am Meer gemacht?

Reinhold Messner: Nein. Wenn da ein schönes Hotel am Meer ist, kann ich mir das zwar für ein paar Tage vorstellen. Aber ich mache keinen Urlaub, sondern ich realisiere Ideen. Un- unterbrochen.

Früher waren das vor allem Abenteuer. Sie haben alle großen Berge bestiegen, die Antarktis und die Wüste Gobi durch­wandert. Doch das Meer spielt in Ihren Abenteuern nie eine Rolle. Sind Sie dem Wasser ausgewichen?

Ich habe mit meiner Familie große Reisen gemacht – in die Antarktis, an den Ama­zonas und in die Südsee. In der Summe habe ich die Welt ein paarmal umrundet, auch über die Ozeane. Allerdings nicht als Kapitän, sondern nur als Beob­achter und Reisender.

Nach Ihrer Definition gehört zu einem Abenteuer das Ausgesetztsein in der Wildnis unter Lebensgefahr. All das hätte Ihnen das Meer in Vollkommenheit bieten können.

Ja, das Meer ist im Grunde sogar gewaltiger als der Berg. Wenn Sie weit draußen sind, ist es wirklich machtvoll, wenn da die Stürme und die Wellen auf Sie zukommen.

Haben Sie das selbst erlebt?

Ja, in der Antarktis. Ich war da öfter als Vortragsreisender auf Schiffen. Da habe ich alles erlebt: starke Stürme, wilde Stürme. Aber auch auf diesen Schiffen war ich nur ein Reisender. Da gab es einen Kapitän, da gab es die Techniker, die ganze Crew. Die hatten das schon im Griff.

Als Reisender sind Sie dem Meer begegnet, aber als Abenteurer haben Sie es gemieden?

Ich selber mit einem kleinen Boot? Ich wäre überfordert, weil ich das nicht kann. Ich hätte das natürlich lernen und mit einem Boot um die Welt segeln können. Aber das wollte ich nicht. Ich habe einfach nie ein Bedürfnis verspürt, das zu tun.

Um dem Meer als Abenteurer zu begegnen, hätten Sie schwimmen lernen müssen. Das haben Sie bis heute nicht getan. Als Sie ein Junge waren, sind da in den Südtiroler Sommern die Kinder nicht zum Baden an den Bergsee gefahren?

Ich komme aus dem Villnösstal. Dort gab es keinen Bergsee und kein Schwimmbad. Es gab einen Bach, in dem wir das Wasser stauen konnten, aber selbst ein dreijähriges Kind hätte darüber gehen können. Auf der anderen Seite der Geislerspitzen waren kleine Seen, aber mit viel Matsch darin. Da konnten wir nicht reingehen, da wären wir untergegangen. Und so kam ich gar nicht zum Schwimmen. Später kam ich an fantastische Küsten wie auf Neuguinea, aber immer nur für einen Tag. Dafür musste ich nicht schwimmen lernen.

War Schwimmunterricht in Ihrer Jugend überhaupt üblich?

Nein, wer aus dem Tal nicht rauskam, hat nicht schwimmen gelernt. Die meisten Menschen im Villnösstal können nicht schwimmen. Das muss man da auch nicht können.

War das später bei Ihren Kindern anders?

Ja, die können schwimmen. Wir leben ja auch nicht mehr in dem gleichen Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Meine sind gleich als Kleinkinder zum Schwimmen gekommen und haben das ganz selbstverständlich wie alle Kinder gelernt.


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mare No. 135

No. 135August / September 2019

Von Sven Wehde

Sven Wehde, Jahrgang 1975, arbeitet als Redakteur der Lübecker Nachrichten in der Ostseestadt. Berge sind für ihn eine ferne Welt, und gerade deshalb zieht es ihn dorthin. Nur die Gipfel erreicht der Flachländer selten, weil mit steigender Höhe auch der Respekt vor dem Berg größer wird. Dafür gab es Lob von einem, der es kann. „Das machen Sie richtig. In den Bergen darf ich nur machen, was ich hundertprozentig kann. Die Menschen, die sich für unsterblich halten, bleiben es am Berg nicht lange“, sagte Messner beim Interview auf Schloss Sigmundskron bei Bozen. Es muss ja auch nicht jeder selbst auf dem Gipfel stehen, denn in seinem Vortrag Weltberge – die 4. Dimension nimmt Messner die Zuschauer mit zu den Bergen, an denen Geschichte geschrieben wurde. Tickets für diesen und weitere Vorträge gibt es unter www.messner-live.de.

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Vita Sven Wehde, Jahrgang 1975, arbeitet als Redakteur der Lübecker Nachrichten in der Ostseestadt. Berge sind für ihn eine ferne Welt, und gerade deshalb zieht es ihn dorthin. Nur die Gipfel erreicht der Flachländer selten, weil mit steigender Höhe auch der Respekt vor dem Berg größer wird. Dafür gab es Lob von einem, der es kann. „Das machen Sie richtig. In den Bergen darf ich nur machen, was ich hundertprozentig kann. Die Menschen, die sich für unsterblich halten, bleiben es am Berg nicht lange“, sagte Messner beim Interview auf Schloss Sigmundskron bei Bozen. Es muss ja auch nicht jeder selbst auf dem Gipfel stehen, denn in seinem Vortrag Weltberge – die 4. Dimension nimmt Messner die Zuschauer mit zu den Bergen, an denen Geschichte geschrieben wurde. Tickets für diesen und weitere Vorträge gibt es unter www.messner-live.de.
Person Von Sven Wehde
Vita Sven Wehde, Jahrgang 1975, arbeitet als Redakteur der Lübecker Nachrichten in der Ostseestadt. Berge sind für ihn eine ferne Welt, und gerade deshalb zieht es ihn dorthin. Nur die Gipfel erreicht der Flachländer selten, weil mit steigender Höhe auch der Respekt vor dem Berg größer wird. Dafür gab es Lob von einem, der es kann. „Das machen Sie richtig. In den Bergen darf ich nur machen, was ich hundertprozentig kann. Die Menschen, die sich für unsterblich halten, bleiben es am Berg nicht lange“, sagte Messner beim Interview auf Schloss Sigmundskron bei Bozen. Es muss ja auch nicht jeder selbst auf dem Gipfel stehen, denn in seinem Vortrag Weltberge – die 4. Dimension nimmt Messner die Zuschauer mit zu den Bergen, an denen Geschichte geschrieben wurde. Tickets für diesen und weitere Vorträge gibt es unter www.messner-live.de.
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