Liebe Leserin, lieber Leser,
für die mare-Redaktion, die viel Wert darauf legt, Ihnen das Meer nicht nur inhaltlich, sondern auch formal vielseitig und mit Anspruch näherzubringen, sind die vergangenen beinahe zwei Corona-Jahre nicht einfach gewesen. Wir sind ein wenig stolz, dass wir unsere Reportagen fast ausschließlich exklusiv produzieren, in Wort und Bild. Dafür müssen Fotografinnen und Reporter vor Ort recherchieren und arbeiten – was allerdings wegen der Reisebeschränkungen kaum mehr möglich war, aber mindestens in einem Fall zu einem anfangs unerwarteten positiven Ergebnis führte.
Daher waren wir froh, als uns der britische Fotograf Craig Easton eine bereits fertig fotografierte Bildgeschichte anbot: farbige Porträts von Frauen in der modernen Fischereiindustrie der Orkneys und einige Schwarz-Weiß-Bilder der Inseln sowie Nahaufnahmen in Schwarz-Weiß von Händen und Gesichtern alter Frauen, die um die Mitte des letzten Jahrhunderts Heringe in Holzfässer schichteten. Die Fotografien bildeten keine optimale Einheit, aber vor allem die farbigen Porträts gefielen uns so sehr, dass wir Bastian Berbner, einen vielfach ausgezeichneten Reporter, beauftragten, für uns auf die Inseln zu fahren (was ausnahmsweise gerade möglich war). Berbners Text handelte dann aber nicht von der modernen Fischindustrie, sondern von der besonderen Rolle, die Frauen vor ungefähr 70 Jahren in der Gesellschaft im Norden Großbritanniens innehatten, als sie außergewöhnlich selbstbewusst und emanzipiert die damalige Heringsverarbeitungsindustrie wesentlich trugen. Der Text passte insofern keineswegs zu den von uns favorisierten Farbbildern aus der heutigen Zeit. Und so mussten wir unseren Plan ändern und ersannen eine neue Strategie: Wir baten Craig Easton, erneut auf die Inseln zu reisen und in Schwarz-Weiß eine noch lebende Heringsfrau zu porträtieren, sowie um weitere Landschaftsbilder.
Letztlich entstand eine völlig neue Geschichte: in Schwarz-Weiß, nicht in Farbe, keine Reportage über die heutige Fischverarbeitung, sondern ein Rückblick auf eine fast vergessene Zeit der frühen Emanzipation und Selbstbestimmung von Frauen.
Wir wurden zuerst inspiriert von Bildern, dann waren wir von einem nicht dazu passenden Text begeistert, und weil wir nicht aufgaben, sondern weitere Fotografien für einen neuen inhaltlichen Zugang beauftragten, wurde am Ende aus einem halb runden Fotoangebot eine Geschichte, die zu meinen absoluten Favoriten in Text und Bild der letzten Zeit zählt. So mündete die Pandemiesituation endlich auch einmal in etwas Gutes.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Nikolaus Gelpke
Ihre mare-Hotline in die unerforschten Weiten und Tiefen der Meere
Gut 100 Jahre lang, von der Mitte des 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, waren Tausende junger Frauen wichtige Stützen der britischen Fischindustrie. Zugleich halfen sie damit der Emanzipation der Frauen
Karl Marx’ Seereise zu einer Kur in Algier ist eine Grenzerfahrung für den empfindsamen, kränkelnden Gesellschaftstheoretiker. Hier findet er zu entscheidenden Änderungen an seiner Weltsicht
Die letzte Reise von Friedrich Engels, dem großbürgerlichen Revolutionär und Miterfinder des Marxismus, führte ihn an die Küste Südenglands – zu seiner Seebestattung. So hatte er es in seinem Testament verfügt
Eine moralische Gretchenfrage unserer Zeit: Wie können wir den Tierschutz und den Erhalt unserer Traditionen vereinen?
Die Bora, der wilde, zornige Fallwind an Kroatiens und Dalmatiens Adria, ist eine Plage. Das ist aber nur die halbe Wahrheit
Ein Toter in der Bucht von Sligo in Irland beschäftigt seit mehr als zehn Jahren die dortige Polizei. Der Fall ist ein einziges Rätsel
Ein Mann fängt an Belgiens Küste die Garnelen wie seine Vorfahren vor 500 Jahren – mithilfe eines großen Schleppnetzes und seiner Kaltblutstute Dina
In einem entlegenen Dorf auf der philippinischen Insel Leyte suchen die Bewohner mit einfachen Mitteln im Meer nach Gold. Das macht sie nicht reich, aber zufrieden
Im Herbst 1876 reist Friedrich Nietzsche mit zwei Gefährten zu einer Freundin nach Sorrent. An der lieblichen Küste bauen sie ihr Luftschloss: eine universale Akademie nach dem Vorbild Aristoteles’
Für die Kartografen der Renaissance waren die Eisbären an arktischen Küsten Inbegriff für die Abenteuer der Entdeckungsseefahrt
Empfehlungen aus Literatur, Musik, Film und Kulturleben
Italienische Kernphysiker wollen die letzte Frage des Menschen beantworten: Wie ist unser Universum entstanden? Helfen soll dabei Blei aus einer vor 2000 Jahren gesunkenen römischen Galeere
Wieso Seepocken ausgerechnet die Haut von Walen besiedeln, ist ein Rätsel. Nun kommt die Meeresforschung zu ersten Erkenntnissen