Wer ist dieser Mann?

Ein Toter in der Bucht von Sligo in Irland beschäftigt seit mehr als zehn Jahren die dortige Polizei. Der Fall ist  ein einziges Rätsel

Es gibt Menschen – viele Menschen –, die halten den Strand von Rosses Point für den schönsten in Irland. Rosses Point liegt acht Kilo­meter nordwestlich der Stadt Sligo, und steht man auf dem Sand, blickt man gen Süden auf die sanften Rundungen des Bergs Knocknarea, gen Norden auf die schroffen Kanten von Ben Bulben. Dazwischen erstreckt sich flach und friedlich die Sligo Bay. 

Allerdings verdeckte Nebel die Aussicht am Morgen des 16. Juni 2009. So dick waberten die Schwaden, dass der 21-jährige Brian Kinsella, der eigentlich vorgehabt hatte, vor der Arbeit noch schnell schwimmen zu gehen, sich überlegte, ob er den Plan nicht besser sein lassen sollte. Dann entschied er sich, doch ins Wasser zu steigen – er hatte sich zu einem Triathlon angemeldet und brauchte das Training. Und er war gerade dabei, als sein Vater, der ihn zum Strand begleitet hatte, etwas Beunruhigendes auf dem Sand liegen sah. 

Im dicken Dunst ähnelte das Objekt zunächst einer angeschwemmten Schaufensterpuppe. Doch als sich Brian und sein Vater näherten, erkannten sie, dass es ein Mann war. Er lag mit dem Gesicht zum Boden. Der Mann war schlank, nicht mehr ganz jung – sicher Mitte fünfzig, vielleicht auch etwas älter – und ganz offensicht­lich tot. 

Der Tote trug ein dunkles T-Shirt, eine Badehose wie auch eine Unterhose, die merkwürdigerweise über die Badehose gezogen war. Das war nicht das einzige seltsame Detail. Wie sich später herausstellte, waren einige Etiketten in der Kleidung des Manns sorgfältig herausgetrennt worden. 

Von einem Hotel aus alarmierten Brian und sein Vater die Polizei. Und als die Beamten den Strand absuchten, fanden sie weitere Habseligkeiten des Toten. Eine schwarze Lederjacke, eine blaue Hose (Größe 50), schwarze Schuhe (Größe 44), blaue Wollsocken, einen schwarzen Ledergürtel, einen Pullunder der Größe M. Auch aus diesen Kleidungsstücken waren manche Labels entfernt worden.

Weiterhin entdeckten die Polizisten: eine schwarze Umhängetasche, eine Armbanduhr, einen lilafarbenen Plastikbeutel und eine schwarze Handgelenktasche. Was sie nicht fanden, war ein Ausweis oder ein Portemonnaie mit einem Führerschein oder irgendetwas anderes, das verraten hätte, wer der Mann war. 

Die Polizei sichtete die Aufnahmen der Überwachungskameras in der Region und stellte fest, dass der Mann offenbar in einem Hotel gewohnt hatte. Es handelte sich um ein zentral gelegenes, gutbürgerliches Etablissement in Sligo. Die Angestellten dort erkannten den Toten auf dem Foto als den Gast, der sich übers Wochenende bei ihnen einquartiert hatte. Er hatte mit einem starken deutschen Akzent gesprochen und bar bezahlt. Ins Gäste­register hatte er sich als „Peter Bergmann“ eingetragen, wohnhaft in „Ainstettersn 15, 4472 Wien“. Nur: Als die irische Polizei in Österreich nachfragte, meldeten die Kollegen dort zurück, dass es keinen Peter Bergmann in der Alpenrepublik gab, auf den die Beschreibung des Manns gepasst hätte. Auch die Adresse existierte nicht. Ebenso wie der Name war sie offenbar frei erfunden. 

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mare No. 150

mare No. 150Februar / März 2022

Von Ute Eberle

Ute Eberle, Jahrgang 1971, lebt in Baltimore, USA. Als Wissenschaftsjournalistin schreibt sie meist über Dinge wie Neutrinos oder Viren, die im Meer leben. Doch seit sie von dem Fall „Peter Bergmann“ gehört hat, hat er sie – wie viele – nicht mehr losgelassen.

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Vita Ute Eberle, Jahrgang 1971, lebt in Baltimore, USA. Als Wissenschaftsjournalistin schreibt sie meist über Dinge wie Neutrinos oder Viren, die im Meer leben. Doch seit sie von dem Fall „Peter Bergmann“ gehört hat, hat er sie – wie viele – nicht mehr losgelassen.
Person Von Ute Eberle
Vita Ute Eberle, Jahrgang 1971, lebt in Baltimore, USA. Als Wissenschaftsjournalistin schreibt sie meist über Dinge wie Neutrinos oder Viren, die im Meer leben. Doch seit sie von dem Fall „Peter Bergmann“ gehört hat, hat er sie – wie viele – nicht mehr losgelassen.
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