Juwelen des Meeres

Viele tropische Länder setzen auf den Export von Zuchtperlen

Zunächst war die Perlenfischerei mehr ein Glücksspiel. Selten nur hatten die Perlentaucher das Glück, eine große, ebenmäßig runde Perle, wie sie der Handel forderte, in den Muscheln zu finden. Dies hat einen einfachen Grund: die runde Perle ist eher eine Missbildung als ein normales Produkt der Muscheln.

Sie entsteht durch eine örtliche Reizung durch einen zwischen Schale und Muschelgewebe eingedrungenen Fremdkörper. Als Abwehrreaktion wird dieser vom Schalentier mit einer Festsubstanz, dem Perlmutt, umschlossen und so unschädlich gemacht. Vom Bindegewebe an der Eindringstelle wächst eine Einbuchtung, der Perlsack, der den Fremdkörper umschließt und somit den Kern (Nucleus) für die nachfolgende Perlmuttablagerung bildet. Meist bleibt der Fremdkörper an der Innenseite der Schale haften, doch gelegentlich wird er in das Muschelgewebe verlagert. Dann entsteht eine Rundperle.

Doch erst relativ spät wurde dieser Mechanismus, die Grundlage moderner Perlenzucht, erkannt. Erst 1893 gelang dem Japaner Kokishi Mikimoto die erste kommerzielle Herstellung von Perlen durch künstliches Einsetzen eines Nucleus in die japanische Perlauster Pinctada fucata, von der bekannt war, dass bei ihr die Abwehrreaktion auf Fremdkörper besonders häufig vorkommt. Trotz der wissenschaftlich nachgewiesenen Vergleichbarkeit der Qualität von Zucht- und Naturperlen verhielt sich der Handel jedoch über lange Zeit sehr zögerlich. Gegen die Zuchtperlen, induziert durch künstliche Nuclei in den Austern, wurde vorgebracht, ihr Wert würde rasch verfallen, vor allem, wenn sie in größeren Mengen produziert werden können und der Seltenheitswert damit falle.

Heute ist die Anregung der Perlenbildung durch Nucleus-Implantation standardisiert und die teilweise sogar höhere Qualität der Zuchtperlen akzeptiert. Für den Nucleus werden kleine Perlmuttstücke bestimmter Süßwassermuscheln verwendet. Eingehüllt in kleine Gewebsstücke werden sie in die Perlauster implantiert. Die Implantationstechnik erfordert höchstes Geschick, damit die Implantate gut anwachsen und eine gleichmäßige Perlbildung ergeben. Schließlich ist der Prozess des Perlenwachstums ein sehr langsamer, und es braucht Jahre bis zur Ernte. Nur wenige Spezialisten erzielen eine hohe Erfolgsrate – entsprechend gut werden sie bezahlt.

Seit Beginn des Jahrhunderts dominierte und kontrollierte Japan den internationalen Perlenhandel. Dabei setzten die Japaner eine strenge Überwachung der Kulturtechniken, Qualitätsstandards und Handelsmenge der Perlen durch. Dies sicherte die Qualitätserhaltung der Zuchtperlen und ein stabiles, hohes Preisniveau. Doch die Hochzeiten der japanischen Perlenzucht sind vorbei. Noch Mitte der sechziger Jahre brachte Japan 148 Tonnen pro Jahr auf den Markt. Seit 1993 hat sich die jährliche Perlenproduktion bei etwa 72 Tonnen stabilisiert. Neue Produzenten wie Australien, China, Korea, Indonesien und Französisch-Polynesien drängen auf den Markt, mit jährlichen Wachstumsraten von 35 Prozent und mehr. In immer zahlreicheren tropischen Küstenländern entwickelte sich die Perlenzucht in den letzten beiden Jahrzehnten zu einem wichtigen Wirtschaftszweig, lukrativ und lokale Arbeitsplätze in den meist wenig entwickelten Gebieten sichernd. Insgesamt sind heute 32 Nationen in der Perlenzucht aktiv, über 300 000 Menschen finden in diesem Zweig der marinen Aquakultur Arbeit. Der Gesamtwert des Perlenhandels wird gegenwärtig auf jährlich 800 bis 900 Millionen US-Dollar geschätzt, wovon Japan noch immer 300 Millionen Dollar aus Eigenproduktionen und weitere 200 bis 300 Millionen Dollar aus ausländischen Aufkäufen abschöpft.


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mare No. 2

No. 2Juni / Juli 1997

Von Frank J. Jochem

Frank J. Jochem ist Professor für Biologische Meereskunde an der Florida International University in Miami.

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Vita Frank J. Jochem ist Professor für Biologische Meereskunde an der Florida International University in Miami.
Person Von Frank J. Jochem
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