Strand

Fundstücke aus Kunst und Literatur

Ursula Stalder ist eine Sammlerin: Fundstücke nennt die Schweizer Künstlerin die Objekte, die sie an den Stränden Europas findet. Seit Jahren sammelt sie solches Strandgut und stellt es zu Tableaus zusammen. Spuren der Zivilisation sind es, die man da entdeckt, verwittert, verschlissen, vom Meer getragen und an irgendeinem Ort dem Land zurückgegeben. Vielleicht sind die Spielsachen, Werkzeuge und Hölzer in der Ferne, vielleicht auch am Nachbarstrand verlorengegangen.

In zwei großen Ausstellungen konnte Ursula Stalder in den letzten Jahren ihre eigentümlichen Fundstücke präsentieren: 1994 im Zürcher Museum für Gestaltung und dieses Jahr im Martin-Gropius-Bau in Berlin.

Als Gegenstück dazu kann das Liebesgedicht von Marie Luise Kaschnitz gelesen werden: Die Trauer um Spuren, die sich verlieren.


Am Strande
Marie Luise Kaschnitz

Heute sah ich dich wieder am Strand
Schaum der Wellen dir zu Füßen trieb
Mit dem Finger grubst du in den Sand
Zeichen ein, von denen keines blieb.

Ganz versunken warst du in dein Spiel
Mit der ewigen Vergänglichkeit,
Welle kam und Stern und Kreis zerfiel
Welle ging und du warst neu bereit.

Lachend hast du dich zu mir gewandt
Ahntest nicht den Schmerz, den ich erfuhr:
Denn die schönste Welle zog zum Strand,
Und sie löschte deiner Füße Spur.

mare No. 8

No. 8Juni / Juli 1998

mare-Kulturredaktion

mare-Kulturredaktion

Mehr Informationen
Vita mare-Kulturredaktion
Person mare-Kulturredaktion
Vita mare-Kulturredaktion
Person mare-Kulturredaktion
Suchmaschine unterstützt von ElasticSuite