Starkstrøm

Dänemark baut vor Jütlands Nordseeküste eine künstliche Insel. Auf ihr soll Windstrom für Millionen Haushalte geerntet werden

Dänemark besteht aus der Halbinsel Jütland und 443 benannten Inseln – bisher. Nun soll eine Insel hinzukommen. Schon diskutieren sie auf Twitter, wie die neue „Ø“ heißen soll – das Wort für „Insel“ besteht im Dänischen aus diesem einzigen Buchstaben. Njordø wäre poetisch, nach dem nordischen Gott des Meers, des Winds und des Reichtums. Ein Nutzer findet HCØ zündend, Dänemark würde damit Hans Christian Ørsted ehren, den Entdecker des Elektromagnetismus. Auch Skatteø würde passen, „Schatzinsel“. Einer aber twittert gegen den Strom und schlägt „Luftkastellet“ vor, also „Luftschloss“.

Im Februar hatte Klimaminister Dan Jørgensen das teuerste Bauprojekt in der Geschichte des Lands angekündigt. „Mit dieser Entscheidung setzen wir den Rahmen für ein entscheidendes Leuchtturmprojekt. Nicht nur für Dänemark, sondern auch für Europa und den Rest der Welt.“ 28 Milliarden Euro sind veranschlagt. Der Tunnel am Grund des Fehmarnbelts, ebenfalls ein Jahrhundertprojekt, kostet lediglich ein Viertel dieser Summe.

Mitten in der Nordsee, 80 Kilometer von der Küste entfernt, wird die weltweit erste künstliche Energieinsel geschaffen, zunächst 18 Fußballfelder groß. Dort soll der Strom gesammelt werden, der in gigantischen Windparks um die Insel herum geerntet wird. Jede einzelne Windmühle soll 15 Megawatt leisten – dreimal so viel wie der gesamte erste Offshorewindpark, der 1991 vor der Insel Lolland eröffnet wurde.

Noch werden solche Riesen nicht kommerziell genutzt. Ihre Flügel strecken sich mit 260 Metern doppelt so hoch in den Himmel wie der Hamburger Michel und fast so hoch wie die oberste Plattform des Eiffelturms. In der ersten Ausbaustufe wachsen 200 solcher Türme aus dem Meer. Damit liefert die Energieinsel drei Gigawatt Strom. Das ist fast doppelt so viel wie alle dänischen Offshorewindräder der Gegenwart. Später sollen weitere 450 Anlagen folgen, bis eine Kapazität von zehn Gigawatt erreicht ist, genug für zehn Millionen Haushalte – Dänemark hat nur 2,8 Millionen Haushalte.

„Es ist wichtig, dass Dänemark den Weg weist“, sagt Minister Jørgensen. „Nur wenn wir andere inspirieren und neue grüne Lösungen entwickeln, die sie auch nutzen werden, können wir ernsthaft etwas gegen den Klimawandel tun.“ Bis 2030 will das Land eine CO2-Reduktion um 70 Prozent im Vergleich zu 1990 erreichen. Ohne den Verzicht auf fossile Brennstoffe ist das nicht zu schaffen. Aber ist Versorgungssicherheit ganz ohne Kohle, Erdgas und Erdöl überhaupt möglich?

„Ja“, sagt Jacob Østergaard, ein schlaksiger Mann, 52, Gründer und Chef des Centre for Electric Power and Energy an Dänemarks Technischer Universität in Kopenhagen. „Wir werden allein mit Sonne und Wind zurechtkommen.“ Mit 110 Mitarbeitern forscht er daran, wie die Umstellung auf erneuerbare Energien über smarte Lösungen möglich ist, also ohne die Elektrizität über Ressourcen verschlingende, teure Batterien zu speichern.


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mare No. 147

mare No. 147August / September 2021

Von Bernd Hauser

Bernd Hauser, Jahrgang 1971, ist freier Journalist in Kopenhagen. Er hat den Eindruck, dass es in Dänemark immer windet – und beim Radfahren der Wind immer so dreht, dass er von vorn kommt.

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Vita Bernd Hauser, Jahrgang 1971, ist freier Journalist in Kopenhagen. Er hat den Eindruck, dass es in Dänemark immer windet – und beim Radfahren der Wind immer so dreht, dass er von vorn kommt.
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