Laut und tief

150 Jahre lang retteten Nebelhörner in aller Welt die Leben von unzähligen Seeleuten. Heute, im Zeitalter von GPS, geraten die bassigen Brummer allmählich in Vergessenheit

Seit die Menschen Seefahrt betreiben, ist ihnen auch der Seenebel bekannt. Manchmal kriecht er langsam übers Wasser, dann wieder taucht er als Nebelbank wie aus dem Nichts auf, verschlingt das Schiff und kappt jeglichen Sichtkontakt zur Umgebung. Ursache sind fast immer Luftmassen, die sich in horizontaler Richtung bewegen. Die Meteorologie spricht dann von Advektionsnebel. Trifft nämlich eine warme Luftmasse auf eine kalte, kühlt die warme schnell ab und gibt das gespeicherte Wasser in Form von winzigen Tröpfchen an die Luft ab. In einigen Regionen der Erde ist dieser Advektionsnebel eine regelmäßige Erscheinung, wie in Neufundland. Dort trifft der kalte Labradorstrom auf den warmen Golfstrom und lässt den gefürchteten Neufundland­nebel entstehen, der als besonders dicht gilt.

Wer sicher navigieren und eine Havarie vermeiden will, insbesondere in Küstennähe, orientiert sich zunächst mithilfe von optischen Informationen; in erster Linie sind dies Landmarken. Um auch bei Dunkelheit navigieren zu können, lässt der griechische Herrscher Ptolemaios I. Ende des dritten Jahrhunderts v. Chr. bei der Insel Pharos den Leuchtturm von Alex­an­­dria bauen. Die Römer errichten ebenfalls Leuchttürme an den Küsten Europas, während Fischer sich mit kleinen Feuern am Ufer zufriedengeben müssen, um zu ihren Häfen zurückzufinden.

Doch sobald Nebel aufzieht, sind optische Hilfsmittel sinnlos. Es bleiben nur akustische Signale als Orientierungshilfen, allen voran die menschliche Stimme, gefolgt von Signalhörnern und Glocken. Deren Reichweite ist jedoch bescheiden.

Der Nebel demonstriert seine Macht
In der Neuzeit nehmen Tonnage, Anzahl und Aktionsradius von Schiffen kontinuierlich zu; die Seefahrt wird zu einem globalen Phänomen. Doch mit der Zahl der Schiffe nimmt auch die der Opfer zu, die im Seenebel die Orientierung verlieren. Eine der größten Katastrophen dieser Art ereignet sich am 27. April 1863, als das Auswandererschiff „Anglo Saxon“ vor der Küste Neufundlands in den gefürchteten Seenebel gerät, auf ein Riff läuft und sinkt. Von den 445 Menschen an Bord bleiben 238 auf See. Waren lange Zeit vor allem Stürme gefürchtet, so erweist sich zunehmend der Nebel als die größere und noch dazu häufiger auftretende Gefahr. Wie aber soll ihr begegnet werden? Wie lässt sich im Nebel für Orientierung sorgen?

Die altbekannten Methoden von Schreien über mit Atemluft betriebene Signalhörner bis hin zu Glocken sind allesamt nutzlos. Ohne Wirkung bleibt auch der Bau von immer mehr Leuchttürmen an den besonders betroffenen Küsten. Viele dieser Leuchttürme werden mit Glocken ausgestattet, einige sogar mit Kanonen oder Sprengladungen, die an schwenkbaren Galgen befes­tigt werden. Vor der Küste von Nordwales wird 1909 eine ­Glocke unter Wasser installiert, da der Schall dort besser und weiter transportiert wird. Allerdings benötigen Schiffe, die von dieser Anlage profitieren wollen, ein besonderes Empfangsgerät. Der Versuch scheitert.

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mare No. 151

mare No. 151April / Mai 2022

Von Bernd Flessner

Bernd Flessner, Jahrgang 1957, ist Zukunftsforscher an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und arbeitet als Publizist und Schriftsteller.

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Vita Bernd Flessner, Jahrgang 1957, ist Zukunftsforscher an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und arbeitet als Publizist und Schriftsteller.
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