Inselträume

Wo ließe sich ein schwelgender Gegenentwurf zum diesseitigen Dasein besser ansiedeln? Von Wasser umgebenes Land in der Ferne: Inseln sind die ideale Projektionsfläche für Sehnsüchte aller Art. Als Georg Kolbe (1877–1947) „Die goldene Insel“ auf die Leinwand bannte, war er 21 Jahre alt, getrieben von persönlicher Sinnsuche und ergriffen von derselben Schwermut, mit der seine Figuren über das Wasser blicken. Der Schweizer Albin Zollinger (1895–1941) litt sein Leben lang am selbigen und schrieb mit fast manischem Eifer gegen die Depression an, bevorzugt in Zürcher Kaffeehäusern sitzend, wo ihn vielleicht die Vision der „Zimmetinseln“ für einen Moment aus der ungeliebten Existenz als Lehrer entführen konnte. Baron von Münchhausen soll seine Fantasiegeschichten stets gut gelaunt und zum eigenen Vergnügen den Gästen auf seinem Gut erzählt haben. Gottfried August Bürger (1747–1794), der die bekannteste Fassung der adligen Räuberpistolen verfasst hat, war so viel heitere Gelassenheit nicht vergönnt. Es grämte ihn, dass Zeitgenosse Friedrich von Schiller ihm die wahre dichterische Größe abgesprochen hatte. Die Geschichte gab Schiller recht: „Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen, wie er dieselben bei der Flasche im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegt“ ist das einzige Werk, mit dem er bis heute in Erinnerung geblieben ist. mw

Albin Zollinger

Die Zimmetinseln

Ich bin mit den Zimmetinseln erwacht,
Sie umgaukelten mich die ganze Nacht,
Braune Falter flatterten, büschelten sich,
Schaumig Laub, auf der Dünung wonniglich.

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