„Ich habe Bermuda in meiner DNA“

Heather Nova, in aller Welt gefeierte Singer-Songwriterin, lebt ein introvertiertes Leben­ auf einer kleinen Insel der Bermudas. Hier findet sie Schutz vor ihrem Ruhm

In der Hitliste beliebter Tagträume ist der vom Leben auf der eigenen Insel weit vorn. Die ewige Sehnsucht nach tiefblauem Meer, einer Sonne, die ewig scheint, also letztlich nach einem Ort, an dem alle Konflikte der modernen Welt unendlich weit entfernt scheinen. „Wenn ich Fremden erzähle, dass ich auf einer Bermudainsel lebe, denken die meis­ten, dass ich dort den ganzen Tag im Schatten einer Palme sitze und Kokosnüsse esse, die mir vor die Füße fallen. Sie glauben, dass es auf Bermuda keinen Alltag gibt und alle dort immer Urlaub haben. Das ist natürlich Unsinn. Aber letztlich macht es mir Spaß, diesen Mythos nicht zu entkräften. Also schreiben Sie bitte, dass ich während unseres Gesprächs unter einer Palme saß“, sagt die Musikerin Heather Nova lachend, während sie in ihrem Haus auf Bermuda in ihrem Arbeitszimmer am Laptop sitzt. Die 55-jährige Künstlerin lebt nicht nur auf einer Insel, sie gehört ihr sogar, allerdings hat sie sie nicht erträumt, sondern sich erarbeitet. 


Zehn Alben mit sonnig-wehmütigen Songs hat Nova bislang veröffentlicht und mehr als zwei Millionen Exemplare davon verkauft. Erst vor einigen Wochen ist sie nach Konzerten in Europa auf ihre Insel zurückgekehrt, um von dort aus Werbung für ihr neues Album „Other Shores“ zu machen, einer Sammlung sanfter Coverversionen von Neil Young, Foreigner, den Bee Gees, Roxy Music und The National, die in Novas Bearbeitung als Soundtrack für Tagträume aller Art durchgehen. 


Der Traum von Bermuda hat für die Künstlerin allerdings einen realen Hintergrund, denn als Heather Allison Frith ist sie dort am 6. Juli 1967 zur Welt gekommen. „Die Familie meines Vaters, die Friths, gehörten im 16. Jahrhundert zu den ersten Siedlern hier. Ich habe Bermuda in meiner DNA. Gut, meine Mutter stammt aus Nova Scotia in Kanada, aber da spüre ich nicht diese Nähe. Mit den Inseln und dem Meer hier dagegen fühle ich mich tief verwurzelt, was mir allerdings erst klar wurde, nachdem ich für einige Jahre in anderen Teilen der Welt gelebt hatte.“

Ihre Kindheit verbrachte Heather Nova überwiegend auf einem Segelboot, auf dem sie mit ihren Eltern sowie Bruder und Schwester kreuz und quer durch die Karibik und den Atlantik kreuzte – ein Traum ihres Vaters, der dafür seinen Beruf als Architekt aufgegeben, sein Haus verkauft und mit ihrer Mutter das Boot gezimmert hatte. Ja, sie habe eine fantastische Kindheit gehabt, sagt sie, aber mit zunehmendem Alter wurde es ihr auf dem Schiff doch zu eng. Mit 18 floh sie aufs Festland, studierte in den USA Film an der Rhode Island School of Design und zog dann weiter nach London, um als Heather Nova Songs zu schreiben und aufzuführen. 

Ihre erste Single veröffentlichte sie 1990, vier Jahre später folgte „Oyster“, das Album, das ihr den internationalen Durchbruch verschaffte. Seitdem ist sie als Singer-Songwriter erfolgreich, lieferte Melodien für Hollywoodfilme und stand rund um die Welt auf Konzertbühnen. Ein gelebter Traum, wenn man so will, dennoch spürte sie, dass etwas fehlt. „Ich habe 15 Jahre in London gewohnt, mir dort eine Karriere aufgebaut. Aber eines Morgens bin ich aufgewacht und wusste, dass meine Zeit in der Großstadt abgelaufen ist. Ich wollte nach Hause, denn ich war endlich bereit, mir ein Nest zu bauen. Und ich wollte ein Kind, und das sollte in Bermuda aufwachsen.“

In London lebte Heather Nova in einer winzigen Wohnung und sparte auch dann, als ihre Karriere in Fahrt kam. „Ich habe einfach Glück gehabt, als diese Insel zum Kauf angeboten wurde. Also schlug ich zu.“ Weniger euphorisch reagierte damals ihr Mann, der Vater ihres heute 18-jährigen Sohns, ein DJ, der in London bleiben wollte, „wo die Action ist“, und den sie dann doch überzeugte. Mittlerweile ist er ihr Exmann, immer noch auf Bermuda und nun eben dort als DJ und Eventmanager erfolgreich. Und Heather Nova ist auf ihrer eigenen Insel, mit ihrem Sohn und ihrem Hund.

181 Inseln gibt es in dem britischen Überseegebiet im Atlantik, nicht alle davon sind bewohnt, aber viele durch Brücken miteinander verbunden. „Bermuda besteht zwar aus vielen kleinen Inseln, aber letztlich fühlst du dich als Teil von einem großen Ganzen“, sagt sie. Ihre Insel ist nur mit einem Boot zu erreichen und ungefähr einen Hektar groß. Darauf stehen einige Büsche und Bäume und darin versteckt ihr Haus. Allerdings ist die nächs­te Insel nur drei Minuten entfernt. Als Fortbewegungsmittel auf dem Wasser dienen ihr ein Kajak und ein kleines Motorboot. „Wenn ich Milch kaufen will, setze ich drei Minuten mit dem Boot über und steige dort ins Auto. Aber wenn ich abends auf einer der gro­ßen Inseln essen gehen will oder zum Zahnarzt muss, und es stürmt oder regnet heftig, dann muss ich eben absagen, denn bei Unwetter sind selbst kurze Wege auf dem Wasser zu weit.“ 

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mare No. 154

mare No. 154Oktober / November 2022

Von Christoph Dallach

Christoph Dallach, Jahrgang 1964, schreibt als freier Autor gern über Popmusik. Für mare schrieb er über Abba (No. 129) und Erland Cooper (No. 152). Heather Novas neues Album „Other Shores“ erschien im ­August. Im Oktober und November tourt sie durch ­Benelux, Deutschland, Österreich und die Schweiz.

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Vita Christoph Dallach, Jahrgang 1964, schreibt als freier Autor gern über Popmusik. Für mare schrieb er über Abba (No. 129) und Erland Cooper (No. 152). Heather Novas neues Album „Other Shores“ erschien im ­August. Im Oktober und November tourt sie durch ­Benelux, Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Person Von Christoph Dallach
Vita Christoph Dallach, Jahrgang 1964, schreibt als freier Autor gern über Popmusik. Für mare schrieb er über Abba (No. 129) und Erland Cooper (No. 152). Heather Novas neues Album „Other Shores“ erschien im ­August. Im Oktober und November tourt sie durch ­Benelux, Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Person Von Christoph Dallach