Hoheit schwört auf Hightech

Tupouto’a, der älteste Sohn des Königs von Tonga, hegt ehrgeizige Pläne für das Inselreich in der Südsee

Ein VIP-Flug. Von Nuku’alofa auf Tongatapu zur Vava’u-Gruppe im Norden Tongas. Hohe Offiziere von beeindruckender Leibesfülle zwängen sich ächzend auf die Minisitze der zweimotorigen Twin Otter, balancieren an Kleiderbügeln schneeweiße Ausgehuniformen, frisch aus der Reinigung, verstauen sperrige Lederfutterale mit Paradesäbeln. Und nachdem er in glühender Hitze gebührend hat warten lassen, zwängt sich auch, nicht ächzend, sondern aufgeräumt plaudernd, Seine Königliche Hoheit in den Flieger: Prinz Tupouto’a, ältester Sohn Seiner Majestät König Taufa’ahau Tupou IV., des unumschränkten Herrschers über 170 pazifische Inseln, 100000 polynesische Untertanen und 385000 Quadratkilometer Stiller Ozean.

Der Kronprinz. Eine wahrhaft königliche Erscheinung: füllige Eins-Paarundneunzig in weißseidenem Maßanzug, schwarzem Seidenhemd, weißem Borsalino; als Accessoires schwarzes Einstecktüchlein, Stock mit Silberknauf und Monokel. Ein Playboy von Format, sagt der erste Eindruck. Der zweite, nach einer Stunde Smalltalk über azurblauen Wassern und palmgrünen Atollinseln: ein Diplomat und Gentleman. Ein gewandter Politiker, weltläufig, witzig, selbstironisch. Ein Staatsoberhaupt in der Warteschleife.

Sein 83-jähriger Vater hält sich noch immer tapfer in Form: Auf zwei Spazierstöcke gestützt stapft er regelmäßig ins königliche Fitnessstudio. Aber will der Prinz (53) überhaupt noch auf den Thron? Standesgemäß heiraten will er jedenfalls nicht. Dafür kämen dem dynastischen Rang nach sowieso nur zwei schon reifere Adelsfräulein in Frage. Doch die Damen in seiner Begleitung pflegen blutjung und bildschön zu sein. Der Prinz hat einen Ruf als Frauenheld.

Es scheint fast zwangsläufig, dass man im kleinen Königreich den Royals begegnet. Man läuft sich übern Weg im Kiez. Mal wartet man ehrerbietig am Straßenrand, die Nobelkarosse Seiner Majestät vorbeizulassen, der vom Büro im schnörkeligen Stadtpalast heimfährt in den Feierabend. Mal sieht man von Boot zu Boot Königin Halaevalu Mata’aho auf dem Weg zur Strandvilla. Oder man trifft den Prinzen bei der Eröffnung einer Hoteldisco, traumhaft gelegen über den Uferhängen der Bucht von Neiafu. Königliche Hoheit, diesmal locker im Hawaiihemd, am Piano karibische Rhythmen und Jazz-Klassiker klimpernd. „The Straight Bananas“ hieß die Band, mit der er als Student für Aufsehen sorgte. Kokett bescheiden wiegelt er ab: „Ich spiele aber nur die leichten Stücke, weil ich etwas aus der Übung bin.“

Des Thronfolgers Werdegang hingegen war kein leichtes Stück: 1948 geboren, absolvierte der ozeanische Prinz in England seine Vietnamkriegsprotest-Sozialisation – lange Haare inklusive, vor allem aber drei Jahre Royal Military Academy in Sandhurst, gefolgt vom Studium in Oxford mit Post-Graduate-Diplom in Politikwissenschaft. Sein Englisch spricht er mit kultiviertestem Upperclass-Akzent, zu seinem Wagenpark gehört ein altes Londoner Taxi, seine beiden Hunde heißen Göben und Breslau (nach Schiffen der Kaiserlichen Marine des Deutschen Reiches); er ist ein passionierter Koch (italienische Küche) und in der internationalen Zinnfiguren-Sammlerszene für seine Kollektion russischer Truppen aus den napoleonischen Kriegen berühmt.

Insgesamt eine faszinierende Mischung europäisch-akademischer Bildung und traditionsgebundener polynesischer Aristokratie. Von 1979 bis 1998 war er Verteidigungs- und Außenminister und hat als oberster Diplomat seines Vaters weltweit eine gute Figur gemacht. Des Prinzen Staatsverständnis ist deutlich demokratischer geprägt als das väterliche. Seine ironischen Kommentare zur traditionsverhafteten tongaischen Unbeweglichkeit sind Legende. Und nicht sonderlich gern gehört bei der machthabenden Kaste der erzkonservativen Noblen.

Die machen sich Sorgen ums Königreich, besser, um ihren Einfluss. Die gut geölte Hof-Kamarilla setzt denn auch alles daran, Hoheit abzuschotten. Erst ein direkter E-Mail-Draht macht das Treffen mit dem Computer-Freak möglich.

Treffpunkt: sein ballsaalgroßes Büro im obersten Stockwerk der National Reserve Bank, hoch über Nuku’alofas Palmkronen, durch Glaswände nach allen Seiten die Hauptstadt, Kokosplantagen und Lagune überblickend. Spiegelnder Marmorboden, edle Hölzer, gläserne Regale. Hell, teuer, nobel.

So auch das kronprinzliche Outfit: beige und lichtblau, rohseiden, maßgeschneidert. Dass man das überstylte Ambiente nach wenigen Minuten Gespräch vergisst, spricht für Prinz Tupouto’as Persönlichkeit. Er will etwas hören, er hat etwas zu sagen.


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mare No. 27

No. 27August / September 2001

Von Hans-Christof Wächter und Knut Gielen

Hans-Christof Wächter, Jahrgang 1940, ist Autor und Theaterregisseur in Berlin. Den Kronprinzen traf er zum ersten Mal vor 20 Jahren.

Knut Gielen, geboren 1964, ist freier Fotograf und Mitglied der Agentur Plus 49/Visum. In mare No.19 berichteten beide über den Inselstaat Nauru in der Südsee

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Vita Hans-Christof Wächter, Jahrgang 1940, ist Autor und Theaterregisseur in Berlin. Den Kronprinzen traf er zum ersten Mal vor 20 Jahren.

Knut Gielen, geboren 1964, ist freier Fotograf und Mitglied der Agentur Plus 49/Visum. In mare No.19 berichteten beide über den Inselstaat Nauru in der Südsee
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Vita Hans-Christof Wächter, Jahrgang 1940, ist Autor und Theaterregisseur in Berlin. Den Kronprinzen traf er zum ersten Mal vor 20 Jahren.

Knut Gielen, geboren 1964, ist freier Fotograf und Mitglied der Agentur Plus 49/Visum. In mare No.19 berichteten beide über den Inselstaat Nauru in der Südsee
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