Grönlands Gold

Seltene Erden sind rare Schätze in der Erdkruste und weltweit begehrt für Hightechwerkstoffe. Grönland birgt ein mächtiges Vorkommen dieser Mineralien. Aber wie kommt man unter eisigen arktischen Bedingungen daran?

Die Aussicht hier oben auf dem Kvanefjeld-Plateau ist atemberaubend. Hunderte Meter unter uns, wo der Berg endet, funkelt und glitzert der Tunulliarfik-Fjord im Sonnenlicht, Eisberge treiben im azurfarbenen Wasser vor Grönlands Südküste. Sie stammen von Gletschern, die Sommer für Sommer ins Meer kalben. Doch der Manager des australischen Bergbauunternehmens Greenland Minerals hat nur Augen für die grauen Steine, die ein paar Meter tiefer auf dem Hang liegen.

„Look!“, ruft er und richtet seine UV-Taschenlampe auf die Brocken. Als das ultraviolette Licht auf die Steine dort unten trifft, leuchten diese plötzlich: pink, orange oder tiefrot, je nachdem, welche Mineralien sich in ihnen verbergen.

Es sind außergewöhnliche graue Klumpen, die hier zu Millionen auf dem Boden der baumlosen grauen Hänge liegen. In ihnen und im gesamten Kvanefjeld-Plateau befinden sich Rohstoffe, von denen sich die Menschheit gerade immer abhängiger macht: Seltene Erden.

Sie tragen Namen wie Neodym, Cer, Ytterbium oder Dyprosium. Und sie sind fast unentbehrlich, um Smartphones oder Windkraftwerke, Hybridautos oder Kernspintomografen, Laserwerkstoffe oder Plasmabildschirme herzustellen. Deshalb braucht die moderne Welt immer mehr von diesen Spezialmetallen. Aber schon ihr Name sagt: Sie sind äußerst rar.

Außer hier im wilden Süden Grönlands, rund um das Fischerdörfchen Narsaq.

Vor Millionen Jahren brodelte hier die Magmakammer eines Vulkans, der nie ausbrach. In dieser Hexenküche schufen extreme Temperaturen und Druckverhältnisse eine ungewöhnliche Mineralienkomposition, wie sie anderenorts bestenfalls kilometertief im Erdinneren herrscht. Hier bei Narsaq liegt alles über Tage oder wenige Meter darunter – ideale Voraussetzungen, um an die Rohstoffe zu gelangen. Und so sind schon vor Jahren zwei australische Minenunternehmen auf die Arktisinsel gekommen: Greenland Minerals und Tanbreez, das einen Fjord weiter Seltene Erden abbauen will.

Greg Barnes hat beide Unternehmen hierhergebracht. Der Australier, Chef von Tanbreez und früherer Eigner von Greenland Minerals, bekommt diese kahle Mondlandschaft seit drei Jahrzehnten nicht mehr aus dem Kopf. Es begann 1992, als der gelernte Geologe mit einem Bekannten das Kvanefjeld-Plateau besuchte – und ein dringendes menschliches Bedürfnis verspürte.

Als Barnes auf die Steine urinierte, sah er, wie sie sich vor seinen Augen verfärbten, als sie oxidierten. Barnes war fasziniert davon. Er sammelte die Steine auf, um sie daheim im Labor zu untersuchen. „Ich konnte es nicht fassen“, schwärmt der heute 71-Jährige im Skype-Gespräch mit mare. „Wir haben hier alle 17 Seltenen Erden, die es gibt. Der Vulkan hat die besten Mineralien hervorgebracht.“

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mare No. 143

mare No. 143Dezember 2020 / Januar 2021

Von Claus Hecking und Andrea Provenzano

Claus Hecking, Jahrgang 1975, Journalist in Hamburg, brach bei seiner ersten Grönlandrecherche im Jahr 2012 in das Eis eines Gletschers ein – und wäre fast für immer dort geblieben. Wegen der Coronapandemie konnte er diesmal nicht physisch auf die größte Insel der Welt reisen, skypte und telefonierte dafür umso öfter.
Andrea Provenzano, geboren 1989, Fotograf in Turin, verbrachte einen ganzen Monat in Grönland, um diese Geschichte zu fotografieren. Es war Ende Dezember, und die noch weihnachtlich geschmückte Hauptstadt habe ausgesehen „wie ein Lebkuchendorf“, berichtet Provenzano.

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Vita Claus Hecking, Jahrgang 1975, Journalist in Hamburg, brach bei seiner ersten Grönlandrecherche im Jahr 2012 in das Eis eines Gletschers ein – und wäre fast für immer dort geblieben. Wegen der Coronapandemie konnte er diesmal nicht physisch auf die größte Insel der Welt reisen, skypte und telefonierte dafür umso öfter.
Andrea Provenzano, geboren 1989, Fotograf in Turin, verbrachte einen ganzen Monat in Grönland, um diese Geschichte zu fotografieren. Es war Ende Dezember, und die noch weihnachtlich geschmückte Hauptstadt habe ausgesehen „wie ein Lebkuchendorf“, berichtet Provenzano.
Person Von Claus Hecking und Andrea Provenzano
Vita Claus Hecking, Jahrgang 1975, Journalist in Hamburg, brach bei seiner ersten Grönlandrecherche im Jahr 2012 in das Eis eines Gletschers ein – und wäre fast für immer dort geblieben. Wegen der Coronapandemie konnte er diesmal nicht physisch auf die größte Insel der Welt reisen, skypte und telefonierte dafür umso öfter.
Andrea Provenzano, geboren 1989, Fotograf in Turin, verbrachte einen ganzen Monat in Grönland, um diese Geschichte zu fotografieren. Es war Ende Dezember, und die noch weihnachtlich geschmückte Hauptstadt habe ausgesehen „wie ein Lebkuchendorf“, berichtet Provenzano.
Person Von Claus Hecking und Andrea Provenzano
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