Gib Gummi, Fuji!

Reifenhersteller Bridgestone verhilft einem Delfin auf die Sprünge

Fuji ist ein etwa 35 Jahre altes Tümmlerweibchen. Seit 1976 lebt es im Churaumi-Aquarium im japanischen Okinawa. Fuji gebar drei Junge, sie schwamm und sprang, sie lebte nach Art der Delfine. Alle zwei Stunden erneuerten sich die äußeren Zellen ihrer Finnen, auch das nach ihrer Art, denn es verringert den Strömungswiderstand. Eines Tages allerdings war die Schwanzflosse nur noch ein Stummel. „Nekrose“ lautete der Befund, die Ursache blieb unbekannt.

Nekrose ist eine Krankheit, bei der zu viele Zellen sterben, ganze Gewebe verenden dabei. Es trifft Menschen wie Delfine. Befällt der massenhafte Zelltod die Gliedmaßen, muss geschnitten und gesägt werden, schlimmstenfalls. Bei Fuji fehlten am Ende zwei Drittel der Fluke. Was tun? Der Zootierarzt kannte jemanden bei Bridgestone.

Bridgestone ist eine japanische Reifenfirma von globalem Renommee. Das Kinderdreirad rollt auf Bridgestone-Reifen und Schumis Ferrari auch. „Wir sind spezialisiert auf Füße jeder Art“, sagt der Sprecher. Reifen sind die Füße der Autos, soll das heißen. Kein weiter Weg demnach zum Delfin, denn Flossen sind die Füße der Delfine. Allerdings: Reifen kann man in null Komma nichts wechseln.

Bei Tieren ist anatomischer Ersatz gleichfalls möglich. Katzen und Kaninchen wurden bereits die Läufe erneuert, von Hunden kennt man Hüftprothesen. Ein Elefant in Myanmar läuft auf einem mit Sägemehl gefüllten Ersatzbein, ein Schwarzstorch im Brandenburgischen trug eines aus Holz. Der Vogel konnte damit fliegen, auch künstliche Schnäbel soll es bei Federvieh schon geben. So etwas zu entwickeln dauert allerdings.

Für Fuji formierte sich erst einmal eine 20-köpfige Projektgruppe. Die meisten waren Ingenieure, anfangs traf man sich nach Feierabend. Bald schon wurde es „eine Sache der ganzen Firma“, so der Sprecher. „Die gesamte Gummitechnologie von Bridgestone stand ihnen zur Verfügung.“ Besonders stolz ist man bei Bridgestone auf den Einsatz der „finite-element method“ – ein komplexes Berechnungsverfahren, das sich der Elastizität des Materials widmet und dessen sich auch die Raumfahrt bedient. Das Material selbst ist eine „hoch entwickelte Mischung“, in die Erkenntnisse aus der Entwicklung von Formel-1-Pneus eingeflossen sind.

Das scheint folgerichtig. Flipper ist ein Flitzer, und er vermag ferrarihaft zu beschleunigen.


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mare No. 57

No. 57August / September 2006

Von Maik Brandenburg und Chris Steele-Perkins

Maik Brandenburg, Jahrgang 1962, studierte Journalistik und arbeitet als freier Autor, u.a. für mare, Geo, Merian. Leidenschaftlicher Vater und Reportage-Fan. Er lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

Chris Steele-Perkins, geboren 1947, fotografiert für die Agentur Magnum. Er lebt in London und Tokio.

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Vita Maik Brandenburg, Jahrgang 1962, studierte Journalistik und arbeitet als freier Autor, u.a. für mare, Geo, Merian. Leidenschaftlicher Vater und Reportage-Fan. Er lebt mit seiner Familie auf der Insel Rügen.

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