Fake Pirates

Ironische Medienkritik mit Humor: Ein Niederländer macht falsche somalische Piraten zum Gegenstand seiner fotografischen Kunst

Der Künstler und Fotograf Jan Hoek begab sich in Nairobi auf die Suche nach einem besonders schillernden Beispiel einer „Fake News“: die der Piraten von Nairobi. 2010, auf dem Höhepunkt der Piraterie am Horn von Afrika, hatte sich in Nairobi – wo viele Piraten untergetaucht lebten – eine Gruppe somalischer Schauspieler, Studenten, Taxifahrer, Kellner, Hip-Hopper gegenüber westlichen Journalisten, die händeringend nach Piraten suchten, als solche ausgegeben. Für ein Honorar ließen sie sich porträtieren und erzählten bildhaft von Raubzügen auf See – über die sie in der Zeitung gelesen hatten. Allesamt gehören sie zu einer somalischen Minderheit, die in Kenia beheimatet ist und das Meer meist nie zu sehen bekommt. Ihr Trick funktionierte. Und bald gab es in Nairobi so viele Piraten, wie die Medien brauchten.

Als Ersten ereilte es einen Reporter der „Time“. Das renommierte US-Nachrichtenmagazin brachte seine Story des Piraten „Bashir“ groß in der Onlineausgabe. Dann ein Kamerateam des Dänischen Fernsehens, schließlich noch eine Reihe weiterer Reporter. Bis der Schwindel aufflog.

Jan Hoek fand einige der falschen Piraten in Nairobi und lud sie zu einem Spiel ein. Er bat sie, für Porträts sich als jene Figuren zu verkleiden, die sie den Journalisten vorgegaukelt hatten: als Entführer, Bewacher, Ausguck, Kampftaucher oder Kommandeur.

Das so entstandene Kabinett der falschen Freibeuter ist voller spannender Verzerrungen: das Bild des somalischen Piraten in den Augen kenianischer Darsteller, gesehen durch die Kamera eines niederländischen Fotografen. Und voller ge­­brochener Komik: Vexierbilder aus Versatzstücken des Piratenmythos, aus ironischer Gewalt- und Selbstdarstellung, dazu die Freude am Rollenspiel und die Cleverness der Darsteller, sich mit Witz dem Stereotyp des brutalen Gangsters entgegenzustellen.

mare No. 125

No. 125Dezember 2017 / Januar 2018

Von Jan Hoek und Karl Spurzem

Karl Spurzem, geboren 1959 im Rheinland, studierte Kunstgeschichte, Romanistik und Städtebau. Nach Stationen bei der Berliner Tageszeitung Die Welt, einer Hamburger Musikzeitschrift und als freier Journalist wurde er im Sommer 2001 Chef vom Dienst bei mare, im Frühjahr 2008 stellvertretender Chefredakteur und Textchef. Seither lernt der Segelflieger das Segeln.

Für Jan Hoek waren die Männer eine ideale Quelle der Inspiration. Er liebt es, seine Fotografie dem Unerwarteten, dem Überraschenden auszusetzen, der Interaktion von Fotografierendem und Modell ihren Lauf zu lassen. „Ich glaube fest an eine gewisse Ethik in der Fotografie. Es ist letztlich unmöglich, Menschen zu fotografieren, ohne dabei – bewusst oder unbewusst – Grenzen zu überschreiten und Dinge geschehen zu lassen, die man als Fotograf nicht will oder nicht erwartet.“

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Vita Karl Spurzem, geboren 1959 im Rheinland, studierte Kunstgeschichte, Romanistik und Städtebau. Nach Stationen bei der Berliner Tageszeitung Die Welt, einer Hamburger Musikzeitschrift und als freier Journalist wurde er im Sommer 2001 Chef vom Dienst bei mare, im Frühjahr 2008 stellvertretender Chefredakteur und Textchef. Seither lernt der Segelflieger das Segeln.

Für Jan Hoek waren die Männer eine ideale Quelle der Inspiration. Er liebt es, seine Fotografie dem Unerwarteten, dem Überraschenden auszusetzen, der Interaktion von Fotografierendem und Modell ihren Lauf zu lassen. „Ich glaube fest an eine gewisse Ethik in der Fotografie. Es ist letztlich unmöglich, Menschen zu fotografieren, ohne dabei – bewusst oder unbewusst – Grenzen zu überschreiten und Dinge geschehen zu lassen, die man als Fotograf nicht will oder nicht erwartet.“
Person Von Jan Hoek und Karl Spurzem
Vita Karl Spurzem, geboren 1959 im Rheinland, studierte Kunstgeschichte, Romanistik und Städtebau. Nach Stationen bei der Berliner Tageszeitung Die Welt, einer Hamburger Musikzeitschrift und als freier Journalist wurde er im Sommer 2001 Chef vom Dienst bei mare, im Frühjahr 2008 stellvertretender Chefredakteur und Textchef. Seither lernt der Segelflieger das Segeln.

Für Jan Hoek waren die Männer eine ideale Quelle der Inspiration. Er liebt es, seine Fotografie dem Unerwarteten, dem Überraschenden auszusetzen, der Interaktion von Fotografierendem und Modell ihren Lauf zu lassen. „Ich glaube fest an eine gewisse Ethik in der Fotografie. Es ist letztlich unmöglich, Menschen zu fotografieren, ohne dabei – bewusst oder unbewusst – Grenzen zu überschreiten und Dinge geschehen zu lassen, die man als Fotograf nicht will oder nicht erwartet.“
Person Von Jan Hoek und Karl Spurzem