Gottfried Benn (1886 –1956) war Lyriker, Essayist und Arzt. Der Textauszug zeigt, wie Blau zum Gedanken, zur Idee des Südens wird. Der portugiesische Fotograf und Künstler Daniel Blaufuks arbeitet seit Jahren mit dieser Farbe. Die Texte des Berliner Autoren und Literaturwissenschaftlers Gregor Gumpert sind sprachliche Variationen der bildnerischen Themen
Blau – das Südwort schlechthin
Da wäre vielleicht eine Befreundung für Blau, welch Glück, welch reines Erlebnis! Man denke alle die leeren, entkräfteten Bespielungen, die suggestionslosen Präambeln für dies einzige Kolorit, nun kann man ja den Himmel von Sansibar über den Blüten der Bougainvillea und das Meer der Syrten in sein Herz beschwören, man denke dies ewige und schöne Wort! Nicht umsonst sage ich Blau. Es ist das Südwort schlechthin, der Exponent des „ligurischen Komplexes“, von enormem „Wallungswert“, das Hauptmittel zur „Zusammenhangsdurchstoßung“, nach der die Selbstentzündung beginnt, das „tödliche Fanal“, auf das sie zuströmen, die fernen Reiche, um sich einzufügen in die Ordnung jener „fahlen Hyperämie“. Phäaken, Megalithen, lernäische Gebiete – allerdings Namen, allerdings zum Teil von mir sogar gebildet, aber wenn sie sich nahen, werden sie mehr. Astarte, Geta, Heraklit – allerdings Notizen aus meinen Büchern, aber wenn ihre Stunde naht, ist sie die Stunde der Auleten durch die Wälder, ihre Flügel, ihre Boote, ihre Kronen, die sie tragen, legen sie nieder als Anathemen und als Elemente des Gedichts. Worte, Worte – Substantive! Sie brauchen nur die Schwingen zu öffnen und Jahrtausende entfallen ihrem Flug.
Gottfried Benn, aus: „Epilog und lyrisches Ich“ (1921/27)
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