25°04' Süd, 130°06' West - Folge 02

Das Postamt hat neue Briefmarken mit Motiven der 13 Kurzwellenstationen herausgebracht, über die die Inselbewohner mit aller Welt plaudern. Um dies zu würdigen, war die Gemeinschaftsstation des Amateurradio-Clubs (VR6PAC) eine Woche lang auf Sendung. Alle Mitglieder (auch Präsident Shawn) leisteten Marathonschichten, um möglichst viele Kontakte herzustellen. Sie schafften knapp Tausend. Die Bestellungen für die Briefmarken (mit denen Pitcairn den Großteil seines Budgets bestreitet; Anm. d. Red.) explodierten dabei, so daß der Postmeister SOS nach Neuseeland funken mußte: Druckt und schickt mehr Briefmarken!

Die Anzahl der Menschen, die sich auf der Insel aufhalten, war in den vergangenen Monaten zum ersten Mal unter das Niveau gefallen, das zum Zeitpunkt der Besiedlung durch die Meuterer und ihre tahitischen Kompagnons herrschte. Und das waren 27. Nur zweimal gab es weniger Anwesende, nämlich gar keine, als die gesamte Bevölkerung von den britischen Behörden vorübergehend evakuiert wurde (einmal nach Norfolk Island und einmal nach Tahiti, aber Heimweh trieb sie jedesmal zurück).

Die neue Krankenstation ist fertig. Alle Dorfbewohner waren dabei, als sie (gegenüber der Kirche, kurz vor der Pfarrei) eingeweiht wurde: Empfang, Zahnarztzimmer, Behandlungsraum, Labor, Arzneimitteldepot und Röntgenraum. (Die medizinische Versorgung der Insel wird lediglich von einer Krankenschwester gewährleistet.) Das Ganze ist mit 8 mal 16 Metern so riesig, daß das Dorf nun diskutiert, ob auch die Bibliothek, das Postamt oder die Gemeindeverwaltung miteinziehen sollen.

Richard Hudson, Regierungsberater aus Neuseeland, berichtete in einem Dorfmeeting von seinen Treffen mit auswärts lebenden Picairnern in Wellington und Auckland. Hauptthema dort sei gewesen, wie es mit deren Ansprüchen auf Landbesitz rund um das Inseldorf Adamstown weitergehe. (Die Folge davon, daß ausgewanderte Insulaner an ihren Landtiteln festhalten, fällt sofort ins Auge: ein Großteil des Dorfes inklusive vieler verwaister Holzhäuser ist total überwuchert; Anm. d. Red.) Außerdem habe man über ein Programm gesprochen, das Ausgewanderte zur Rückkehr bewegen könnte.

Pitcairn Miscellany bittet um Verständnis, daß der Fishing-Report von Miss Catfish in einer Ausgabe ausfiel. Aus einem komplizierten Grund: Die Ausgabe mußte noch schnell fertiggedruckt werden vor der überraschenden Ankunft eines Schiffes in Richtung Neuseeland, das die Druckmaschine zur Generalüberholung dorthin mitnahm. (Die dreimonatlichen Versorgungsschiffe kommen meist aus Neuseeland auf der Durchreise zum Panamakanal; Anm. d. Red.) Mit dem Dampfer, der die Maschine wieder mitbrachte, sollten schließlich – wie immer – drei Monatsausgaben versandt werden. Und während der kurzen Liegezeit des Con­tainerschiffes schafft die Druckmaschine nur zwei, nicht drei Ausgaben. Eine mußte also vorproduziert werden.

Den Schul-Preis erhielt Jason Warren (Sohn von Ron ­Christian und Susan Warren). Er ist zehn Jahre alt, in der Schule aufmerksam und will einmal der Insel-Ingenieur werden. (Der muß vor allem das kleine Diesel-Kraftwerk warten, das vormittags und abends Adamstown mit Strom versorgt.) Den zweiten Preis bekam Pania Warren (Tochter von Pawl und Lorraine Warren). Sie ist besonders fleißig, wenn die Kinder die Pitcairn Miscellany falten und eintüten. Sie will Ärztin oder Sängerin werden.

mare No. 2

No. 2Juni / Juli 1997

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke
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