Wüste Verhältnisse

Kein Land in Europa verbraucht mehr Wasser als Spanien, in keinem ist es billiger, in keinem herrscht mehr Dürre. Meerwasserentsalzung in großem Maßstab soll nun die Verwüstung aufhalten

Stein auf Stein, aufgewirbelter Staub, viel Sand, braune Berge und immer wieder endlose Flächen aus silbrig schimmerndem Plastik. Unter den Planen werden vor allem Erdbeeren angebaut, meist die ersten, die in Europa auf den Markt kommen. Auf 6000 Hektar gedeihen sie in der Nähe eines der größten Naturschutzgebiete Europas, dem Parque Doñana, einem Refugium für Vögel. Es ist Februar, und die Erdbeerernte rund um das Sumpfland ist schon voll im Gang. In nicht weiter Ferne glitzert das Licht auf dem Meer, und alles scheint friedlich.

Aber manches zwischen der romantischen Flamencostadt Sevilla und dem Meer ist nur scheinbar paradiesisch. Der Río Tinto, der hier fließt und im nahen Huelva in den Atlantik mündet, ist hochgradig verschmutzt. Hauptverursacher hierfür ist laut der Umweltorganisation WWF das unverantwortliche Management der Fertiberia, dem größten spanischen Düngerhersteller und neben der Landwirtschaft wichtigsten Arbeitgeber der Region. Aber eigentlich hat das Unternehmen noch mehr auf dem Gewissen.

Fertiberia lebt von den Erdbeerplantagen. Bis Juni pflücken hier auf den überdüngten Feldern Tausende Arbeiter aus Osteuropa und Nordafrika die begehrten roten Früchte; sie schwitzen unter dem Plastik, denn hier im Süden des Landes scheint die Sonne auch im Winter, was den Anbau von Gemüse und Obst trotz des staubtrockenen Bodens attraktiv macht.

Den rund 52 Millionen ausländischen Feriengästen, die jährlich nach Spanien kommen, sich dort zwei- oder dreimal am Tag das Salzwasser von der Haut duschen, auf den rund 400 bewässerten Greens Golf spielen und sich an unzähligen Pools vergnügen, ist es nur recht, dass es in Spanien wenig regnet. Sie wissen, dass man das Wasser aus dem Hahn in Spanien besser nicht trinkt, und machen sich ansonsten wenig Gedanken über die Trockenheit in ihrem Urlaubsland.

Aber wo wenig Regen fällt, kann sich auch das Grundwasser nur schwer erneuern. Es ist daher empfindlich gegen Belastungen von Nitrat, Pflanzenschutzmitteln, Bakterien und Trübstoffen. Nicht nur in Marxuquera-Falconera in der Region Valencia, wo die starke Verwendung von Dünger bereits einen Großteil des Grundwassers verschmutzt hat, ist damit im Sommer die Wasserversorgung gefährdet. Laut den Vereinten Nationen ist Spanien das Land in Europa, das am meisten in Gefahr ist, dauerhaft zu verwüsten.

Bei starken Regenfällen im Herbst und Frühling wird das Land immer wieder von Überschwemmungen heimgesucht. Ein Hauptgrund hierfür ist neben dem Klimawandel die Erosion infolge fehlender Vegetation, die häufig der Gewächshauswirtschaft oder dem Bausektor zum Opfer gefallen ist. Besonders in Gefahr sind die Regionen Valencia, Almería, Murcia und Granada, wo in Sommermonaten extreme Trockenheit herrscht. Schon heute leiden 13 Millionen Hektar in Spanien unter den Folgen der Erosion, das sind 26 Prozent der spanischen Bau- und Agrarfläche. Weitere 14 Millionen Hektar sind in Gefahr, Erdrutschen zum Opfer zu fallen. Und auch die Strände, an denen sich im Sommer halb Europa tummelt, werden vielerorts abgetragen, weil das sedimentbringende Flusswasser fehlt – es ist auf dem Weg ins Meer längst versickert.

Unter anderem in den Stauseen. Spanien hat weltweit die meisten in Relation zu seinen 44 Millionen Einwohnern. Es sind genau 1300; aber durch falschen Bau oder mangelnde Pflege sind viele nicht effizient. Vor allem ältere Stauseen, die der Diktator Franco einst erbauen ließ, versanden. Spaniens Regierung will sich für kommende Trockenperioden rüsten und ist deswegen gerade dabei, den Datenstrom der Wasserstände in den fünf Hauptflüssen mit ihren Nebenflüssen und der Stauseen im Umweltministerium zentral zu erfassen.


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mare No. 86

No. 86Juni / Juli 2011

Von Stefanie Claudia Müller

Die in Madrid lebende Wirtschaftsjournalistin Stefanie Claudia Müller hat den Wassermangel in Spanien schon oft am eigenen Leib gespürt, etwa als im Sommer 2005 Swimmingpools wegen der Dürre nicht gefüllt werden durften. Seither beobachtet sie einen Wandel im Umweltbewusstsein der Spanier.

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Vita Die in Madrid lebende Wirtschaftsjournalistin Stefanie Claudia Müller hat den Wassermangel in Spanien schon oft am eigenen Leib gespürt, etwa als im Sommer 2005 Swimmingpools wegen der Dürre nicht gefüllt werden durften. Seither beobachtet sie einen Wandel im Umweltbewusstsein der Spanier.
Person Von Stefanie Claudia Müller
Vita Die in Madrid lebende Wirtschaftsjournalistin Stefanie Claudia Müller hat den Wassermangel in Spanien schon oft am eigenen Leib gespürt, etwa als im Sommer 2005 Swimmingpools wegen der Dürre nicht gefüllt werden durften. Seither beobachtet sie einen Wandel im Umweltbewusstsein der Spanier.
Person Von Stefanie Claudia Müller