Wo Bayern an der Reling lehnt

Auf Kreuzfahrtschiffen lässt es sich gut leben. Aber was, wenn man der endlosen Seereise nach Jahren überdrüssig ist? Eine Option: Burgherr zu werden im Frankenwald

Kreuzfahrer sind weltgewandte Gäste. Man trifft sich hier und dort, erzählt von Reisen nach Afrika oder über den Indischen Ozean, tauscht sich über die Qualität der Schiffe aus, klatscht über Kapitäne, begegnet an Bord Menschen, die man schon auf anderen Schiffen kennengelernt hat; es ist eine kleine und vertraute Gesellschaft, die auf qualitativ hochstehenden Kähnen über die Ozeane schippert. Aber nicht nur den Passagieren geht es so. Stärker ist das Band der See noch bei der Crew. Drei Monate auf der „Sea Cloud“, Jahre auf der „Bremen“, nächste Saison einen Vertrag auf der „Hanseatic“, ein Kommen und Gehen; Hausdame, Bartender, Shopmanagerin, Küchenchef, der Berufe gibt es viele.

Nicht jeder hält den knappen Raum an Bord aus, ist gemacht für diesen Mikrokosmos, wo Freiheit und Beengtheit so nah beieinander sind. Wer dafür gemacht ist, der kann kaum davon lassen, zu vielfältig sind die Erlebnisse in der Fremde, zu aufregend die Begegnungen. Doch manchmal geht es einfach nicht mehr an Bord, Kinder wollen ihre Eltern nicht länger missen, Angehörige sind zu pflegen, die Sehnsucht nach mehr Platz wird vordringlich, Konstanz ist gewünscht. Dann bleibt nur, sich an Land niederzulassen.

Manche versuchen es, vermissen die See, das Unstete, werden unglücklich, fast verrückt vor Sehnsucht und gehen zurück aufs Schiff. Nicht so Christian und Ilona Schneider und ihre beiden Kinder. Sie sind Burgherren geworden.

Nachts um drei auf Burg Abenberg. Der Hof ist leer, Stille, Schwärze, eine steile Stiege, der Handlauf schmal, die Fallhöhe beträchtlich, ein Himmel mit vielen Sternen, vom Städtchen unten ist nichts zu sehen. Ist es die Fantasie, die mit einem durchgeht? Hier, im tiefsten Frankenwald, in dieser mittelalterlichen Burg, drängt sich der Gedanke an ein Schiff sachte auf.

Sind es die Erzählungen vom Abend, das Reden über die Welt der Kreuzfahrer, über das Hermetische, das jedem Schiff eigen ist? So eigen wie der abgeschlossene Raum der Burg Abenberg: ein Restaurant, ein Museum, ein paar Zimmer im Turm, eine dicke Mauer, die das Ganze umzingelt. Mikrokosmos Burg. Fern der restlichen Welt. So muss es auch im Mittelalter gewesen sein. Wir hier drin, ihr da draußen, gerade wie auf einem Kreuzfahrtschiff. Die Welt jenseits der Reling ist fremd. Reizvoll meist, manchmal feindlich. Drinnen aber funktioniert der ewig gleiche Rhythmus von Schlafen und Wachen, Kochen, Auftischen, Abräumen, der Rhythmus eines überaus geordneten Alltags.

Ein Passagierehepaar auf der „Europa“ war es, das Ilona und Christian Schneider den Sprung an Land ans Herz legte, mit einem Tipp, dass die Burg Abenberg im Fränkischen neue Pächter brauche. Als die beiden sich tatsächlich entschlossen, die Jahre der Seefahrt hinter sich zu lassen, taten sie das nicht allein. Sie stellten eine ganze Crew zusammen, Menschen, mit denen sie schon auf vielen Schiffen gemeinsam gearbeitet hatten – der Küchenchef, die Rezeptionistin, der Maître, der Chef de Partie, die Oberkellnerin, alles ehemalige Crewmitglieder.

Die Schneiders und ihr Team haben dem Restaurant eine modernere, luxuriösere Art gegeben, als es die Abenberger gewohnt waren. Keine deftige Landhausküche mehr; verfeinert wurde das Essen, dezent renoviert die Kellergewölbe, das Geschirr darauf abgestimmt; morgens gibt es Marmelade nur in Porzellanschälchen, der gehobene Geschmack ist eingezogen.

Die Einwohner der kleinen Stadt mit ihren gedrängten Häusern mussten sich erst daran gewöhnen, dass die große Welt zu ihnen gekommen ist, dass der Küchenchef ein viel gereister Mann ist, der allerlei Exotisches auf den Teller bringt. Und dass selbst die Gäste von weit her anreisen. Denn weil Kreuzfahrer eben weltgewandte Gäste sind, besuchen sie auch die Burg Abenberg.

Bei der Einweihungsfeier waren sie alle da, die Prominenten, die auf den Schiffen als Entertainer aufgetreten sind, die Passagiere, die mit den Direktoren befreundet sind, Crewmitglieder, es war ein einziges Stelldichein. Menschen, die sonst miteinander durch jemenitische Städte gingen, asiatische Garküchen probierten oder zwischen Rettungsbooten Crewpartys feierten, sie saßen an diesem Abend zusammen auf einer mächtigen Burg in Bayern. Und redeten vom Meer.

 

Dorade an Duftreis

(für vier Personen)

1 Stange Zitronengras und 2 Knoblauchzehen mit 1 TL Currypaste anschwitzen, mit 1 l Kokosmilch ablöschen, einkochen und passieren. 160 g Duftreis zum Kochen bringen, 20 Min. ziehen lassen. 4 Filets (900 g) mit Sweet Chili bestreichen, portionieren und in Bananenblätter wickeln, mit Zahnstochern fixieren. Bei 170 Grad 15 Min. garen. 50 g Zwiebeln, 50 g Karotten und 50 g Zucchini anbraten, mit der Currysauce aufgießen und 2 Minuten köcheln lassen. 1 Frühlingszwiebel und 50 g Sojasprossen dazugeben. Reis und Gemüse auf Tellern anrichten, mit Koriander bestreuen, Filets in Bananenblättern darauf betten und servieren.

Restaurant im Hotel Burg Abenberg
Burgstraße 16, Abenberg, Telefon +49 9178 982990, geöffnet Di bis So 7 bis 21.30 Uhr
www.burgabenberg.de

mare No. 74

No. 74Juni / Juli 2009

Von Zora del Buono und Stefan Pielow

Zora del Buono, geboren 1962, wuchs in Zürich auf und lebt seit 1987 in Berlin. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH Zürich arbeitete sie mehrere Jahre als Architektin und Bauleiterin, bevor sie sich zu einem Berufswechsel entschloss und mit dem Schreiben begann. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare und betreut das Kulturressort.

Stefan Pielow, geboren 1961, ist im Münsterland aufgewachsen und ging nach dem Abitur als freier Fotoassistent nach Hamburg. Nach dreijähriger Praxis studierte er an der Folkwangschule Essen Fotografie. Während des Studiums produzierte er seine ersten Reportagen für den Stern und das ZEITmagazin. Später spezialisierte er sich immer mehr auf das inszenierte Portrait. Als freier Mitarbeiter beim Stern fotografierte er zahlreiche Lifestylethemen sowie Prominente im In- und Ausland. Stefan Pielow arbeitet heute als freier Fotograf für internationale Magazine, Firmen und Agenturen.

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Vita Zora del Buono, geboren 1962, wuchs in Zürich auf und lebt seit 1987 in Berlin. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH Zürich arbeitete sie mehrere Jahre als Architektin und Bauleiterin, bevor sie sich zu einem Berufswechsel entschloss und mit dem Schreiben begann. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare und betreut das Kulturressort.

Stefan Pielow, geboren 1961, ist im Münsterland aufgewachsen und ging nach dem Abitur als freier Fotoassistent nach Hamburg. Nach dreijähriger Praxis studierte er an der Folkwangschule Essen Fotografie. Während des Studiums produzierte er seine ersten Reportagen für den Stern und das ZEITmagazin. Später spezialisierte er sich immer mehr auf das inszenierte Portrait. Als freier Mitarbeiter beim Stern fotografierte er zahlreiche Lifestylethemen sowie Prominente im In- und Ausland. Stefan Pielow arbeitet heute als freier Fotograf für internationale Magazine, Firmen und Agenturen.
Person Von Zora del Buono und Stefan Pielow
Vita Zora del Buono, geboren 1962, wuchs in Zürich auf und lebt seit 1987 in Berlin. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH Zürich arbeitete sie mehrere Jahre als Architektin und Bauleiterin, bevor sie sich zu einem Berufswechsel entschloss und mit dem Schreiben begann. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare und betreut das Kulturressort.

Stefan Pielow, geboren 1961, ist im Münsterland aufgewachsen und ging nach dem Abitur als freier Fotoassistent nach Hamburg. Nach dreijähriger Praxis studierte er an der Folkwangschule Essen Fotografie. Während des Studiums produzierte er seine ersten Reportagen für den Stern und das ZEITmagazin. Später spezialisierte er sich immer mehr auf das inszenierte Portrait. Als freier Mitarbeiter beim Stern fotografierte er zahlreiche Lifestylethemen sowie Prominente im In- und Ausland. Stefan Pielow arbeitet heute als freier Fotograf für internationale Magazine, Firmen und Agenturen.
Person Von Zora del Buono und Stefan Pielow