Wie Joseph Beuys das Licht verschickte

Die Erinnerung an den Leuchtturm von Sewastopol half dem Künstler über sein schlimmstes Kriegserlebnis hinweg

Das Publikum des „Festum Fluxorum“ in Düsseldorf war irritiert. Unter ihnen saß ein Mann, der vergnügt mit einem Scheinwerfer sowohl die Zuschauer als auch die Aufführenden dieses Aktionskunst-Festivals störte. Joseph Beuys machte es an diesem Abend im Februar 1963 ganz offensichtlich Spaß, Leuchtturm zu spielen.

Das Thema war für ihn nicht neu. Bereits 1946, kurz nachdem der 25-Jährige aus dem Krieg zurückgekehrt war, hatte er einen Leuchtturm gemalt. Traumatisiert davon, auf der Krim abgeschossen worden zu sein, erinnerte er sich damals an den Turm von Sewastopol, der nicht nur den Schiffen, sondern auch seinem Flugzeuggeschwader nachts bei der Orientierung geholfen hatte.

Mitte der fünfziger Jahre, Beuys steckte in einer tiefen Depression, arbeitete er seine Kriegserlebnisse auf. In den Bleistiftzeichnungen aus jener Zeit reduzierte er die Darstellung des Leuchtturms von Sewastopol noch stärker und konzentrierte sich ganz auf den Lichtkörper und die Strahlen. So war nur konsequent, was der Künstler ein paar Jahre später als Störer im Schilde führte: Licht zu verschicken, um Ideen in Form von Energie weiterzugeben. uh

mare No. 23

No. 23Dezember 2000 / Januar 2001

Von Ute Haug

Dr. Ute Haug leitet den Bereich Provenienzforschung & Sammlungsgeschichte an der Kunsthalle Hamburg und ist Vor­sit­zen­de des Ku­ra­to­ri­ums des Deut­schen Zen­trums Kul­tur­gut­ver­lus­te.

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Vita Dr. Ute Haug leitet den Bereich Provenienzforschung & Sammlungsgeschichte an der Kunsthalle Hamburg und ist Vor­sit­zen­de des Ku­ra­to­ri­ums des Deut­schen Zen­trums Kul­tur­gut­ver­lus­te.
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