US-Präsidenten: Die Kapitäne im Oval Office

Nicht nur John F. Kennedy – die US-Präsidentschaft wird seit 100 Jahren von Männern mit Liebe zum Meer geprägt

Wir sind mit dem Ozean verbunden. Und wenn wir wieder zum Meer gehen – sei es zum Segeln oder zum Beobachten –, dann kehren wir dahin zurück, wo wir einst herkamen.“ Es sind die Worte John F. Kennedys, eines Mannes, der das Meer liebte. Die See war seine Leidenschaft, die Yacht sein zweites Zuhause. Kennedy, ein Präsident der Meere.

Er war nicht der einzige. Die US-Präsidentschaft wird seit mehr als 100 Jahren von Männern geprägt, die eine große Liebe zur See haben. Manche verbrachten ihre Freizeit auf dem Meer, andere dienten vor Beginn ihrer politischen Karriere in der US Navy. Viele schmückten das Oval Office mit maritimen Bildern und Schiffsmodellen. Was nicht weiter verwundert – für ein Land, das einst aus 13 entlang der nordamerikanischen Atlantikküste gelegenen und vom Seehandel abhängigen Kolonien hervorgegangen ist, war das Meer schon immer von besonderer strategischer Bedeutung.

Der erste Präsident, der sich für das Meer begeistern konnte, war Theodore Roosevelt. Der 1858 geborene Spross einer wohlhabenden New Yorker Familie verschlang schon als Kind Bücher über Seefahrtsgeschichte. Und er lauschte fasziniert den Geschichten über seinen Onkel James Bulloch, der im Bürgerkrieg als Agent der Südstaaten im fernen Liverpool Kriegsschiffe für die Konföderation ausgerüstet hatte. Zu den Schiffen, die Bulloch einsatzbereit machte, gehörte die berühmt gewordene „CSS Alabama“. Auf ihr diente auch sein Bruder Irvine als Offizier. Bei ihren sagenumwobenen Raubzügen eroberte die „CSS Alabama“ mehr als 60 Handelsschiffe. 1864 wurde sie versenkt, aber der Mythos der „Alabama“ lebte weiter und faszinierte den jungen Theodore.

Vier Jahre nach Ende des Bürgerkriegs ging der im Familienkreis „Teddy“ genannte Junge zum ersten Mal auf eine Seereise. Mit großem Gepäck und einem Kindermädchen bestieg die Familie im Mai 1869 den Dampfer „Scotia“ und erkundete fast ein Jahr lang Europa. Die Roosevelts reisten durch England, Frankreich, Italien, Österreich, die Schweiz und Deutschland, schliefen in 66 verschiedenen Hotels, überwiegend der gehobenen Preisklasse, von denen einige noch heute existieren wie das „Baur au Lac“ in Zürich. Teddy feierte seinen elften Geburtstag in Köln. Er wurde auf dieser Reise ein enthusiastischer Naturforscher, sammelte Pflanzen, zeichnete Vögel und entwickelte ein Faible für Bären – eine Vorliebe, mit der sein Spitzname später untrennbar verbunden sein sollte. Bald nach dem Ende seines Studiums in Harvard schrieb Roosevelt sein erstes Buch, über die Rolle der Marine im Krieg von 1812, „The Naval War of 1812“. Von der Kritik wurde das Werk für die solide Recherche und sprachliche Gewandtheit gelobt. Ihm war es wichtig, vor der intellektuellen Garde nicht nur als Sprössling aus reichem Haus dazustehen.

Seither hielt sich Roosevelt für einen Experten in maritimen Angelegenheiten und machte schnell Karriere in der Politik. Präsident William McKinley ernannte ihn 1897 zum stellvertretenden Marineminister. Als McKinley am 14. September 1901 an den Folgen eines Attentats starb, wurde Roosevelt mit 42 Jahren der jüngste Präsident aller Zeiten. Unter seiner Ägide wurden die ersten Nationalparks geschaffen und der Panamakanal gebaut.

Er verschaffte seinem Land Frieden, Prosperität und Wachstum, aber vor allem erhob er es zu einer Seemacht. Was er auch nach außen hin demonstrierte. Roosevelt schickte die heute zur Legende verklärte „Great White Fleet“, die Große Weiße Flotte, 1907 zu einem Besuchsprogramm in fünf Kontinenten. Sie sollte nach seinem Kalkül bei den Menschen in Ländern wie Japan, Peru, England und Australien Sympathien wecken, gleichzeitig aber den Regierungen deutlich machen, dass die USA auf die Weltbühne getreten seien.

Rio de Janeiro, Yokohama, Colombo, kaum ein wichtiger Hafen wurde ausgelassen, jeder sollte sehen, wie stark die USA geworden waren. Roosevelt betrieb eine Außenpolitik, die eine zurückhaltende, freundliche Rhetorik mit Machtdemonstration verband, seine Devise hieß: „Rede sanft, aber trage einen großen Stock bei dir.“ Die Marine war für Roosevelt aber nicht nur ein wichtiges politisches Instrument, sondern eine Herzensangelegenheit: „Nie habe ich drei Tage mehr genossen als meine drei Tage mit der Flotte.“

Theodore Roosevelts Laufbahn war von einem Cousin fünften Grades aufmerksam verfolgt worden: von Franklin Delano Roosevelt, der alles daransetzte, es ihm gleichzutun. Zunächst Abgeordneter der New Yorker Staatslegislative in Albany, wurde er stellvertretender Marineminister, dann Gouverneur von New York und schließlich Präsident. Wie Theodore bereitete Franklin als stellvertretender Marineminister 1913 die Seestreitkräfte auf einen bevorstehenden Konflikt vor.


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mare No. 70

No. 70Oktober / November 2008

Von Ronald D. Gerste

Amerikanische Geschichte hat Ronald D. Gerste, Jahrgang 1957, freier Wissenschaftskorrespondent, Arzt und Historiker, schon immer fasziniert. Aus diesem Grund zog er vor acht Jahren nach Washington D.C. Dort schrieb er auch sein jüngstes Buch, Duell ums Weiße Haus.

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Vita Amerikanische Geschichte hat Ronald D. Gerste, Jahrgang 1957, freier Wissenschaftskorrespondent, Arzt und Historiker, schon immer fasziniert. Aus diesem Grund zog er vor acht Jahren nach Washington D.C. Dort schrieb er auch sein jüngstes Buch, Duell ums Weiße Haus.
Person Von Ronald D. Gerste
Vita Amerikanische Geschichte hat Ronald D. Gerste, Jahrgang 1957, freier Wissenschaftskorrespondent, Arzt und Historiker, schon immer fasziniert. Aus diesem Grund zog er vor acht Jahren nach Washington D.C. Dort schrieb er auch sein jüngstes Buch, Duell ums Weiße Haus.
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