Tanzatlantik

Auf dem Luxusliner „QM2“ treffen sich Fans der 1920er-Jahre zu stilvollen Atlantikreisen. Über einen denkbar liebenswürdigen Spleen

Dapper ist das Wort der Stunde, ach was, des Tages, der Nacht, dieser einen Woche – oder für manche: des Lebens überhaupt. Die Bedeutung von dapper: gediegen, elegant, adrett, gewandt, schmuck. 

Schon im Hafen von Southampton wird klar, wer den Begriff, der mehr als ein Wort ist, verinnerlicht hat, wer dazugehört. Aus der Masse der Wartenden in Turnschuhen, Jeans und Shirts stechen sie heraus, werden von den anderen genauso bemerkt und beäugt wie von den eigenen. Denn natürlich gibt es das Erkennen untereinander, das geht ganz schnell, ein wohliger erster Blick auf Fremde, die so sind wie man selbst, die von Europa nach New York tanzen wollen in tradierter Eleganz. 

Die „Queen Mary 2“ ist ein Liner, sie überquert den Nordatlantik in schöner Regelmäßigkeit, wie die Schiffe von Cunard es seit 180 Jahren tun, sie ist das Flaggschiff der Flotte. Auf ihr lässt es sich grundsätzlich in aller dapperness reisen, am beglückendsten aber in adäquater Gesellschaft, mit adäquater Musik. 1600 Passagiere sind auf dieser Fahrt dabei, 170 von ihnen gehören zur internationalen Vintage-Szene, die meisten Amerikaner und Engländer, eine Handvoll Australier, Schweizer, Deutsche. 

Wer das Glück hat, noch am Dock Rusty Frank kennenzulernen und fürs farewell zu ihr, der legendären Tanzlehrerin, auf die Balkonkabine geladen zu werden, wird hineinkatapultiert in einen Kosmos, in dem es scheint, als sei „Gentlemen Prefer Blondes“ erst gestern gedreht worden, und wer beim Auslaufen der „QM2“ mit einem Champagnerglas in der Hand „Bye, Bye Baby“ Wort für Wort mitsingen kann, weil der Filmklassiker einem bis ins Letzte vertraut ist, ist weg aus der Welt und ganz da auf dem Schiff, ist allem Gewöhnlichen enthoben, ist in Nullkommanichts in der Glückseligkeit angekommen, in dem, was das zweite Wort der Stunde, des Tages, der Nacht, der Woche wäre und das immer wieder zu hören ist: Zeitreise.

Welches Schiff könnte geeigneter sein für eine Zeitreise als die „QM2“, entworfen im Art-déco-Stil? Ihr Ambiente ist perfekt für die Illusion, vor einem Jahrhundert über den Atlantik in die Neue Welt zu reisen, Plastifizierung hin oder her.

Die Herren tragen hoch geschnittene Hosen mit Bundfalten, Hosenträger, natürlich Knickerbockers, dazu assortierte Westen, Einstecktücher, Boutonnièren, polierte Schuhe, gerne auch Tweed; die Damen Kostüme mit zauberhaften Mustern, mit ­kleinen Kragen und hübschen Knöpfen und der Figur schmeichelnden Schnitten. Nein, verkleidet sind sie nicht, sie sind gekleidet. 

Und da gibt es den einen, dessentwegen alle hier sind und um den sich alles dreht, ein Vorbild, eine Stilikone: Alex, der Gründer und Bandleader von Alex Mendham & His Orchestra, ein junger Grandseigneur der Unterhaltungsmusik der 1920er  bis 1940er, ein Meister der sorgfältigen Arrangements und Liebhaber von Instrumenten aus der Zeit, einer, der Saxofon spielt und den Swing hat. Er ist so bildschön wie die rothaarige Sängerin aus der amerikanischen Provinz, Allison Young, die ihn, den Briten aus Essex, auf Instagram entdeckt und angeschrieben hat und jetzt die Gäste betört mit ihrem Liebreiz und ihrem Gesang. Die Band ist exzellent, und zu ihrer Musik tanzen die, die dazugehören, in geschlossener Gesellschaft Nacht für Nacht. 

Dies ist ein Auszug aus dem Text. Den ganzen Beitrag lesen Sie in mare No. 159. Abonnentinnen und Abonnenten lesen ihn auch hier im mare Archiv.

mare No. 159

mare No. 159August / September 2023

Von Zora del Buono und Tom Klein

Tom Klein, Jahrgang 1970, hat die Liebe zum Jazz und zur Fotografie vom Vater geerbt. Er ist Teil der tanzenden Vintage-Community und fotografiert mit der zweiäugigen 6x6-Rolleiflex. Um mehr Stimmungsbilder für sein Buch „Trans­atlantic“ aufzunehmen, hat er eine zusätzliche Fahrt mit der „QM2“ gemacht, von Hamburg nach Southampton. Selbstverständlich in seinen Zwanziger-Jahre-­Kleidern. An Bord merkte er, wie einsam es ohne seine Community war.

mare-Redakteurin Zora del Buono, Jahrgang 1962, war auf der Überfahrt nicht ­dabei, tanzt aber gern und hat vor 20 Jahren eine Reportage über Eintänzer an Bord der „QE2“ geschrieben (mare No. 38).

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Vita Tom Klein, Jahrgang 1970, hat die Liebe zum Jazz und zur Fotografie vom Vater geerbt. Er ist Teil der tanzenden Vintage-Community und fotografiert mit der zweiäugigen 6x6-Rolleiflex. Um mehr Stimmungsbilder für sein Buch „Trans­atlantic“ aufzunehmen, hat er eine zusätzliche Fahrt mit der „QM2“ gemacht, von Hamburg nach Southampton. Selbstverständlich in seinen Zwanziger-Jahre-­Kleidern. An Bord merkte er, wie einsam es ohne seine Community war.

mare-Redakteurin Zora del Buono, Jahrgang 1962, war auf der Überfahrt nicht ­dabei, tanzt aber gern und hat vor 20 Jahren eine Reportage über Eintänzer an Bord der „QE2“ geschrieben (mare No. 38).
Person Von Zora del Buono und Tom Klein
Vita Tom Klein, Jahrgang 1970, hat die Liebe zum Jazz und zur Fotografie vom Vater geerbt. Er ist Teil der tanzenden Vintage-Community und fotografiert mit der zweiäugigen 6x6-Rolleiflex. Um mehr Stimmungsbilder für sein Buch „Trans­atlantic“ aufzunehmen, hat er eine zusätzliche Fahrt mit der „QM2“ gemacht, von Hamburg nach Southampton. Selbstverständlich in seinen Zwanziger-Jahre-­Kleidern. An Bord merkte er, wie einsam es ohne seine Community war.

mare-Redakteurin Zora del Buono, Jahrgang 1962, war auf der Überfahrt nicht ­dabei, tanzt aber gern und hat vor 20 Jahren eine Reportage über Eintänzer an Bord der „QE2“ geschrieben (mare No. 38).
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