Wenn jemand weiss, wie es sich anfühlt, ganz und gar vom Glück geküsst zu werden, dann ist das Matteo Costante. Jeden Morgen kann der 60 Jahre alte Mann von seiner Terrasse aus der Sonne dabei zusehen, wie sie in der Adria, dem Meer seiner Kindheit, seiner Jugend, seines Lebens, aufgeht und abends ebendort wieder unter. Er lebt in einem großen Haus an einer der schönsten Ecken Italiens: am Gargano, dem Sporn des italienischen Stiefels, nördliches Apulien.
Von Frühling bis Herbst ist Costante draußen auf dem Meer. Seine Haut ist sonnengegerbt, die Statur klein, der Blick durchdringend. Seit Kindheitstagen fährt er mit dem Boot vorbei an mit Kiefern bewachsenen Kalkfelsen, kehrt ein in Grotten voll zartblauen Wassers. Und doch kann Matteo Costante einen Tag nennen, an dem sein Glück vollkommen war. Er liegt 23 Jahre zurück. Es ist der Tag, an dem er zum Millionär wurde.
Oktober 1998. Matteo Costante, 37, verdient sein Geld als selbstständiger Fischer, und als solcher kennt er sehr gute und sehr schlechte Tage. Gerade hat er so viel Arbeit wie nie im Jahr. Das Meer ist voller Fische, die Fänge des Tages verkauft er auf dem Markt seines Heimatdorfs Peschici. Am Abend erfreut er sich an den Farben, die die Dämmerung in den Himmel malt, oder an einer gegrillten Ringelbrasse, die er am liebsten mit den Händen isst. Seit zehn Jahren ist er mit seiner großen Liebe Angela Vescia verheiratet, die beiden haben drei gesunde Töchter.
Matteo Costante ist ein zufriedener Mann und keiner der Spieler, von denen es in dem 4500 Einwohner zählenden Küstenort Peschici so einige gibt. Und doch wird er neugierig, als er hört, dass es bei dem neuen Spiel Superenalotto, erst im Jahr zuvor eingeführt, viel Geld zu gewinnen gibt. Richtig viel Geld, genau genommen: 63 Milliarden Lire, umgerechnet gut 32 Millionen Euro. Eine Summe, kaum vorstellbar für den Fischer. Zweimal spielt er, ohne einen Centesimo nach Hause zu bringen. „Matteo, glaubst du wirklich, dass dich der Staat gewinnen lässt?“, fragt ihn seine Frau.
Ziel des Spiels ist es, sechs von 90 Zahlen zu erraten. Schon ab zwei richtigen gewinnt man ein paar Münzen. Aber bei keinem anderen Glücksspiel der Welt ist es so schwierig, den Jackpot zu knacken. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 1 zu 622 614 630. Um die Chancen zu erhöhen und die Ausgaben gering zu halten, entwickelt der Besitzer des Wettbüros Millecose in Peschici mithilfe eines Computerprogramms ein Spielsystem. Zuerst kleinere Systeme mit wenig Einsatz, ohne Erfolg. Dann ein großes. Die Kosten dafür betragen 2 464 000 Lire, knapp 1275 Euro.
Weil er das Risiko nicht allein tragen will, teilt er den Superenalotto-Schein in 99 Anteile auf, die er für jeweils 24 900 Lire (knapp 13 Euro) verkauft. In einem süditalienischen Dorf bedeutet dieser Preis für einige einen Tag Arbeit. In manchen Monaten des Jahres auch für Matteo Costante, sechstes von zehn Kindern eines Fischers, der ihn alles Wichtige gelehrt hat: ein Boot steuern, Netze knüpfen, das Meer achten.
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Barbara Bachmann, Jahrgang 1985, freie Journalistin in Südtirol, hat in Peschici zum ersten Mal in ihrem Leben Lotto gespielt. Sie hat nichts gewonnen. Die Axel-Springer-Preisträgerin schrieb für mare zuletzt über die Salzvorkommen unter der Erde Siziliens, die den Menschen dort seit Jahrhunderten Arbeit und Sicherheit bieten (mare No. 146).
Francesco Zizola, geboren 1962, wohnhaft in Rom, gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten italienischen Fotojournalisten.
Vita | Barbara Bachmann, Jahrgang 1985, freie Journalistin in Südtirol, hat in Peschici zum ersten Mal in ihrem Leben Lotto gespielt. Sie hat nichts gewonnen. Die Axel-Springer-Preisträgerin schrieb für mare zuletzt über die Salzvorkommen unter der Erde Siziliens, die den Menschen dort seit Jahrhunderten Arbeit und Sicherheit bieten (mare No. 146). Francesco Zizola, geboren 1962, wohnhaft in Rom, gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten italienischen Fotojournalisten. |
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Person | Von Barbara Bachmann und Francesco Zizola |
Vita | Barbara Bachmann, Jahrgang 1985, freie Journalistin in Südtirol, hat in Peschici zum ersten Mal in ihrem Leben Lotto gespielt. Sie hat nichts gewonnen. Die Axel-Springer-Preisträgerin schrieb für mare zuletzt über die Salzvorkommen unter der Erde Siziliens, die den Menschen dort seit Jahrhunderten Arbeit und Sicherheit bieten (mare No. 146). Francesco Zizola, geboren 1962, wohnhaft in Rom, gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten italienischen Fotojournalisten. |
Person | Von Barbara Bachmann und Francesco Zizola |