Pioniere der Tiefe

Egal ob wagemutige Forscher oder kühne Sportler – mit der Überwindung von Grenzen haben sie Geschichte geschrieben

Die Schutzpatronin

Krieg zwischen Griechen und Persern. Wir schreiben das Jahr 500 vor Christus. Cyana und ihr Vater Scyllias tauchen auf der Reede von Aphetae in Kleinasien und kappen die Ankertaue der persischen Flotte.

Heute würde so ein Unterwasserjob nur Eliteeinheiten wie den Navy Seals anvertraut. Doch die erste überlieferte Berufstaucherin und ihr Vater haben Erfolg. Die Schiffe des Perserkönigs Xerxes stranden. Anschließend, so der Historiker Herodot, legen Scyllias und Cyana neun Seemeilen unter Wasser zurück, bis sie die griechische Seemacht bei Artemisium erreichen.

Immerhin kannte die Antike schon das Schnorcheln mit Schilfrohren. Und Aristoteles berichtet von einer Technik, Vasen mit einem Luftvorrat auf den Meeresgrund zu bringen.

Vielleicht aber, schränkt Herodot ein, ist der zweite Teil der Geschichte Seemannsgarn und das Paar kam schlicht in einem Boot zurück. Die Griechen zeigten sich in jedem Fall höchst erfreut von den Tauchleistungen der beiden. Scyllias und Cyana wurden mit goldenen Statuen im Tempel von Delphi geehrt. Ihrer Heldin Cyana schenkten die dankbaren Griechen außerdem ein weißes Pferd.

Heute gilt Cyana als die Schutzpatronin der Taucher. Und im Namen der Unterwasseramazone geht es heute in Tiefen bis zu 3000 Meter: Ein französisches Tauchboot in weltweitem Forschungseinsatz ist nach Cyana benannt. rei


Der Unterwasserkrieger

Während die Zeitgenossen noch gebannt in den gestirnten Himmel schauen, fasst das Universalgenie Leonardo da Vinci bereits die Tiefen der Welt in den Blick. Er konstruiert um 1500 einen Helmtauchanzug aus Leder, in Weiterentwicklung antiker Entwürfe.

Der Anzug ist hauptsächlich für militärische Zwecke gedacht, Taucher sollen sich darin unbemerkt feindlichen Schiffen nähern können. Ein eingearbeiteter Luftschlauch wird mit Korkscheiben an der Oberfläche gehalten, das Volumen des Anzugs ist variabel, um das Auf- und Absteigen zu ermöglichen. Leonardos Tauchhelm – mit Sichtfeld – ist mit spitzen Dornen verkleidet, zur Abwehr von Seemonstern.

Leonardo da Vincis Gedanken zur Tauchkunst sind köstliche Renaissance, ein Amalgam aus Praktischem, Theoretischem und Wunderlichem. Selbst für den Tipp, ein scharfes Messer bei sich zu führen, um sich aus feindlichen Netzen zu befreien, ist der Meister der Mona Lisa sich nicht zu schade.

Als Joker für die submarinen Krieger hat er sich noch etwas Besonderes ausgedacht: eine chemische Keule, bestehend aus dem Gift einer Kröte und dem „Geifer eines tollwütigen Hundes“, dazu Schwefel, Arsen und „Tarantulaessenz“. rei


Die Versuchskaninchen

In der Tauchforschung ist das Kaninchen die Ziege. Alles begann, als die britische Marine um die Jahrhundertwende den Physiologen John Scott Haldane beauftragte, die Hintergründe der Dekompressionskrankheit zu erforschen. Haldane wollte für seine Arbeiten eine Druckkammer in London mit Schweinen bestücken. Doch zu jener Zeit waren Schweine in London und Umgebung rar, und so griff er auf die zahlreich vorhandenen Ziegen zurück. Die von ihm errechneten Werte für Dekompressionsstopps beim Auftauchen nahm das Militär mit großem Interesse auf. In den sechziger Jahren bestätigte der amerikanische Mediziner Bob Barth Haldanes Forschungen, als er auf einem US-Stützpunkt ebenfalls mit Ziegen experimentierte. Doch bleiben genügend Fragen, etwa zu Depressionen und Gedächtnisproblemen bei Berufstauchern, so dass weiterhin Versuche mit Ziegen gemacht werden. Allein das dem britischen Verteidigungsministerium unterstellte Institut DERA soll in den letzten Jahren um die 700 Ziegen verwendet haben. kei


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mare No. 48

No. 48Februar / März 2005

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