Kunst
Das Meer in Kassel
Die Documenta gilt als bedeutendste Zustandsbeschreibung des internationalen Kunstschaffens. Dieses Jahr stehen Film und Fotografie, der Blick auf konkrete politische und gesellschaftliche Themen und Kunst im Kollektiv im Vordergrund. Das Meer taucht in diesen Kontexten mehrfach auf. Einige Beispiele: Auf 13 Bildschirmen läuft eine 13-teilige „Doku-Soap“. Ort der Handlung ist Igloolik in der östlichen Arktis, schneebedecktes, steiniges Ufer, das Meer. Die Akteure sind Mitglieder der dortigen Inuit-Gemeinde. Handlung: Leben. „Hey Schwägerin, komm hierher, sie ziehen den Eisbären heraus. Lecker!“, ruft eine junge Frau in der Menge. Die Künstlergruppe Igloolik Isuma Productions hat sich der Bewahrung der Inuit-Geschichte verschrieben und dokumentiert den Alltag einer Gesellschaft, die vom und mit dem Meer lebt. Anderes Beispiel: „Geheimnisse auf offener See“ heißen fünf große Querformate der Atlas Group, die in fünf Blau-tönungen einen Raum füllen. Ist dies die Rückkehr der abstrakten monochromen Malerei? Dann entdeckt man am unteren Rand eines jeden Bildes je ein verblichenes Schwarzweißfoto, das eine Gruppe Menschen zeigt. Eine Texttafel erklärt, dass die blauen Bilder im Geröll des verwüsteten Beirut gefunden wurden. Eine Laboranalyse machte auf einer unteren Schicht Porträts sichtbar. Die Porträtierten starben während des libanesischen Bürgerkriegs und wurden ins Mittelmeer geworfen. Beispiel Nummer drei: Langsame Unterwasseraufnahmen eines Wracks und statische Satellitenbilder im ersten Raum kontrastieren mit Stimmenwirrwarr im zweiten, wo acht Männer auf acht Bildschirmen gleichzeitig sprechen. Das italienische Künstlerkollektiv Multiplicity verarbeitet die größte maritime Tragödie im Mittelmeer der letzten 50 Jahre, die bis zum vergangenen Jahr vertuscht wurde: Weihnachten 1996 ertranken 283 Flüchtlinge vor der Küste Siziliens. jur
Ozeanographie
Auf dem Meeresgrund geht’s viel heißer zu
Am Meeresboden im nördlichsten Teil unserer Erde gibt es weitaus stärkere vulkanische Aktivität, mehr Magmakammern und heißere Quellen als bislang vermutet. Zu diesem Ergebnis kam ein amerikanisch-deutsches Forschungsteam nach einer zweimonatigen Expedition zum Gakkelrücken, einem unterseeischen Gebirge, das sich 1800 Kilometer durch das Eurasische Bassin von Grönland bis zur sibirischen Laptewsee zieht. Der Geophysiker Wilfried Jokat vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) war einer von 52 Wissenschaftlern an Bord des deutschen Forschungsschiffs „Polarstern“. Sein Fazit: „Alle existierenden Modelle für die mittelozeanische Rückenspreizung müssen neu durchdacht werden.“ Erst seit 15 Jahren wird die „Rückenspreizung“ – das ist die Kette unterirdischer Vulkane, an der neuer Meeresboden entsteht und die die Dehnung beziehungsweise das Auseinanderdriften der Erdplatten vorantreibt – in verschiedenen Regionen der Welt erforscht. Dank modernster Datenlogger, die an Stahlseilen über den Meeresboden gleiten, konnten erstmals in bis zu 5000 Meter Tiefe Signale von hydrothermalen Aktivitäten erfasst werden. Mit 0,6 bis 1,4 Zentimetern pro Jahr driften die Erdplatten im arktischen Meer weltweit am langsamsten auseinander. Im Pazifik sind es immerhin 15 Zentimeter. map
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