Narbengesicht und Teflon-Don

Die Geschichte der Mafia in Amerika handelt von Messerstechereien auf der Straße und Mordenim Friseursalon. Die Geschäftsfelder der Verbrecher waren so vielseitig wie ihre Spitznamen

„La Cosa Nostra“ wird die Mafia in den USA auch genannt. Denn wenn Mafiosi miteinander sprachen, umschrieben sie ihre Arbeit früher eher beiläufig als „unsere Sache“, cosa nostra. Es war das Federal Bureau of Investigation (FBI) unter der Führung J. Edgar Hoovers, das diese Formulierung Anfang der sechziger Jahre zum Syndikatsnamen erhob.

Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre wanderten Millionen Italiener nach Amerika ein, unter ihnen auch Angehörige krimineller Vereinigungen wie der neapolitanischen Camorra und der sizilianischen Mafia. Die Einwanderer ließen sich vor allem in Großstädten wie New York nieder, und so entstanden in den Armenvierteln von Brooklyn, Manhattan und der Bronx neue Gemeinden und mit ihnen neue Verbrechen. In Little Italy etwa konnten Mafia-Mitglieder italienische Restaurantbesitzer und Lebensmittelhändler leicht erpressen. Schließlich wussten die Bedrohten, was passiert, wenn sie das pizzo, das Schutzgeld, nicht zahlten. Bereits seit dem 19. Jahrhundert hatten ihre Familien in der alten Heimat mit der gewalttätigen Mafia gelebt.

Erpressung war für die sizilianischen und neapolitanischen Gangs lediglich einer von vielen Geschäftszweigen. Sie betätigten sich auch im Heroinhandel, in der Prostitution, im Waffenschmuggel und im Glücksspiel. Durch illegale Machenschaften kamen in New York nicht nur italienische Einwanderer, sondern auch jüdische und irische Immigranten zu Geld. Ihr Territorium und ihre Geschäfte bewachten die rivalisierenden Banden dabei argwöhnisch. Messerstechereien und wilde Schießereien auf offener Straße gehörten in den zwanziger Jahren zum Alltag in New York. Es war die Zeit, als Alkohol verboten war und sich durch Schwarzbrennerei und Schmuggel lukrative Geschäfte ergaben.

Auf den Straßen New Yorks begann um 1915 auch die Karriere von Al Capone, der als Laufbursche für den Betreiber einer illegalen Lotterie anfing und später genau wie Charles „Lucky“ Luciano der Straßenbande „Five Point Gang“ nahestand. Al Capone ging schließlich nach Chicago. Seine große Narbe, die ihm den Spitznamen „Scarface“, Narbengesicht, einbrachte, zog er sich jedoch noch als Türsteher und Barkeeper in einem New Yorker Tanzlokal zu.

„Lucky“ Luciano blieb in New York und wurde einer der berühmtesten Mafia-Anführer in den USA. Anfang der dreißiger Jahre spielte er zwei der damals mächtigsten Bosse gegeneinander aus und ließ sie anschließend ermorden. Dabei halfen ihm jüdische Freunde wie Meyer Lansky. Dieser besaß gemeinsam mit Bugsy Siegel eine Auto- und Lastwagenvermietung, die Luciano auch für den Alkoholschmuggel nutzte. Die beiden Gangster waren Teil der Kosher Nostra, wie jüdische Verbrecher der dreißiger Jahre genannt wurden.

Um Streit unter den italienischstämmigen Kriminellen zu vermeiden, brachte Luciano die wichtigsten Anführer in New York zusammen und gründete die „Kommission“, die es später in ganz Amerika gab. Sie teilte die Straßenzüge New Yorks untereinander auf und regelte, wem welches Gebiet unterstand. Luciano trug übrigens den Beinamen „Lucky“, weil er eine Schießerei knapp überlebt hatte. Die Angreifer hatten ihn für tot gehalten und liegen gelassen – sein Glück.

Die süditalienische Mafia in New York bestand aus fünf mächtigen Familien. Sie hießen Gambino, Genovese, Lucchese, Bonanno und Colombo, wobei neben Blutsverwandten auch frühere Nachbarn aus der Heimat oder berufene Mitglieder zu einer Familie gehören. Generationenkonflikte, Machtspiele und die Ermordung von Mafia-Bossen führten dabei häufig zu Führungswechseln.


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mare No. 64

No. 64Oktober / November 2007

Von Alva Gehrmann

Alva Gehrmann, geboren 1973, taucht für ihre Reportagen und Buchprojekte leidenschaftlich gerne in andere Welten ein. Als freie Journalistin arbeitet sie seit vielen Jahren u. a. für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), Die Zeit, FAZ, Spiegel Online, FÜR SIE, Der Tagesspiegel, P.M. History, GEO Special, GEOlino, fluter.de (Bundeszentrale für politische Bildung) und mare. Ihr Schwerpunkt sind gesellschaftspolitische und kulturelle Reportagen, Porträts und Interviews ebenso wie Reiseberichte.

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Vita Alva Gehrmann, geboren 1973, taucht für ihre Reportagen und Buchprojekte leidenschaftlich gerne in andere Welten ein. Als freie Journalistin arbeitet sie seit vielen Jahren u. a. für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), Die Zeit, FAZ, Spiegel Online, FÜR SIE, Der Tagesspiegel, P.M. History, GEO Special, GEOlino, fluter.de (Bundeszentrale für politische Bildung) und mare. Ihr Schwerpunkt sind gesellschaftspolitische und kulturelle Reportagen, Porträts und Interviews ebenso wie Reiseberichte.
Person Von Alva Gehrmann
Vita Alva Gehrmann, geboren 1973, taucht für ihre Reportagen und Buchprojekte leidenschaftlich gerne in andere Welten ein. Als freie Journalistin arbeitet sie seit vielen Jahren u. a. für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), Die Zeit, FAZ, Spiegel Online, FÜR SIE, Der Tagesspiegel, P.M. History, GEO Special, GEOlino, fluter.de (Bundeszentrale für politische Bildung) und mare. Ihr Schwerpunkt sind gesellschaftspolitische und kulturelle Reportagen, Porträts und Interviews ebenso wie Reiseberichte.
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