Littlehamptoner Allerlei

Einst stand an der Stelle des „East Beach Café“ ein trostloser Kiosk am trostlosen Strand von Littlehampton, Südengland. Ein bekannter Designer und eine mutige Investorin schufen dann mit dem Café-Restaurant einen Anziehungspunkt erster Güte. Jetzt kommen

Man nehme 40 Tonnen Baustahl, schmelze ihn bei 1200 Grad und gieße die Schmelze zu Platten. Diese Platten gleichmäßig auswalzen, bis sie etwa sieben Millimeter dick sind, und dann in Streifen von 15 bis 40 Zentimeter Breite schneiden. Die Streifen zu einer Form arrangieren, die an ein Stück Treibholz erinnert. Alles zu einer festen Hülle verschweißen und bis zur weiteren Verwendung abkühlen lassen.

Unterdessen ein ebenes Stück Strand mit einer Fläche von etwa fünf mal 20 Metern von Unrat befreien und gleichmäßig einebnen. Dann 20 Tonnen Kies, 20 Tonnen Zement und circa 40 Tonnen Wasser zu einem griffigen Brei mischen. Mehr Wasser zugeben, wenn der Teig zu fest ist, mehr Zement, wenn er zu flüssig ist. Diese Masse gleichmäßig über die planierte Fläche streichen und ein grobes Stahlnetz in die feuchte Masse drücken. Abdecken und etwa eine Woche ruhen lassen. Anschließend die vorbereitete Stahlform auf der erhärteten Unterlage positionieren und festschrauben; das Ganze rosten lassen, bis es einen leckeren rotbraunen Ton erreicht hat.

In der Zwischenzeit den Innenraum mit einem handelsüblichen weißen Isolationsschaum ausspritzen und diesen erhärten lassen. Den Boden mit einer Kunststoffglasur abdecken und die offenen Seiten mit Türen und Fenstern einer ortsüblichen Bauart abdichten. Wenn die äußere Stahlhülle den erwünschten Farbton erreicht hat, gleichmäßig mit Leinöl bestreichen und dann der Witterung überlassen. Am besten zu genießen nach einem regnerisch-windigen Spaziergang an der englischen Südostküste.

Wie würde dieser 500 000 Pfund teure und 200 000 Pfund schwere Bau schmecken, wenn er wirklich ein Gericht wäre? Bridget, die strenge Rothaarige, beantwortet die Frage, als ob sie darauf gewartet hätte: „Auster!“ Da kann es keinen Zweifel geben; sie ist hier schließlich die Managerin. Der Chefkoch David zögert kurz und meint dann: „Ochsenbacke, gebraten.“ Nur Maddie, die bedient, erbittet sich Bedenkzeit, bis sie strahlend an den Tisch zurückkommt und verkündet: „Schwarzwälder Kirschtorte! Wegen der Schichten! Und wegen der Farben!“ Sowenig die drei um Antworten verlegen sind, so professionell bewirten sie ihre Gäste im „East Beach Café“.

Vorher stand hier ein lausiger Strandkiosk, an dessen Stelle ein monströser Neubau geplant war. Der hätte dem heruntergekommenen Strand von Littlehampton den Rest gegeben, davon war die Bauherrin Anne Wood überzeugt. Sie kaufte das Grundstück und beauftragte den Designer Thomas Heatherwick mit einem speziellen Gebäude für diesen Ort: ein Café mit 60 Plätzen, eine kleine Küche und ein Außenkiosk. Heatherwick nahm die Herausforderung an und wurde für das Ergebnis seiner Arbeit hochgeehrt. Einige der Auszeichnungen hängen heute, hübsch gerahmt, auf der Toilette des Cafés; die Bauherrin legt keinen Wert auf äußere Anerkennung, sie wollte für die Entwicklung des Ortes „einen positiven Beitrag leisten“. Sie hatte mit Bedauern verfolgt, wie sich um den alten Kiosk am Strand mehr und mehr Randständige und Drogenabhängige versammelten und alle Übrigen ihn mieden. Das wollte sie ändern, und sie wollte auf jeden Fall verhindern, dass der Ort mit einer weiteren Bausünde endgültig ruiniert würde.

Das unternehmerische Risiko sei erheblich gewesen, sagt sie. Zuerst seien die Gäste nur wegen der Architektur gekommen, hätten hier gegessen und seien dann wegen der guten Küche immer wieder zurückgekommen. Das verwundert nicht, denn der Chefkoch, David Whiteside, hat in den besten Häusern gearbeitet. Er verbindet maritime englische und asiatische Kochtraditionen zu einer leichten und eleganten, aber unprätentiösen Küche. Längst ist das „East Beach Café“ ein richtiges Restaurant geworden. Das Risiko hat sich gelohnt, das Rezept funktioniert.


Chilitintenfisch
Zutaten (für vier Personen)
400 Gramm Tintenfisch, ausgenommen und gewaschen, eine Packung Panier­mehl, vier Löffel Olivenöl, zwei Chili­schoten, fein gehackt, Salz und Pfeffer, ein viertel Teelöffel Kurkumapuder (Gelbwurz), 800 Gramm junge Salatblätter.

Zubereitung
Das Olivenöl mit dem Kurkumapuder und etwas Salz mischen, erhitzen und erkalten lassen, dann durch ein feines Tuch streichen. Vier Teller damit dekorativ beträufeln und die jungen Salatblätter darauf verteilen. Die Tintenfische in der Panade wenden und eine bis eineinhalb Minuten in heißem Öl braten; mit Papier das überflüssige Öl abtupfen. Anschließend mit Chili­schoten, Salz und Pfeffer bestreuen und auf dem Salat anrichten.
East Beach Café
Littlehampton, West Sussex; England; Tel. +44 1903 731 903; www.eastbeachcafe.co.uk.
Geöffnet jeden Tag von 10 bis 17 Uhr. Abendessen von Juni bis September täglich ab 18 Uhr, von Oktober bis Mai nur freitags und samstags.

mare No. 94

No. 94Oktober / November 2012

Von Hansjörg Gadient und Sirio Magnabosco

Hansjörg Gadient ist im August 1962 in Davos zur Welt gekommen, hat an der ETH in Zürich und der Hochschule der Künste Berlin Architektur und Städtebau studiert und 1990 diplomiert. An beiden Hochschulen hat er als Lehrbeauftragter und Oberassistent Architektur unterrichtet. Nach Engagements als Stadtplaner in Berlin und als Chefredaktor in Zürich arbeitet er heute als Professor für Landschaftarchitektur an der Hochschule für Technik in Rapperswil. Sein erster Beitrag für mare erschien in der Nullnummer und dann auch in der ersten Ausgabe im April 1997: Freiheit erleuchtet die Welt. Darin war die Freiheitsstatue in New York eines der Themen des Schwerpunktes Transatlantik.
Seither hat er in unregelmäßigen Abständen Reportagen zu verschiedensten Themen in mare publiziert, unter anderem über das Lächeln eines toten Hais, über die Leichen in den Arbeiten des schottischen Künstler Steve Dilworth oder über die Liebe von Le Corbusier zu Josephine Baker.
Reisen nach New York und Hongkong waren Themen wie dem schwimmenden Hospital in Manhattan und dem bedrohten Hafen der chinesischen Metropole gewidmet. Bei Beiden war die Begegnung mit Menschen, die sich sozial und politisch ganz außergewöhnlich engagieren, für ihn eine bereichernde Erfahrung. Aber auch seichtere Wasser scheut er nicht, Themen wie die mit Rochenhaut bezogenen Luxusmöbel, die Männer, die sich mit Fischbein einschnüren ließen oder die Damen am Hofe von Marie Antoinette, die sich ganze Schiffe aufs gewellte Haupt setzten. Dieser aus sehr weiblicher Perspektive geschriebene Beitrag könne nur von einer Frau stammen, befand Zora del Buono. So erschien er unter dem Pseudonym Diana T. Gosh Green. Unter seinem richtigen Namen sind weitere Beiträge geplant oder sogar schon im Stehsatz. Aber verraten wird nichts.

Hansjörg GadientSirio Magnabosco, geboren in Italien, hat Fotografie und Film studiert. Seit 2006 lebt er in Berlin. 2007 nahm er an der World Press Photo Joop Swart Masterclass teil. Er arbeitet regelmäßig für bekannte europäische Zeitschriften und Magazine.

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Vita Hansjörg Gadient ist im August 1962 in Davos zur Welt gekommen, hat an der ETH in Zürich und der Hochschule der Künste Berlin Architektur und Städtebau studiert und 1990 diplomiert. An beiden Hochschulen hat er als Lehrbeauftragter und Oberassistent Architektur unterrichtet. Nach Engagements als Stadtplaner in Berlin und als Chefredaktor in Zürich arbeitet er heute als Professor für Landschaftarchitektur an der Hochschule für Technik in Rapperswil. Sein erster Beitrag für mare erschien in der Nullnummer und dann auch in der ersten Ausgabe im April 1997: Freiheit erleuchtet die Welt. Darin war die Freiheitsstatue in New York eines der Themen des Schwerpunktes Transatlantik.
Seither hat er in unregelmäßigen Abständen Reportagen zu verschiedensten Themen in mare publiziert, unter anderem über das Lächeln eines toten Hais, über die Leichen in den Arbeiten des schottischen Künstler Steve Dilworth oder über die Liebe von Le Corbusier zu Josephine Baker.
Reisen nach New York und Hongkong waren Themen wie dem schwimmenden Hospital in Manhattan und dem bedrohten Hafen der chinesischen Metropole gewidmet. Bei Beiden war die Begegnung mit Menschen, die sich sozial und politisch ganz außergewöhnlich engagieren, für ihn eine bereichernde Erfahrung. Aber auch seichtere Wasser scheut er nicht, Themen wie die mit Rochenhaut bezogenen Luxusmöbel, die Männer, die sich mit Fischbein einschnüren ließen oder die Damen am Hofe von Marie Antoinette, die sich ganze Schiffe aufs gewellte Haupt setzten. Dieser aus sehr weiblicher Perspektive geschriebene Beitrag könne nur von einer Frau stammen, befand Zora del Buono. So erschien er unter dem Pseudonym Diana T. Gosh Green. Unter seinem richtigen Namen sind weitere Beiträge geplant oder sogar schon im Stehsatz. Aber verraten wird nichts.

Hansjörg GadientSirio Magnabosco, geboren in Italien, hat Fotografie und Film studiert. Seit 2006 lebt er in Berlin. 2007 nahm er an der World Press Photo Joop Swart Masterclass teil. Er arbeitet regelmäßig für bekannte europäische Zeitschriften und Magazine.
Person Von Hansjörg Gadient und Sirio Magnabosco
Vita Hansjörg Gadient ist im August 1962 in Davos zur Welt gekommen, hat an der ETH in Zürich und der Hochschule der Künste Berlin Architektur und Städtebau studiert und 1990 diplomiert. An beiden Hochschulen hat er als Lehrbeauftragter und Oberassistent Architektur unterrichtet. Nach Engagements als Stadtplaner in Berlin und als Chefredaktor in Zürich arbeitet er heute als Professor für Landschaftarchitektur an der Hochschule für Technik in Rapperswil. Sein erster Beitrag für mare erschien in der Nullnummer und dann auch in der ersten Ausgabe im April 1997: Freiheit erleuchtet die Welt. Darin war die Freiheitsstatue in New York eines der Themen des Schwerpunktes Transatlantik.
Seither hat er in unregelmäßigen Abständen Reportagen zu verschiedensten Themen in mare publiziert, unter anderem über das Lächeln eines toten Hais, über die Leichen in den Arbeiten des schottischen Künstler Steve Dilworth oder über die Liebe von Le Corbusier zu Josephine Baker.
Reisen nach New York und Hongkong waren Themen wie dem schwimmenden Hospital in Manhattan und dem bedrohten Hafen der chinesischen Metropole gewidmet. Bei Beiden war die Begegnung mit Menschen, die sich sozial und politisch ganz außergewöhnlich engagieren, für ihn eine bereichernde Erfahrung. Aber auch seichtere Wasser scheut er nicht, Themen wie die mit Rochenhaut bezogenen Luxusmöbel, die Männer, die sich mit Fischbein einschnüren ließen oder die Damen am Hofe von Marie Antoinette, die sich ganze Schiffe aufs gewellte Haupt setzten. Dieser aus sehr weiblicher Perspektive geschriebene Beitrag könne nur von einer Frau stammen, befand Zora del Buono. So erschien er unter dem Pseudonym Diana T. Gosh Green. Unter seinem richtigen Namen sind weitere Beiträge geplant oder sogar schon im Stehsatz. Aber verraten wird nichts.

Hansjörg GadientSirio Magnabosco, geboren in Italien, hat Fotografie und Film studiert. Seit 2006 lebt er in Berlin. 2007 nahm er an der World Press Photo Joop Swart Masterclass teil. Er arbeitet regelmäßig für bekannte europäische Zeitschriften und Magazine.
Person Von Hansjörg Gadient und Sirio Magnabosco
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