Leben im Meer III: Ihr da oben, wir hier unten

Die Freizeitindustrie entdeckt die Tiefen des Meeres. In allen Ozeanen entstehen Hotels und Restaurants, die zahlungs­kräftigen Touristen neue Erlebnisse verschaffen sollen

FIDSCHI POSEIDON UNDERSEA RESORT
Man darf annehmen, dass die Eröffnung dieses Hotels in der Südsee so manche Prestigereisende in aller Welt in Verzückung bringen wird. In der Lagune eines vorsorglich „Poseidon Mystery Island“ genannten Atolls der Fidschi-Inseln sollen sie nämlich alsbald Suiten im ersten Fünf-Sterne-Unterwasserresort der Welt buchen können. Den Atem anhalten müssen Sie bis dahin allerdings nicht, denn der Bau der aus nachvollziehbaren Gründen aufwendigen Anlage verzögert sich ein ums andere Mal – erst wegen technischer, dann wegen Finanzierungsproblemen, hinzu kommen politische Sorgen, denn die Inselrepublik erleidet zurzeit eine Staatskrise, was ein solches Projekt nicht eben erleichtert. Aber man kommt voran, und schon die Pläne sind beeindruckend. Zwei parallele Pontons führen vom Inselufer über Wasser in die Lagune und enden in jeweils einer schwimmenden Station, von wo die Urlauber in gläsernen Aufzügen hinab ins Himmelblau der Lagune mitten hinein in Oktopus’ Garten gefahren werden. Hier erwarten die Gäste großzügige, luxuriöse Lounges und Restaurants, die, weitgehend verglast, die irritierende Illusion eines trockenen Tauchgangs in die fantastische Welt der Korallen vermitteln sollen. Eine die Bodenstationen verbindende Röhre führt schließlich zu den 24 stählernen Wohneinheiten (linke Seite und oben), die zu 60 Prozent mit zehn Zentimeter starkem Acryl verglast sind – das Tiefen bis zu 20 Metern problemlos standhält – und die in ihrer Form ein wenig an Mickymaus-Schuhe oder Helikopterkanzeln erinnern. Die Suiten sind mit mehr als 50 Quadratmeter Größe für die zu erwartende verwöhnte Klientel ausreichend groß und ausgestattet mit allem, was sie für ihr Wohlbefinden benötigt, eine Möblierung im neuen internationalen Stil eingeschlossen. Die Intimsphäre übrigens wird von vorwitzigen Fischen oder Tauchern nicht gestört: Die Glasflächen erhalten eine Beschichtung, die die submarinen Dive-aways wenigstens am Tag von außen undurchsichtig macht. Bleibt zu fragen, ob sich bei dem kalkulierten deutlich vierstelligen Übernachtungspreis genügend abenteuerlustige Plutarchen finden. Die Investition könnte sonst buchstäblich versenkt worden sein.
Poseidon Undersea Resort,Mystery Island, Fidschi.www.poseidonresorts.com


EILAT RED SEA STAR
Über der Wasseroberfläche zeigt das „Red Sea Star“ eine moderne und geometrische Baustruktur. Auf einer hell erleuchteten, 70 Meter langen Brücke erreichen die Gäste spazierend das strahlend weiße Gebäude, das wie ein Origami-Objekt wirkt und ähnlich dem Opernhaus in Sydney den Blickfang im Meer vor Eilat darstellt. Das Unterwasserrestaurant und die Bar aber sprechen dann eine andere Formensprache – von klassischer Moderne keine Spur. Sie sind in kitschorientiertem Meeresfaunadesign entworfen – organisch geschwungene Fenster, Barhocker in Krakenform und korallenartige Säulen lassen einen beinahe schwindeln. Dennoch ist es ein einmaliges Erlebnis – vor allem wegen der Außenwelt. Denn das Restaurant liegt inmitten eines zart beleuchteten Korallenriffs. Vor 20 Jahren herrschte hier eine Unterwasserwüste, die bekannte Korallenkolonie war wegen der lange Jahre währenden Wasserverschmutzung zerstört. Die Erbauer des „Red Sea Star“ haben jedoch an anderer Stelle ein Korallenriff großgezogen, eine „Nursery“, und später zum Baugrund gebracht. Der bauliche Aufwand war enorm. 1995 im Norden Israels in einer Metallfabrik vorgefertigt, wurden die einzelnen Elemente auf Lastwagen nach Eilat gebracht, dort zusammengeschraubt und anschließend mit einem eigens aus Belgien herbeigebrachten, 600 Tonnen schweren Kran ins Wasser gehoben und in der Tiefe verankert. Und damit das Meer mitsamt der hübschen bunten Fische nicht das Innere flutet, sind die Scheiben 13 Zentimeter dick.
Red Sea Star Restaurant, Eilat, Israel.www.redseastar.com,Telefon 00972-8-634-7777

KEY LARGO JULES’ UNDERSEA LODGE
Ein wenig schmuddelig ist es, und feucht müffeln soll es auch. Dafür ist diese Übernachtungsgelegenheit die denkbar authentischste überhaupt. Denn einst war es ein Forschungslabor in Costa Rica, später nutzte die Nasa das Objekt. Die Meeresbiologen Ian Koblik und Neil Monney kamen bei einer Plauderei auf die Idee, die frühere Unterwasserstation in ein Hotel umzuwandeln. Jetzt ist die krude Kiste mit Bullaugen zehn Meter tief in der Emerald Lagoon in Florida verankert und beherbergt Mutige in zwei Schlafkabinen und einer Küche mit Resopalcharme. Um in die Lodge zu kommen, muss man sich in einen Taucheranzug zwängen und einen Kurztauchkurs machen. Durch eine Bodenluke kommt man schließlich in die Lodge. Der Sauerstoffgehalt wird ständig im „Mission Control Center“ an Land überprüft, die gesamte Unterwasserstation ist videoüberwacht. Das Gepäck wird wasserdicht verpackt und das Essen von Tauchern serviert. Um die vier bis höchstens sechs Gäste zu unterhalten, liegen Videos und Musik-CDs bereit. Denn viel mehr als duschen oder im Bett liegen kann man hier nicht tun. Es ist also ein Ort für Menschen, die Jules Verne lieben oder sich ein abenteuerliches Forscherleben der jüngeren Vergangenheit imaginieren wollen – womöglich ist ihnen aber auch schlicht nicht klar, auf was sie sich da einlassen. Immerhin: Wer nachts einen klaustrophobischen Anfall erleidet, der kann das Haustelefon benutzen und wird abgeholt – hoffentlich.
Jules’ Undersea Lodge, Key Largo, Florida, USA. www.jul.com,Telefon 001-305-451 2353

VALENCIA SUBMARINO
Manuel Peiró, der Chefkoch dieses Gourmetrestaurants an den Ufern von Spaniens Costa Blanca, muss ein charakterfester Mensch sein. Denn im „Submarino“ wid¬men die Gäste dem Ambiente notorisch mehr Augenmerk als seiner Haute cuisine. Hier speisen Genusssüchtige fünf Meter tief in 42 Millionen Liter Mittelmeerwasser, das von der nahen Playa de la Malvarossa herbeigepumpt wird und mit unzähligen kleinen wie großen Meerestieren bevölkert ist. Das Restaurant im L’Oceanografic, dem größten und schönsten aller Meeresaquarien in Europa, ist ein Alterswerk von Félix Candela. Der spanische Architekt erlebte nicht mehr die Einweihung seiner berückend schönen Seerose aus Beton. In diesem Wunder der Baukunst sitzen die Hungrigen und vergessen ihren Appetit vor lauter glotzenden Augen und offenen Mäulern jenseits der Scheiben, darin den Fischen selbst nicht unähnlich. 
Restaurante Submarino im L’Oceanografic, Valencia, Spanien.www.cac.es/oceanografic, Telefon 0034-96-197 5565. Reservierung erbeten.

mare No. 66

No. 66Februar / März 2008

Von Zora del Buono und Karl J. Spurzem

Zora del Buono, geboren 1962, wuchs in Zürich auf und lebt seit 1987 in Berlin. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH Zürich arbeitete sie mehrere Jahre als Architektin und Bauleiterin, bevor sie sich zu einem Berufswechsel entschloss und mit dem Schreiben begann. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare und betreut das Kulturressort.

Karl Spurzem, geboren 1959 im Rheinland, studierte Kunstgeschichte, Romanistik und Städtebau. Nach Stationen bei der Berliner Tageszeitung Die Welt, einer Hamburger Musikzeitschrift und als freier Journalist wurde er im Sommer 2001 Chef vom Dienst bei mare, im Frühjahr 2008 stellvertretender Chefredakteur und Textchef. Seither lernt der Segelflieger das Segeln.

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Vita Zora del Buono, geboren 1962, wuchs in Zürich auf und lebt seit 1987 in Berlin. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH Zürich arbeitete sie mehrere Jahre als Architektin und Bauleiterin, bevor sie sich zu einem Berufswechsel entschloss und mit dem Schreiben begann. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare und betreut das Kulturressort.

Karl Spurzem, geboren 1959 im Rheinland, studierte Kunstgeschichte, Romanistik und Städtebau. Nach Stationen bei der Berliner Tageszeitung Die Welt, einer Hamburger Musikzeitschrift und als freier Journalist wurde er im Sommer 2001 Chef vom Dienst bei mare, im Frühjahr 2008 stellvertretender Chefredakteur und Textchef. Seither lernt der Segelflieger das Segeln.
Person Von Zora del Buono und Karl J. Spurzem
Vita Zora del Buono, geboren 1962, wuchs in Zürich auf und lebt seit 1987 in Berlin. Nach ihrem Architekturstudium an der ETH Zürich arbeitete sie mehrere Jahre als Architektin und Bauleiterin, bevor sie sich zu einem Berufswechsel entschloss und mit dem Schreiben begann. Sie ist Gründungsmitglied der Zeitschrift mare und betreut das Kulturressort.

Karl Spurzem, geboren 1959 im Rheinland, studierte Kunstgeschichte, Romanistik und Städtebau. Nach Stationen bei der Berliner Tageszeitung Die Welt, einer Hamburger Musikzeitschrift und als freier Journalist wurde er im Sommer 2001 Chef vom Dienst bei mare, im Frühjahr 2008 stellvertretender Chefredakteur und Textchef. Seither lernt der Segelflieger das Segeln.
Person Von Zora del Buono und Karl J. Spurzem