Lachs à la Carte und Siegel

Heißt es nicht, ein Koch ist nur so gut wie seine Zutaten? Bei Robert Clark in Vancouver kommt nur Fisch mit dem Gütesiegel „Ocean Wise“ in die Pfanne

Gemeinsam mit den anderen Fischern aus Prince Rupert fahren Fred und Linda Hawkshaw jeden Morgen hinaus zum Fischen. Doch ihr Boot ist anders ausgerüstet als das der Kollegen. Ihre Netze sind weiter geknüpft, damit Fingerlinge nicht hängen bleiben, und kürzer, damit Fred sie so schnell einholen kann, dass die Fische noch leben, wenn sie an Bord kommen.

Eine gute Viertelstunde ist das Netz im Wasser. Dann wird es geleert und wieder ausgelegt. Bis zu 25 Mal am Tag, dann haben die beiden ähnlich viel im Boot wie die Kollegen. Allerdings kommen Freds Fische in einen Wassertank, wo sie acht Stunden ausruhen und die Stresshormone abbauen, bevor sie geschlachtet werden.

Hawkshaws Fischerei liefert nur beste Qualität und schont die Bestände. Und lohnt sich auch für ihn. Fred sagt, dass er nicht weniger verdient als seine Kollegen.

Bei den Hawkshaws hat Robert Clark das gefunden, was er lange für sein Restaurant gesucht hatte: makellose Ware, umweltfreundlich gefangen und aus der Gegend. Seit Jahren kauft er dem Fischerpaar den gesamten Fang ab.

Clark ist Chefkoch, vielfach preisgekrönt, in einem der besten Fischrestaurants Kanadas. Er folgt seinem Credo, dass ein gutes Essen vor allem von der Qualität der Zutaten abhängt, nicht vom Koch.

Sein Arbeitsplatz, das „C Restaurant“, liegt im Herzen Vancouvers, am Ufer des False Creek. Die Gäste blicken vorbei an Schiffsmasten hinüber zum Markt auf Granville Island. Durch die Meerenge fahren täglich die Boote der Fischer, als wollten sie die Frische der Menüs betonen.

Fisch gehört seit seiner Kindheit in Quebec zu seinem Leben. Für Clark stand sein Beruf schon fest, als er sich als Junge in die männliche kochende Linie seiner Familie einreihte. „Lachs an Farnspitzen“ – seine Spezialität damals – klingt schon fast nach Haute Cuisine.

Als er 1992 mit seiner Frau an die Westküste zog, war er überzeugt, dass es hier keinen Mangel an Fisch, Muscheln und Schalentieren geben würde. Doch die Hauptlieferanten für Vancouvers Märkte sind die Großen der Fischindustrie, deren Fangmethoden die Quelle seiner Leidenschaft langfristig zerstören. Der Schwarze Seehecht, den Clark so gerne kaufte, wurde kleiner und seltener. Schon vor Jahren hat er ihn aus der Speisekarte gestrichen.

Mit dem Restaurantbesitzer Harry Kambolis machte er sich auf die Suche nach Fischern, die bereit sind, von Masse auf Klasse umzusteigen. Viele winkten ab, fürchteten das finanzielle Risiko. Doch in den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Händler und Restaurants von der Qualität überzeugen lassen. Die Fischer können ihre Auslese mittlerweile teuer verkaufen.

Clark ist es gelungen, ein alternatives Netz von Lieferanten zu knüpfen. Einen Teil dieser Netzarbeit hat seit dem November 2005 das „Ocean Wise Conservation Program“ übernommen, das vom Vancouver Aquarium finanziert wird. Dessen Mitarbeiter kontrollieren, ob die Fischer auch umweltverträglich fangen. Pflücken Taucher die Muscheln stückweise oder schaben Schleppnetze über den Meeresboden? Wie viel wird gefangen? Wie hoch sind die Beifänge?

Mit ihren Informationen helfen die Aquarianer, Lieferanten auszuwählen. Sie prüfen auch die Speisekarten, weisen auf bedrohte Fischarten hin, empfehlen Alternativen. Die Gastronomen wiederum verpflichten sich, den Fisch bei „Ocean Wise“ zu kochen.

Das „C“ ist schon lange nicht mehr das einzige zertifizierte Restaurant in Vancouver. Über 60 Restaurants haben sich mittlerweile der Idee angeschlossen.

80 Prozent des in Britisch-Kolumbien gefangenen Fisches wird in der Gastronomie serviert. Über 12000 Restaurants gibt es dort, und die meisten haben Meerestiere auf der Karte. Je mehr sich von ihnen „ocean wise“ entscheiden, umso wahrscheinlicher ist, dass Fisch auch in zehn Jahren noch auf der Karte steht.


Zitrus-Wildlachs an Farnspitzen

Zutaten (für vier Personen)

600 Gramm filetierten Lachs, 30 Gramm Salz, jeweils eine Zitrone, Limone und Orange, 400 Gramm gewaschene und blanchierte Farnspitzen (fiddleheads; im Feinkosthandel erhältlich), 400 Gramm gekochte Kartoffeln, 100 Gramm Butter, 100 Milliliter Orangensaft, 50 Milliliter Olivenöl.

Zubereitung

Zitrusschalen mit Reibe abraspeln. Salz und geriebene Schale mischen. Mit der Hälfte der Mischung den Fisch eine Stunde vor dem Braten würzen. Früchte auspressen und Orangensaft dazugeben, zur Sauce reduzieren. Olivenöl mit dem Schneebesen unterschlagen. Den Lachs sechs bis acht Minuten bei mittlerer Hitze in den Ofen, bis er fast gar ist. Farnspitzen und Kartoffeln in Butter sautieren und mit der restlichen Würzmischung vermengen. Lachs auf dem Gemüse anrichten und Sauce darübergeben.

C Restaurant
1600 Howe Street, Vancouver, Kanada.
Tel. 001 604 681 1164.
Täglich geöffnet ab 17.30 Uhr.

mare No. 63

No. 63August / September 2007

Von Wiebke Böse und Ingo Glaesmer

Wiebke Böse, Online-Redakteurin, studierte Anglistik und Germanistik. Sie ist seit 1998 Mitglied der mare-Crew und sorgt dafür, dass mare gut vernetzt ist.

Fotos: Ingo Glaesmer

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Vita Wiebke Böse, Online-Redakteurin, studierte Anglistik und Germanistik. Sie ist seit 1998 Mitglied der mare-Crew und sorgt dafür, dass mare gut vernetzt ist.

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Vita Wiebke Böse, Online-Redakteurin, studierte Anglistik und Germanistik. Sie ist seit 1998 Mitglied der mare-Crew und sorgt dafür, dass mare gut vernetzt ist.

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