Kinderspiel

Im Watt vor Amrum liegt „U 979“, das letzte U-Boot der Wehrmacht, das nach der Kapitulation nach Deutschland zurückkehrte. Jahrzehnte diente es Amrums Kindern als Abenteuerspielplatz

Am Kniepsand, dem breiten Strand der nordfriesischen Insel Amrum, liegt ein U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg. Es war das letzte deutsche U-Boot, das ein britisches Kriegsschiff versenkte, es war das letzte U-Boot, das nach Kriegsende nach Deutschland zurückkehrte, und es war das weltweit wohl einzige deutsche U-Boot, das jahrzehntelang für jedermann frei und legal zugänglich war – sofern man wusste, wo es lag, und den passenden Wasserstand abwartete.

„U 979“ war ein U-Boot des Typs VII C, des meistgebauten U-Boot-Typs aller Zeiten, mit dem die kriegsentscheidende Schlacht auf dem Atlantik ausgefochten wurde. „U 979“ lief am 15. April 1943 bei Blohm & Voss in Hamburg vom Stapel und wurde am 20. Mai 1943 in Dienst gestellt. Kommandant auf „U 979“ war von Anfang bis Ende Johannes Meermeier, zuerst als Oberleutnant, dann als Kapitänleutnant. Er stammte aus einer Bauernfamilie in Sande bei Paderborn, wurde am 14. November 1916 geboren und meldete sich als 20-Jähriger zur Marine. 1942 wurde er für die U-Boot-Waffe ausgebildet. 

Am 7. Mai 1945 um 3.37 Uhr, nordwestlich von Island, tauchte „U 979“ auf, zum ersten Mal nach 25 Tagen unter Wasser, und blieb etwa zwei Stunden an der Oberfläche. Über Kurzwelle empfing das Boot englischen Rundfunk. „Es ist wirklich so gekommen, dass wir den Krieg verloren haben. Wir sind alle sehr niedergedrückt“, schreibt der Zweite Offizier Günther Deicke.

Am 10. Mai vermeldet Leutnant Deicke: „Wir empfangen offene Funksprüche von der Seekriegsleitung, die uns den Befehl erteilen, aufgetaucht zu fahren, eine schwarze Flagge zu setzen und England anzulaufen.“

Das entsprach tatsächlich den von Dönitz unterzeichneten Kapitulationsbedingungen – alle U-Boote waren an die Sieger auszuliefern. Das widersprach allerdings dem ominösen Selbstvernichtungsbefehl „Regenbogen“, dessen genauer Wortlaut bis heute unbekannt ist, der aber im April 1945 bekräftigt worden war und besagte: Wenn über Funk das Stichwort „Regenbogen“ genannt wird, sollen alle U-Boote sofort von ihren Besatzungen versenkt werden.

Dieses Stichwort aber hat Dönitz nie gegeben, vielmehr befahl er schon während der Kapitulationsverhandlungen am 3. Mai 1945, alle Selbstversenkungsaktionen zu unterlassen. Dennoch handelten viele Kommandanten gegen diesen Befehl und zerstörten in deutschen Häfen und vor deutschen Stränden ihre Boote, davon über 100 allein am 5. Mai. Obwohl der Krieg vorbei war, ging es gegen ihre „Ehre“, die Boote dem Feind zu überlassen.

 

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mare No. 143

mare No. 143Dezember 2020 / Januar 2021

Von Clas Broder Hansen

Clas Broder Hansen, Jahrgang 1953, ist Autor und Herausgeber zahlreicher Seefahrtsbücher. Er lebt in Hamburg und auf Amrum und fand als Junge das Wrack des U-Boots zugleich furchteinflößend und faszinierend.

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Vita Clas Broder Hansen, Jahrgang 1953, ist Autor und Herausgeber zahlreicher Seefahrtsbücher. Er lebt in Hamburg und auf Amrum und fand als Junge das Wrack des U-Boots zugleich furchteinflößend und faszinierend.
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Vita Clas Broder Hansen, Jahrgang 1953, ist Autor und Herausgeber zahlreicher Seefahrtsbücher. Er lebt in Hamburg und auf Amrum und fand als Junge das Wrack des U-Boots zugleich furchteinflößend und faszinierend.
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