Indiana Jones der Weltmeere

Mehr als 125 Millionen Bücher hat Clive Cussler im Lauf seines Schriftstellerlebens unter die Leserschaft gebracht. Geschrieben hat er die Abenteuerromane in Arizonas Wüste, aber die Schauplätze sind immer das Meer

Was hier klingt wie die rückwärts laufende Untergangssequenz der Millionenschnulze „Titanic“, ist eine Schlüsselszene des amerikanischen Clive-Cussler-Bestsellers „Hebt die Titanic!“. Dessen Spät-1970er-Jahre-Plot: Die Amerikaner heben das seit 70 Jahren auf dem Boden des Atlantiks liegende Wrack der „Titanic“. Denn mit dem Luxusdampfer versank auch das seltene Byzanium in den Frachträumen, mit dem die USA zu einem Vorsprung im Rüstungswettlauf mit den Sowjets kommen wollen. Dort ist das seltene Metall zwar doch nicht versteckt, doch es gibt ein Happy End. Die guten Amerikaner gewinnen den Rüstungswettlauf gegen die bösen Sowjets.

Diese Handlung ist typisch für die Geschichten des mittlerweile 83-jährigen Schriftstellers Clive Cussler. Seit mehr als 40 Jahren erleben in seinen Romanen Mitarbeiter der fiktiven Organisation Numa, die National Underwater and Marine Agency – eine Art Nasa-Pendant mit Zuständigkeit für die Weltmeere –, fantastische Abenteuer. Es geht um verschwundene Schiffe, schöne Frauen, versunkene Schätze und um Bösewichter, die die Welt beherrschen wollen. In Cusslers Büchern versteckten die Römer die Bibliothek von Alexandria in Texas, segelten die Phönizier bis Grönland, und in Washington D.C. hat sich in einer Höhle eine Wikingerflotte inklusive Schatz über die Jahrhunderte erhalten. Im Mittelpunkt steht immer das Meer.

Dabei entstehen Cusslers Romane in einer staubtrockenen Umgebung. Inmitten der kargen, sandigen Hügel des Nobelwüstenstädtchens Paradise Valley, nahe Arizonas Hauptstadt Phoenix gelegen, lebt Cussler in einer dunkelroten Villa im mexikanischen Stil. Hier, auf dem von einem kleinen Fluss durchzogenen Anwesen, schreibt der gelernte Werber die Geschichten von den Helden der Meere in seinem Schreibhaus.

Seine Mixtur aus Ozean, Helden, Schurken und schönen Frauen bedient maskuline Träume. Und sie hat ihn reich gemacht. Seine Bücher erreichen weltweit eine Auflage von mehr als 125 Millionen Exemplaren. Sie wurden in über 40 Sprachen übersetzt und standen 45-mal hintereinander auf der Bestsellerliste der „New York Times“. Auch in Deutschland gingen mehr als fünf Millionen seiner Bücher über den Ladentisch.

Obwohl der Sohn deutscher Einwanderer mit dem prägnanten weißen Bart in den USA eine in der Cussler Society und bei den „Cusslermen“ organisierte große Fangemeinde hat, tauchen seine Romane in deutschen Buchbesprechungen nicht auf. Seine Fans finden zahlreiche Paperbackausgaben auf den Thrillertischen der Buchhandelsketten.

Die Fokussierung seiner Romane auf das Meer entspringt kühlen Marketingüberlegungen. Als er Mitte der 1970er-Jahre seinen ersten Roman plante, suchte Cussler, damals Artdirektor in einer Werbeagentur, eine noch nicht besetzte Nische im Reich der Helden. Und eine Analyse des Angebots an Thrillern im Buchladen um die Ecke kam zu dem klaren Ergebnis: Nur das Meer hat noch keine Helden und Schurken.

Genauso durchdacht ist die Struktur seiner Bücher. Wer Cussler liest, weiß bei jedem Buch, was ihn erwartet. Hauptfigur der Romane ist Dirk Pitt, ein Unterwasseringenieur und Chef eines Sondereinsatzteams der Numa. Pitt, ein Hybrid aus James Bond und Indiana Jones, ist charmant, gut aussehend, unkonventionell, hat Erfolg bei Frauen und findet für jede noch so ausweglos er- scheinende Situation eine originelle Lösung.

Gemeinsam mit seinem Sidekick Alberto Giordino, Schulfreund und Kollege, stolpert Pitt bei Routineeinsätzen auf den Weltmeeren regelmäßig über schöne Frauen, denen Gefahren drohen. Diese attraktive Journalistin oder Wissenschaftlerin ist immer einem mächtigen Unternehmer, einem brutalen Diktator oder einem irren Wissenschaftler bei dessen Versuch, die Weltherrschaft an sich zu reißen, im Weg. Doch nach diversen Verfolgungsjagden, Rückschlägen und wilden Auseinandersetzungen mit den Verbrechern gelingt es dem unzertrennlichen Paar, beide nie um einen lockeren Spruch verlegen, mit unkonventionellen Mitteln dem Bösen das Handwerk zu legen, die Frau zu retten und die Welt ein bisschen besser zu machen.


Dies ist ein Auszug aus dem Text. Den ganzen Beitrag lesen Sie in mare No. 105. Abonnentinnen und Abonnenten lesen ihn auch hier im mare Archiv.

mare No. 105

No. 105August / September 2014

Von Geert Schmelzer und Nicole Strasser

Geert Schmelzer, Jahrgang 1966, Autor in Hamburg, hat Cusslers Thriller schon als Student für sich entdeckt. Seitdem begleitet er Dirk Pitt bei seinen Abenteuern.

Fotografin Nicole Strasser, geboren 1975, veröffentlicht regelmäßig Arbeiten in mare. Für ihre Benidorm-Bilder in No. 79 erhielt sie den Henri-Nannen-Preis.

Mehr Informationen
Vita Geert Schmelzer, Jahrgang 1966, Autor in Hamburg, hat Cusslers Thriller schon als Student für sich entdeckt. Seitdem begleitet er Dirk Pitt bei seinen Abenteuern.

Fotografin Nicole Strasser, geboren 1975, veröffentlicht regelmäßig Arbeiten in mare. Für ihre Benidorm-Bilder in No. 79 erhielt sie den Henri-Nannen-Preis.
Person Von Geert Schmelzer und Nicole Strasser
Vita Geert Schmelzer, Jahrgang 1966, Autor in Hamburg, hat Cusslers Thriller schon als Student für sich entdeckt. Seitdem begleitet er Dirk Pitt bei seinen Abenteuern.

Fotografin Nicole Strasser, geboren 1975, veröffentlicht regelmäßig Arbeiten in mare. Für ihre Benidorm-Bilder in No. 79 erhielt sie den Henri-Nannen-Preis.
Person Von Geert Schmelzer und Nicole Strasser