Im Kielwasser

Das Beste zum Schluss

Eiszeit

Für Tauchlehrer und Expeditionsleiter Ingo Vollmer ist der Ruf „Eisberg voraus!“ keine Hiobs-, sondern eine frohe Botschaft. Jedes Jahr im Frühsommer ziehen die Brocken, von Grönland kommend, an seiner Wahlheimat, der Küste Neufundlands, vorbei. Dann zeigt er Tauchgruppen, was sich unter der Spitze des Eisbergs verbirgt. „Von unten betrachtet, scheinen die Klumpen zu glühen. Myriaden von Luftbläschen werden in den schmelzenden Brocken frei und steigen darin auf.“ Dazu die dramatischen Knarz- und Knacklaute, besonders wenn ein Eisberg über einen Felsen schrammt und alles aufwühlt. „Ihm folgen Hunderte hungriger Fische, wie Krähen einem Pflug.“ Doch so anziehend die milchig-weißen Trümmer auch sind, so respektvoll begegnet er ihnen. „Es besteht immer die Gefahr, dass plötzlich einer umkippt oder ein tonnenschweres Stück abbricht.“ Ohnehin ist bei einer maximalen Wassertemperatur von drei Grad der Spaß schnell zu Ende. Zum Massensport taugt Eisbergtauchen daher seiner Meinung nach nicht. „Es ist eher etwas für Tauchindividualisten, die schon alle tropischen Meere erlebt haben.“ broe


Druckerzeugnis

Sie waren eine gefragte Elitetruppe im alten Rom. Verlor ein Schiff wertvolle Ladung, tauchten sie hinterher. Vom Gegenwert der Kostbarkeiten, die sie ans Licht holten, stand ihnen ein üppiger Anteil zu. Belagerte Städte versorgten sie mit wasserdichten Säcken voll Getreide, sie besserten Schiffsrümpfe aus und überbrachten in Bleiplatten geritzte Befehle. Vor dem Abtauchen nahmen sie einen Mund voll Öl und spuckten es in der Tiefe wieder aus; möglich, dass sich vor ihren Augen eine Art Linse bildete und ihnen zum Durchblick im trüben Wasser verhalf. So weit, so klar. Allein ihr Name wirft ein paar Fragen auf: urinatores. Im Lateinwörterbuch wird urinator schlicht mit „Taucher“ übersetzt. In der heimischen Badewanne regt sich der auch von Tauchmedizinern gehegte Verdacht, das Wort leite sich ab vom menschlichsten aller Bedürfnisse. Unter Wasser presst der Druck auf die Beinvenen verstärkt Blut Richtung Brustkorb, dort melden Volumenrezeptoren einen Überschuss an Flüssigkeit im Körper, und die Nieren bekommen die Botschaft: Wasser marsch! Anja Wolkenhauer vom Institut für griechische und lateinische Philologie der Universität Hamburg warnt jedoch vor voreiligen Schlüssen: „Als die Römer das griechische Wort ouron übernahmen“, erklärt sie, „stand es schlicht für ,Wasser‘.“ Urinari hieß „ins Wasser eintauchen“; die Bedeutung „urinieren“ hat sich in diesem Wortfeld erst später herausgebildet. Dass sie auf die Erfahrungen der urinatores zurückgehe, so Wolkenhauer, sei allerdings „eine gewagte These“. toz


Dies ist ein Auszug aus dem Text. Den ganzen Beitrag lesen Sie in mare No. 48. Abonnentinnen und Abonnenten lesen ihn auch hier im mare Archiv.

mare No. 48

No. 48Februar / März 2005

Aus der Redaktion

Aus der Redaktion

Mehr Informationen
Vita Aus der Redaktion
Person Aus der Redaktion
Vita Aus der Redaktion
Person Aus der Redaktion