Good bye, Whitby

Seine Lehrjahre verbrachte James Cook an der Küste Yorkshires. Erst die raue Nordsee bereitete ihn vor auf sein Entdeckerleben

Reden wir von Gott.
Und von regnerischem Wetter.
Reden wir aber auch von Armut.
Oder von Spiritualität, von einem Ort, sozialer Schicht. Von Toleranz, einer Hafenstadt, Seefahrermilieu. In unserem speziellen Fall heißt der Dreiklang: Quäker – Yorkshire – Tagelöhnersohn.

Diese Komponenten tanzen umeinander, bilden sich aus, sind verschworen miteinander, ergänzen sich, prägen, bremsen, fördern. Zu ihnen gesellt sich das, was einem Menschen von Anfang an mitgegeben wird, nennen wir es den Resonanzkörper. Auf ihm wird gespielt, in ihn wird eingeschrieben, er ist die Basis für das, was letztlich das Individuum ausmacht. Aus Resonanzkörper und Dreiklang ergibt sich eine einzigartige Melodie, sie ist: James Cook.

Von Gott also wollen wir reden.
Und von John Walker. James Cook wäre ohne John Walker und dessen Gott ein anderer; vielleicht wäre er ohne Walker nicht Entdecker, sondern Eroberer geworden. Wir sollten das nicht unterschätzen.

„Je weniger Form in der Religion, umso besser; denn Gott ist Geist. Je geistiger unser Gottesdienst, umso näher der Natur Gottes, je schweigender, umso angepasster der Sprache Gottes“, schrieb William Penn, der Gründer des Staates Pennsylvania und Quäker – Quäker wie John Walker, der Reeder aus der Hafenstadt Whitby an der englischen Ostküste.

James Cook war 17 Jahre alt, als er als Lehrling in das Haus von John Walker aufgenommen wurde – jenem Mann, dem er in lebenslanger Freundschaft verbunden bleiben sollte, Briefe aus der Ferne zeugen davon. Walker war aber weitaus mehr als sein nautischer Ziehvater. Die „Society of Friends“ ist eine religiöse Gemeinschaft, deren Zusammenkünfte durch Schweigen, durch Warten auf Gottes Führung, durch den Glauben an das Innere Licht im Menschen gekennzeichnet ist. Gott wohnt in jedem Einzelnen, drum ist der Einzelne im Kern gut. Die „Freunde des Lichts“ kennen keinen Klerus, keine Dogmen, keine Predigt. Quäker sind zutiefst spirituell. Und bescheiden, aufrichtig, offen. Sozialen Unterschieden messen sie kaum Bedeutung zu; handeln ist selbst bei Kaufleuten verpönt, denn Handeln verändert die Wahrheit.

Walker war zudem aufmüpfig, setzte sich durch gegen die strengen Londoner Pazifisten, die keinerlei Waffen erlaubten. Walker konnte das gutheißen für Landmenschen, nicht jedoch für Seefahrer, die sich schützen mussten. Also opponierte er. John Walker war tolerant, aber eigenwillig. Walker war Cooks Vorbild.

Cook wurde kein Quäker. Aber er hat auf engem Raum gelebt mit den Söhnen und Töchtern und einer Vielzahl Cousins und Cousinen der Walkers, er ist zur See gefahren mit Quäkern, tagelang, wochenlang. Durch sie hat er gelernt, all die Götter, Geister und Ahnen zu akzeptieren, die in Yorkshire und später jene in der Südsee, all die Riten und fremden Gebräuche, die unterschiedlichen Zeichen Gottes.

Denn, noch einmal: Gott wohnt in jedem von uns. Erst wenn das Böse überhand nimmt, muss es bekämpft werden. Cook hat das nie ganz vergessen, weder auf der Osterinsel noch in Tahiti und nicht an Bord seiner Schiffe. Erst auf der dritten Reise hat er zu viel gekämpft, zu hart reagiert, zu früh geschossen, die Nerven verloren, sich entfernt von den spirituellen Lehren Walkers, er ist seinen Idealen und sich selbst langsam entglitten, hat sein inneres Gleichgewicht verloren, war krank und depressiv, womöglich von Opiaten abhängig. Das sollte ihm zum Verhängnis werden, an jenem 14. Februar 1779, dem letzten Tag seines Lebens.


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mare No. 55

No. 55April / Mai 2006

Von Zora del Buono, Jonathan Olley und Frank M. Sutcliffe

Zora del Buono, stellvertretende Chefredakteurin von mare, lebt in Berlin. In Whitby hatte sie als Jugendliche zum ersten Mal Fish & Chips in Zeitungspapier gegessen – ein bleibender Eindruck.

Die Whitby-Fotografien von Frank Meadow Sutcliffe (1853–1941) sind Legende. Sein Vater war Landschaftsmaler; der junge Frank entschied sich für das neue Medium der Fotografie. Noch im Alter von 70 Jahren wurde er Kurator des Whitby-Museums.

Der Londoner Fotograf Jonathan Olley ist Dozent der University of Wales und Bewunderer der Arbeit von Sutcliffe; er lehrt seine Studenten, dessen Bilder als Muster einer grundsoliden Dokumentarfotografie zu sehen.

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Vita Zora del Buono, stellvertretende Chefredakteurin von mare, lebt in Berlin. In Whitby hatte sie als Jugendliche zum ersten Mal Fish & Chips in Zeitungspapier gegessen – ein bleibender Eindruck.

Die Whitby-Fotografien von Frank Meadow Sutcliffe (1853–1941) sind Legende. Sein Vater war Landschaftsmaler; der junge Frank entschied sich für das neue Medium der Fotografie. Noch im Alter von 70 Jahren wurde er Kurator des Whitby-Museums.

Der Londoner Fotograf Jonathan Olley ist Dozent der University of Wales und Bewunderer der Arbeit von Sutcliffe; er lehrt seine Studenten, dessen Bilder als Muster einer grundsoliden Dokumentarfotografie zu sehen.
Person Von Zora del Buono, Jonathan Olley und Frank M. Sutcliffe
Vita Zora del Buono, stellvertretende Chefredakteurin von mare, lebt in Berlin. In Whitby hatte sie als Jugendliche zum ersten Mal Fish & Chips in Zeitungspapier gegessen – ein bleibender Eindruck.

Die Whitby-Fotografien von Frank Meadow Sutcliffe (1853–1941) sind Legende. Sein Vater war Landschaftsmaler; der junge Frank entschied sich für das neue Medium der Fotografie. Noch im Alter von 70 Jahren wurde er Kurator des Whitby-Museums.

Der Londoner Fotograf Jonathan Olley ist Dozent der University of Wales und Bewunderer der Arbeit von Sutcliffe; er lehrt seine Studenten, dessen Bilder als Muster einer grundsoliden Dokumentarfotografie zu sehen.
Person Von Zora del Buono, Jonathan Olley und Frank M. Sutcliffe