Gesellschaft mit begehrter Haftung

Der Schleim von Meeresschnecken übertrifft alle Hightech-Kleber

Eigentlich wollte ich nur einen großen Rochen bewundern. Er schwamm im flachen Küstenwasser, und ich lief in der felsigen Gezeitenzone neben ihm her. Als ein Tritt außer Schrittweite war, sprang ich. Eine blödsinnige  Aktion. Schließlich war der Weg über die feuchten und algenschmierigen Steine ohnehin ein Balanceakt gewesen. Ein Sprung, ein Moment des Bedauerns – und ich lag im Wasser. Das war schmerzhaft und peinlich. Eigentlich wusste ich es ja besser. Die Gezeitenzone kann ein gefährlich glitschi­ges Pflaster sein, auf dem wir Menschen schnell den Halt verlieren. Was machen wir hier eigentlich falsch? Oder anders gefragt: Was machen die Tiere am und unter Wasser besser? 

Seepocken halten bombenfest. Muscheln stürzen nicht ab. Schnecken bleiben in der Bahn. Selbst Seesterne klettern jede Rutschbahn hinauf. Viele Meerestiere sekretieren extrem leistungsstarke Klebstoffe, die permanent oder reversibel fast überall wirken. Unsere Kleber dagegen versagen meist im Nassen, sind unpraktisch oder toxisch. Giftige Kleber finden sich in Schuhen, im Parkett, in Möbeln und in elektronischen Geräten. 

Wäre es daher nicht schlau, sich vom Klebstoff der Meerestiere inspirieren zu lassen? Leistungsstarke Kleber, die unbedenklich und biologisch abbaubar sind, könnte die Menschheit gut gebrauchen.

„Die Biomedizin hat wohl den größten Bedarf“, sagt Birgit Lengerer, Zoologin an der Universität Innsbruck, die an solchen sogenannten marinen Bioadhäsiven forscht. „Mit einem gut verträglichen Klebstoff müsste etwa bei Operationen nicht mehr genäht werden.“ 

Ein vielversprechender Ansatz ist den Seepocken zu verdanken. Das sind krebsartige Tiere, die zurückgezogen leben, ­eingehüllt in einem Gehäuse. Seepocken haften auf jeder Oberfläche im flachen Wasser. Auf Holz und Walhaut, auf Plastik und Metall. Ist etwa ein Schiffsrumpf großflächig mit einer Seepockenkruste überzogen, treibt das den Energieverbrauch hoch, weil der Widerstand im Wasser enorm ansteigt. Das ist ein Problem. Aber vor allem ist es hohe Klebekunst, die künftig Menschenleben retten könnte. 

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mare No. 153

mare No. 153August / September 2022

Von Susanne Wedlich

Susanne Wedlich, Jahrgang 1971, Journalistin in ­München, wundert sich, warum jede noch so simple Schnecke das Kleben besser hinbekommt als wir.

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Vita Susanne Wedlich, Jahrgang 1971, Journalistin in ­München, wundert sich, warum jede noch so simple Schnecke das Kleben besser hinbekommt als wir.
Person Von Susanne Wedlich
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