Fishermen’s Friend

Der portugiesische Wasserhund half den Fischern bei der Arbeit. Heute gehört er zu den seltensten Hunderassen

Fundão ist bester Laune. Mit weiten, energischen Sätzen jagt er über Sand und Schlick, springt ins Wasser und schwimmt, in schäumenden Wellen untertauchend, gut dreißig Meter hinaus in den Atlantik. Dann trabt der Hund ans Ufer zurück, schüttelt sein braunes, lockiges Fell und lässt sich mit hängender Zunge in den Sand fallen. Der Blick aus seinen dunklen Augen scheint zu sagen: Schaut her, so sieht ein Champion aus!

Womit er nicht Unrecht hätte. Der temperamentvolle Rüde, den man auf den ersten Blick für einen Pudelmischling halten würde, ist nicht nur der prämierte Stolz der Hundezüchter im Naturpark Ria Formosa bei Olhão an der Algarve. Er gehört auch zu einer der ältesten und seltensten Hunderassen überhaupt: Cão de Água Português, auf Deutsch: Portugiesischer Wasserhund.

Ende der siebziger Jahre wurden die schwarz-, weiß- oder braunhaarigen Hunde sogar im Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet – als seltenste Hunderasse der Welt. Dabei übersahen die Buchhalter allerdings, dass es sich bei den genannten 15 Exemplaren ausschließlich um die amtlich registrierten Tiere handelte. Tatsächlich aber lebten bei Fischern und an Papierkram nicht weiter interessierten Tierfreunden 150 bis 200 weitere Wasserhunde. Und noch heute gibt es an der portugiesischen Küste vereinzelt Fischer, bei denen ausgediente vierbeinige Mitarbeiter ihr Gnadenbrot genießen.

Glorreich und voller Anekdoten ist ihre Vergangenheit, und je älter, desto abenteuerlicher klingen die Geschichten über diese Hunde. Vermutlich kamen sie im 5. Jahrhundert mit den Goten auf ihrer Wanderung von Ost nach West bis nach Portugal. Andere Theorien gehen davon aus, dass sie von den Phöniziern auf die Iberische Halbinsel gebracht wurden. 1297 schilderte ein Mönch in seinem Tagebuch, wie die Hunde Seeleute in Not retteten. 1588 reisten Wasserhunde an Bord der spanischen Armada in die Neue Welt. Über Jahrhunderte waren sie unentbehrliche Helfer für die Fischer.

Portugiesische Wasserhunde sind exzellente Schwimmer und Taucher, die sogar kleine Schwimmhäute zwischen den Zehen haben. Sie standen neben den Fischern an Deck der Boote, immer bereit, sich in die Wellen zu stürzen. Wenn ein Tunfisch aus dem sich zusammenziehenden Netz fliehen wollte, hinderte der Hund ihn daran. Fiel ein Teil der Ausrüstung über Bord, tauchte der Hund hinterher. Er apportierte lose Tauenden, abgerissene Netze oder über Bord gegangene Fischer. Und wenn er sich doch einmal weigern sollte, ins Wasser zu springen, wusste die Crew Bescheid: Haie waren in der Nähe.

Die Hunde sollen sogar als schwimmende Kuriere zwischen den Fischerbooten fungiert haben. Daran zweifeln aber selbst Hundefans. „Man muss bedenken“, sagt Augusto Guimarães, Inhaber des DeGifford-Zwingers in Cascais und einer der engagiertesten Liebhaber der Rasse in Portugal, „dass die Fischer damals weitgehend Analphabeten waren. Was sollten das also für Botschaften gewesen sein?“ Wahrscheinlich sei dagegen, dass die Wasserhunde kurz vor der Landung der Boote ins Wasser sprangen, an Land schwammen und die Familien der Fischer zusammentrommelten, damit sie beim Ausladen des Fangs halfen.

Solche Fähigkeiten wurden bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts dringend benötigt. Um 1900 waren noch mehr als 16000 portugiesische Fischerboote auf den Weltmeeren im Einsatz, und die Jagd nach großen Kabeljauschwärmen führte die Boote bis nach Neufundland.

Hin und wieder ging bei diesen Reisen auch mal ein Hund von Bord. Schiffe strandeten oder suchten an stürmischen Tagen Schutz in fremden Häfen. Daher haben sich am Rande der klassischen Fangrouten Portugiesische Wasserhunde immer wieder mit regionalen Rassen vermischt. Ein Resultat dieser Kreuzungen ist der wohl bekannte Neufundländer, dessen Schwimmkünste vom Cão de Água stammen und dessen Größe von heimischen Hütehunden. Die Gene des Wasserhundes finden sich im Labrador, der sein wasserabstoßendes Unterfell vermutlich den europäischen Vorfahren verdankt, genauso wie im Spanischen Wasserhund. Auch der französische Barbet und der Irische Wasserspaniel gehen nach Ansicht von Hundezüchtern auf den Cão de Água zurück.

Als die Wasserhunde die Fischer noch bei der Arbeit begleiteten, waren sie für die Fischzüge so wichtig, dass sie fast wie vollwertige Crew-Mitglieder behandelt wurden: Nach der Rückkehr wurde der Fang unter allen Beteiligten fair aufgeteilt, und auch die Hunde bekamen ihren Anteil an Frischfisch. Um 1930 hatten die vierbeinigen Fischer dann weitgehend ausgedient. Die Kutter wurden größer und damit auch die Netze. Die Mannschaften verließen sich immer öfter auf moderne Technik statt auf den Instinkt ihrer Hunde, und so waren sie nur noch bei wenigen Kleinfischern im Einsatz, vor allem an der Algarve.

Wahrscheinlich wäre diese alte Rasse damals ausgestorben, wenn nicht in den frühen dreißiger Jahren der Reeder Vasco Bensaude auf den Portugiesischen Wasserhund aufmerksam geworden wäre – und auf Anhieb von seinem Temperament und seiner Intelligenz begeistert war.


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mare No. 24

No. 24Februar / März 2001

Von Albrecht Heinz und Henry Horenstein

Albrecht Heinz, Jahrgang 1958, lebt als freier Autor in München. Einen Wasserhund hat er zwar nicht, aber einen Golden Retriever, der auch gerne badet. Dies ist sein erster Beitrag in mare.

Der Fotograf Henry Horenstein, Jahrgang 1947, lebt in Boston/USA und arbeitet als Professor für Fotografie an der Rhode Island School of Design. Eines seiner Bücher ist auch auf Deutsch erhältlich: Kreatürliches. Kunstvolle Tierporträts, mit Texten von Elke Heidenreich, Verlag Frederking/Thaler, 58 Mark

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Vita Albrecht Heinz, Jahrgang 1958, lebt als freier Autor in München. Einen Wasserhund hat er zwar nicht, aber einen Golden Retriever, der auch gerne badet. Dies ist sein erster Beitrag in mare.

Der Fotograf Henry Horenstein, Jahrgang 1947, lebt in Boston/USA und arbeitet als Professor für Fotografie an der Rhode Island School of Design. Eines seiner Bücher ist auch auf Deutsch erhältlich: Kreatürliches. Kunstvolle Tierporträts, mit Texten von Elke Heidenreich, Verlag Frederking/Thaler, 58 Mark
Person Von Albrecht Heinz und Henry Horenstein
Vita Albrecht Heinz, Jahrgang 1958, lebt als freier Autor in München. Einen Wasserhund hat er zwar nicht, aber einen Golden Retriever, der auch gerne badet. Dies ist sein erster Beitrag in mare.

Der Fotograf Henry Horenstein, Jahrgang 1947, lebt in Boston/USA und arbeitet als Professor für Fotografie an der Rhode Island School of Design. Eines seiner Bücher ist auch auf Deutsch erhältlich: Kreatürliches. Kunstvolle Tierporträts, mit Texten von Elke Heidenreich, Verlag Frederking/Thaler, 58 Mark
Person Von Albrecht Heinz und Henry Horenstein