Du grüne Neune

Der Hornhecht mit seinen spinatgrünen Gräten ist Rügens typischer Speisefisch. Unser Autor, ein Rüganer, kennt sich damit aus

Meinen ersten gebratenen Hornhecht gab ich – „Der ist ja verschimmelt!“ – empört an die mütterliche Küche zurück. Sensible Mägen seien darum gewarnt: Der Hornhecht hat grüne Gräten! Einen Einfluss auf den Geschmack hat dies nicht, nur auf die Neugier der Restaurantgäste. Genervte Oberkellner beantworten die Grätchenfrage gern auf ihre Art. Der Hornhecht werde ausgiebig mit Spinat gefüttert, damit man das Fleisch besser findet.

In Wahrheit baut der Hornhecht den roten Farbstoff Hämoglobin zu Biliverdin um und lagert ihn in seinem Skelett ab. Man kennt das von einigen Thunfischarten, gleichfalls von den Eiern des Emus, manche Würmer, Frösche und Echsen tragen sogar grünes Blut in sich. Auch die vorzugsweise in Hollywood landenden Aliens sind, wenn man sie ritzt, an ihrem grünen Blut zu erkennen.

Ein wenig außerirdisch muten auch die Hornhechte an. Es sind pfeilgleiche Fische, sowohl in Aussehen als in Geschwindigkeit. Meine Söhne mögen den Fisch nicht, wegen der vielen Gräten. Als sie kleiner waren, gaben sie die Hoffnung nicht auf, sie wenigstens zu Kurzschwertern präparieren zu können.

Hornhechte kommen in fast allen Meeren vor; so sie in der Ostsee leben, werden sie bis zu einem Meter lang. Ein Horn ist nirgends zu finden, der spitze Schnabel mit den fiesen Raspelzähnen indes ähnelt einem langen Dorn. Trotzdem heißt er nicht „Dornhecht“.
Eigentlich sind es nicht einmal Hechte. Letztere treffen sie allenfalls in den flachen Bodden, wo die Hornhechte ihren Laich an Seegras heften. Auf Rügen haben sie ihre Kinderstube. Hier sind die besten Laichplätze, hier wachsen sie zu den stattlichsten Exemplaren ihrer Art. Sie kommen mit den letzten Lachsen, dann umzingeln sie die ganze Insel und ziehen dicht unter Land. Wenn auf Rügen der Raps blüht, ist der Hornhecht da. Der Maifisch kann so auch mal ein Aprilfisch sein.

Merkwürdig ist auch, dass das geschmacklich an Hering erinnernde Fleisch zu DDR-Zeiten als „Arbeiteraal“ galt. Vielleicht lag es an der schlanken Gestalt der baltischen Silberpfeile, vielleicht an der fröhlichen Fantasie der Einheimischen, denen seinerzeit ein paar Rallyestreifen reichten, um einen Trabi zum Boliden zu tunen. Ich erinnere mich immer wieder gern an jene Geschichte, in der urlaubenden Sachsen der Hornhecht als Aal verkauft wird. Natürlich für hartes Westgeld. Das war nur gerecht, denn sie besetzten unsere Sandburgen. Zumindest geräuchert und mit einigen Rügener Sanddornschnäpsen intus, mag das mit dem Aal hinhauen.

Auf Rügen stehe ich jedes Frühjahr neben Hunderten Anglern – wate, wate, nur ein Weilchen – im seichten Gewässer, vorzugsweise im Greifswalder Bodden oder oben vor Wittow. Dann kommen die „Alulatten“, wie sie von Rügener Fischern gern auch genannt werden, aus Norwegens Gestaden bis nahe an die Ufer und bringen das Wasser zum Kochen. Tatsächlich: Blubbert das Wasser, springt er gar heraus, rauscht meine Angelsehne genau dorthin. Ich habe jetzt leichtes Spiel, ob als Fliegenfischer oder mit der aufwendigen Sbirolino-Montage.

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mare No. 147

mare No. 147August / September 2021

Von Maik Brandenburg

Maik Brandenburg, Rüganer des Jahrgangs 1962, kannte als Kind die Geschichten von fiesen Hornhechten, die friedfertige Angler durch Sprünge aus dem Wasser aufspießten. Das waren zwar nur seine ersten Stunden in Anglerlatein, trotzdem ist ihm seitdem immer etwas mulmig am Ufer zumute.

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Vita Maik Brandenburg, Rüganer des Jahrgangs 1962, kannte als Kind die Geschichten von fiesen Hornhechten, die friedfertige Angler durch Sprünge aus dem Wasser aufspießten. Das waren zwar nur seine ersten Stunden in Anglerlatein, trotzdem ist ihm seitdem immer etwas mulmig am Ufer zumute.
Person Von Maik Brandenburg
Vita Maik Brandenburg, Rüganer des Jahrgangs 1962, kannte als Kind die Geschichten von fiesen Hornhechten, die friedfertige Angler durch Sprünge aus dem Wasser aufspießten. Das waren zwar nur seine ersten Stunden in Anglerlatein, trotzdem ist ihm seitdem immer etwas mulmig am Ufer zumute.
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