„Diese unbändige Kraft fasziniert mich“

Seit 20 Jahren widmet sich der Schweizer Michel Roggo der Fotografie von Lachsen. Seine Bilder sind eine Hommage an das großartige Tier

Wenn man nicht wüsste, welch fantastische Bilder Michel Roggo macht und dass der Tierfotograf zu den Besten seines Faches gehört, man könnte ihn für ein wenig verrückt halten. Denn welcher Fotograf hat schon die Geduld, 20 Jahre damit zu verbringen, wieder und wieder dasselbe äußerst scheue Objekt zu fotografieren, nie zufrieden zu sein und doch immer weiter zu üben, zu suchen, zu warten?

Roggo ist 59 Jahre alt, lebt im schweizerischen Fribourg und fotografiert am liebsten Lachse. Er hat in seiner langen Karriere so gut wie jeden wichtigen Preis für Tierfotografie gewonnen. Vom südamerikanischen Zottelschweifaffen bis zur Gemeinen Geburtshelferkröte hatte er so ziemlich alles vor der Linse, was kreucht und fleucht. Mehr als 11 000 seiner Bilder wurden weltweit in Magazinen und Zeitungen abgedruckt. Auch den Atlantischen Lachs hat er schon oft fotografiert, doch die Ergebnisse fand er jedes Mal dürftig. Manchmal war das Wasser zu trüb, ein anderes Mal war das Licht schlecht. Diese eine Bilderserie, diese perfekte Momentaufnahme der Atlantischen Lachse, die fehlte dem Schweizer.

Um die Fische zu fotografieren, taucht Roggo nicht im Meer, sondern hockt oft ganz ruhig mit dem Auslöser in der Hand am Flussufer. Denn der Fotograf lichtet die Tiere nicht im Ozean ab, sondern auf ihrer Wanderung vom Meer in die Flüsse, wenn sie stromaufwärts ziehen, zurück an den Ort, an dem sie vor Jahren geboren wurden. Dort werden sie ihren Laich ablegen, um ihre Nachkommenschaft zu sichern, und danach fast alle an Erschöpfung sterben. „Diese unbändige Kraft, mit der sie sich stromaufwärts kämpfen, die fasziniert mich“, sagt Roggo.

Lachse beim Aufstieg zu fotografieren ist in Europa eine aufwendige Angelegenheit. Während es im Nordwesten Amerikas noch genug Flüsse gibt, in denen auf zehn Kilometern bis zu 3,5 Millionen pazifische Lachse schwimmen, ist der Atlantische Lachs auf unserem Kontinent stark zurückgedrängt worden. Es gibt nur noch sehr wenige unberührte Flüsse in Europa, in denen die Lachse aufsteigen können.

Für ihn ist die Lachsfotografie auch eine Sehnsucht nach vergangenen Zeiten, nach unberührter Natur und wilden Tieren in Europa. „Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Lachs kurz zurück, weil so viele Dämme und Wehre zerstört wurden“, erzählt Roggo. „Aber heute schwimmen selbst in den guten Flüssen höchstens 200 oder 300 Fische.“

Roggo braucht Sonnenschein und klares Wasser, um schöne Fotos zu machen. Er muss die Einheimischen vor Ort kennen, die ihm Tipps geben, wann die Lachse wo sind, und die auch bereit sind, wenn nötig einen Fluss zu sperren, damit Roggo und vor allem die Lachse ungestört sind. Inzwischen weiß der Fotograf, wo sich die „guten Flüsse“ befinden, und kennt auch manche ihrer Anwohner – schließlich übt er diesen ungewöhnlichen Beruf schon seit zwei Jahrzehnten aus.


Dies ist ein Auszug aus dem Text. Den ganzen Beitrag lesen Sie in mare No. 84. Abonnentinnen und Abonnenten lesen ihn auch hier im mare Archiv.

mare No. 84

No. 84Februar / März 2011

Von Nicole Basel

Nicole Basel, Jahrgang 1980, lernte Journalismus auf der Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Nach einer Station als Redakteurin bei der Financial Times Deutschland, arbeitet sie heute in Kopenhagen und Hamburg als freie Autorin.

Mehr Informationen
Vita Nicole Basel, Jahrgang 1980, lernte Journalismus auf der Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Nach einer Station als Redakteurin bei der Financial Times Deutschland, arbeitet sie heute in Kopenhagen und Hamburg als freie Autorin.
Person Von Nicole Basel
Vita Nicole Basel, Jahrgang 1980, lernte Journalismus auf der Henri-Nannen-Schule in Hamburg. Nach einer Station als Redakteurin bei der Financial Times Deutschland, arbeitet sie heute in Kopenhagen und Hamburg als freie Autorin.
Person Von Nicole Basel