Fünf Zypressen, zwei rund geschnittene Buchsbäume. 30 mal 30 Schritte Mauer, daran wilder Wein. Vier Gebäudeflügel, ein quadratischer Innenhof. Eine Seitentür, ein Hintereingang, ein Haupttor, alle aus massivem Eisen, alle verschlossen. Im Tor, auf Augenhöhe, vergitterte Fenster. Der Blick hindurch versackt im Dunkeln. Dort liegt Joan March seit 47 Jahren in seiner Gruft. Kein Name, keine Initialen, kein Datum, nur Stille.
Von Schweigen war March auch zeit seines Lebens umgeben. „Um ihn war eine Mauer der Kommunikationslosigkeit“, sagt Pere Ferrer, mallorquinischer Historiker und March-Biograf. Einsam und wortkarg, so beschreibt er den Mann, der Mallorca im 20. Jahrhundert entscheidend verändert hat.
Joan March (gesprochen „Mark“) hatte viele Gesichter. Er war Finanzier, Schmuggler, Politiker, Spion, Geschäftsmann, Großgrundbesitzer, Kriegsgewinnler, Kriegsverbrecher, Häftling, Ehebrecher, Sohn eines Knoblauch- und Schweinehändlers, Begründer einer zerstrittenen Dynastie, siebtreichster Mann der Welt und für immer ins Gedächtnis der Mallorquiner gebrannt. Der 1880 in dem Weiler Santa Margalida geborene Mann ist die Verkörperung der mallorquinischen Seele, eines Teiles von ihr, nicht des schönsten – und steht für die Entwicklung der Insel vom mediterranen Idyll zur umstrittenen goldenen Kuh. March hat Mallorca viel Geld gebracht und der Insel dafür die Unschuld genommen. Dabei hat er einen neuen Geschäftsstil geprägt. „Señor Monopolio“, Herr Monopol, nannte man ihn wegen seiner wirtschaftlichen Allmacht. In vier Kriegen hat er mit allem gehandelt und alles geschmuggelt: Tabak, Schuhe, Mandeln, Grundstücke, Mehl, Treibstoff, Wertpapiere, Waffen. Und er hat der Insel viel hinterlassen: eine Bank, ein Krankenhaus, Bibliotheken und Museen. Darüber hinaus konnten Tagelöhner zu Anfang des 20. Jahrhunderts bei ihm Kredite aufnehmen und damit erstmals kleine Parzellen Land kaufen.
Damit hat March nicht nur die Gesellschaftsstruktur verändert, sondern auch sein erstes Vermögen verdient und sich selbst als wichtigsten Vertreter einer neuen Schicht etabliert: der der wohlhabenden Geschäftsleute, der Neureichen, die sich zwischen den alten Landadel und das städtische Großbürgertum drängelten. March hat Mallorca vom mittelalterlichen Feudalsystem in die moderne Drei-Klassen-Gesellschaft katapultiert – und sich selbst 1905 durch eine Zweckheirat einen Platz ganz oben gesichert. Seine damals 18-jährige Braut Leonor hatte sich March auf der Liste der Geschäftspartner seines Vaters ausgesucht. Ihr Vater war ein inselweit bekannter Exporteur von Schweinefleisch, Mandeln, Konserven und Alkohol.
Mit 36 Jahren wurde ihm sein Dorf zu klein. 1916, in dem Jahr, als Leonors Liebhaber ermordet wurde, zog er nach Palma. Seitdem mied er seinen Geburtsort. Den Auftrag zur Ermordung des Nebenbuhlers und ehemaligen Geschäftspartners Rafael Garau sowie vier weiterer Männer konnte man ihm zwar nie nachweisen, doch das ganze Dorf wusste, dass March dahintersteckte. Er kannte keine Skrupel, seine Gier war unermesslich. Bereits mit sieben Jahren hatte March die Bücher seines Vaters gefälscht und ihm systematisch Geld gestohlen. Er erpresste oder bestach Geschäftspartner, Gegenspieler, alle, die sich ihm in den Weg stellten oder zufällig dort standen. Doch darüber sprach im Dorf niemand. Der Egoist und Zyniker hatte in Santa Margalida viele uneheliche Kinder zurückgelassen. Für die sorgte er.
Dies ist ein Auszug aus dem Text. Den ganzen Beitrag lesen Sie in mare No. 73. Abonnentinnen und Abonnenten lesen ihn auch hier im mare Archiv.
Brigitte Kramer, Jahrgang 1967, lebt seit neun Jahren auf Mallorca. Nach der Recherche zu March hat sie ihr Konto in Madrid aufgelöst und wurde Kundin der Banca March – weil die Filiale gleich um die Ecke ist.
Vita | Brigitte Kramer, Jahrgang 1967, lebt seit neun Jahren auf Mallorca. Nach der Recherche zu March hat sie ihr Konto in Madrid aufgelöst und wurde Kundin der Banca March – weil die Filiale gleich um die Ecke ist. |
---|---|
Person | Von Brigitte Kramer |
Vita | Brigitte Kramer, Jahrgang 1967, lebt seit neun Jahren auf Mallorca. Nach der Recherche zu March hat sie ihr Konto in Madrid aufgelöst und wurde Kundin der Banca March – weil die Filiale gleich um die Ecke ist. |
Person | Von Brigitte Kramer |