Das Leiden der Hochsee-Detektive

Wie uns Albatrosse im Kampf gegen illegale Fischerei helfen

Der vermutlich älteste Seevogel der Welt ist ein weiblicher Laysanalbatros mit dem schönen Namen Wisdom, meldete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ unlängst. „Wisdom ist geschätzte 66 Jahre alt – und hat gerade noch einmal ein Ei gelegt.“ Wie jedes Jahr, seit mehr als sechs Jahrzehnten, sei sie zum Brüten in das von ihr präferierte Reservat auf Hawaii zurückgekehrt. „Das letzte Ei legte sie im selben Nest, zu dem sie regelmäßig zurückkehrt, immer mit demselben Partner.“

Längst nicht alle Albatrosse werden so alt wie Wisdom. Was die Loyalität zu ihrem „Gatten“ angeht, ist die rüstige Seniorin jedoch kein Einzelfall. Albatrosse sind für eiserne Treue bekannt. Viele Paare bleiben ihr Leben lang zusammen, ohne je fremdzugehen. Und nicht nur was das Nest betrifft, sind diese Vögel verlässliche Partner. Vom Homo sapiens lassen sie sich als Detektive einspannen, das zeigen Experimente französischer Forscher.

Aufgrund ihrer Flügelspannweite von bis zu 3,5 Metern können Albatrosse, ohne sich zu überanstrengen, in großer Geschwindigkeit gewaltige Strecken zurücklegen. Für Distanzen von mehr als 20 000 Kilometern – weiter als von Berlin nach Neuseeland – brauchen manche nur wenige Wochen. Andere umrunden zwischen ihren Brutzeiten zweimal die Erde. 

Zudem haben diese Vögel sehr gute Augen und können große Objekte aus bis zu 30 Kilometer Entfernung erkennen. Fischereifahrzeuge sind für Albatrosse besonders interessant, da sich in deren Nähe meist etwas Leckeres zu futtern abgreifen lässt. Könnte man diese Tiere nicht als fliegende Helfer einsetzen, um illegale Fischerei zu bekämpfen? Das fragte sich der Ornithologe Henri Weimers­kirch vom renommierten Centre national de la recherche scientifique (CNRS).

Weit draußen auf dem Meer gibt es bisher kaum Möglichkeiten, Fangschiffe zu überwachen. In den Küsten­gewässern gelten die Regeln des jeweiligen Landes. Auf hoher See aber darf jede Nation nur diejenigen Schiffe kontrollieren, die unter ihrer Flagge fahren. Und selbst das geschieht selten. Wie sollte man die riesigen Ozeane der Welt auch effizient und finanziell tragbar nach dubiosen Fischereischiffen absuchen? „Der Einsatz von Drohnen auf offener See wäre zum Beispiel in den Südpolargebieten aufgrund extremer Wetterbedingungen sehr aufwendig und teuer“, sagt Weimerskirch. 

Im Herbst 2018 befestigten Weimerskirch und seine Kollegen auf Inseln im südlichen Indischen Ozean am Gefieder Dutzender Albatrosse winzige, 70 Gramm leichte Peilsender. Mithilfe dieser Mini­geräte konnten die Forscher die Flugwege der Seevögel per GPS verfolgen. Außerdem zeichneten sie die Radarsignale von Schiffen auf. „So konnten wir nicht nur beobachten, wann die Tiere Fischerbooten folgten, sondern auch, welche der Schiffe illegal unterwegs waren“, sagt Weimerskirch. Seit 2008 ist es für Fischereifahrzeuge nämlich Pflicht, über das sogenannte Automatic Identification System (AIS) per Funk Daten zur aktuellen Posi­tion und zum Kurs an eine internationale Über­wachungszentrale zu senden. Und als die Wissenschaftler während ihrer sechs­monatigen Studie die mit Albatroshilfe ermittelten Positionen der Schiffe mit den offiziell verfügbaren AIS-Daten der Fangschiffe in der Region verglichen, stellten sie fest, dass etwa 30 Prozent inkognito fischten – mit ausgeschaltetem AIS.

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mare No. 157

mare No. 157April / Mai 2023

Von Till Hein und Paul Nicklen

Till Hein, Jahrgang 1969, Autor in Berlin, war als Kind lange sehr klein und ärgerte sich darüber. Inzwischen weiß er, dass Größe auch Nachteile bringt. Denn ­Albatrosse sind so riesig und schwer, dass sich manche beim Landen den Hals brechen.

Der Kanadier Paul Nicklen, geboren 1968, zählt zu den führenden Tierfotografen der Welt.

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Vita

Till Hein, Jahrgang 1969, Autor in Berlin, war als Kind lange sehr klein und ärgerte sich darüber. Inzwischen weiß er, dass Größe auch Nachteile bringt. Denn ­Albatrosse sind so riesig und schwer, dass sich manche beim Landen den Hals brechen.

Der Kanadier Paul Nicklen, geboren 1968, zählt zu den führenden Tierfotografen der Welt.

Person Von Till Hein und Paul Nicklen
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Till Hein, Jahrgang 1969, Autor in Berlin, war als Kind lange sehr klein und ärgerte sich darüber. Inzwischen weiß er, dass Größe auch Nachteile bringt. Denn ­Albatrosse sind so riesig und schwer, dass sich manche beim Landen den Hals brechen.

Der Kanadier Paul Nicklen, geboren 1968, zählt zu den führenden Tierfotografen der Welt.

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