Das Gourmetschiff

Wo es das leckerste Weihnachsbüffet Schwedens gibt

Der Nachmittag ist grau. So knapp vor dem kürzesten Tag des Jahres gibt es auf der Höhe von Stockholm nur etwa vier Stunden Licht. Die „S/S Blidösund“, voll erleuchtet und mit Tannenbäumen geschmückt, macht gemächlich Fahrt. Von achtern tönt eine Schiffssirene. Käpten Niklas Schölin, ein Mittvierziger, zwängt sich an dem ü̈berdimensionierten Steuerrad und dem Maschinentelegraphen vorbei hinaus an die Reling.

„Das ist“, ruft er und spuckt ins Wasser, „so eine mit Frischzellenkur. Mit einem Diesel aufgemotzt. Außerdem soll sie links überholen, förbaskat – verdammt!“ Er tritt wieder ans Rad und dreht ein paarmal heftig nach Steuerbord, so dass der Möchtegerndampfer sein billiges Überholmanöver auf die Backbordseite verlegen muss.

„Aber sie hat doch“, sage ich beschwichtigend, „einen schönen Schornstein. Und frisch angemalt ist sie auch.“ Schölin zieht die Braue hoch. „Attrappe! Tünche!“ knurrt er. Unsere haben wir mit Sandpapier, Winkelschleifer und Sticheisen gereinigt. Bis auf die Haut. Und dann mit feinem Pinsel und Naturharz-Lack gestrichen. Wär’ denen doch viel zu viel. Die wollen nur Geld verdienen!“

Inzwischen ist die „Östanå 1“ an uns vorbeigezogen. Sie hat auch noch mal blechern gehupt: Pressluft, kein Dampf. „Schön ist sie“, sage ich beharrlich. „Diese Kurve vom Steven zur Bordwand ...“ „Das ist es ja gerade!“ unterbricht er mich. „Sie ist wunderschön! Trotzdem haben sie sie versaut ! 1965, ’66 – da war sie noch unter Dampf. Genau wie die Unsrige!“

Die Unsrige ist die „S/S Blidösund“, eine weißwandige Schönheit mit glänzenden Holzaufbauten, einem mächtigen Göschstock, an dem die schwedische Flagge flattert, und einem steilen, gelben Schornstein. Vom Bug bis zum Heck misst sie 35,28 Meter, um die schlanke Taille nur 6,83. In exklusiver Lage vor dem Königsschloss, direkt unter dem Denkmal von Gustav III., hat sie uns erwartet. Hat ohne Vorwarnung jede Menge Dampf nach Steuerbord abgelassen, bis der Dampfdruck passend war. Hat sich dann, mit rauhem Bass das Ablegen verkündend und überraschend geschmeidig auf die Glockenschläge des Maschinentelegraphen reagierend, rückwärts aus ihrem Liegeplatz manövriert und mit eleganter Drehung Fahrt aufgenommen: am Skeppsbron entlang, an den deutschen Kaufmannshäusern aus vergangenen Jahrhunderten, vorbei auch an der Museumsinsel mit der Dreimastbark „af Chapman“, einst ein Schulschiff der schwedischen Marine, jetzt schwimmende Jugendherberge.

Der Käpten nimmt ein altertümliches Mikrofon aus der Halterung und begrüßt die Gäste: „Willkommen an Bord der ,S/S Blidösund‘. Sie ist nicht irgendein Schiff, wissen Sie. Nein, sie ist das letzte richtige Dampfschiff im Schärengarten von Stockholm, das noch funktioniert, wie’s gebaut wurde: mit Kohlefeuerung. Darauf sind wir mächtig stolz!“ Wer Lust hat, zwischen zwei Gängen der Weihnachtstafel hinabzusteigen und einen Blick auf die 87 Jahre alte Dampfmaschine zu werfen, darf dem Maschinisten ruhig ein paar knifflige Fragen stellen: Der weiß auf alles eine Antwort. Von den Schären sieht man jetzt nicht mehr viel, zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt an der Blockhaus-Spitze vorbei, in den kleinen Federholmen-Archipel hinein und weiter in den Skuresund. Die Gäste an den festlich gedeckten Tischen auf dem Promenadendeck und im Damensalon lehnen sich behaglich zurück. Genau das wollten sie hören: dass sie auf einem ganz besonderen Schiff sind und eine ganz besondere Reise unternehmen.

Dafür haben sie jeweils 450 Schwedenkronen, knapp über 100 Mark, für Rundfahrt und Weihnachtstafel hingelegt, noch ehe der erste Tropfen Alkohol geflossen ist. Der wird sie noch mal zwei Hunderter mit dem Porträt des Botanikers Carl von Linné kosten, weil es ja nicht bei dem einen Tropfen bleibt. Zu einer richtigen Weihnachtstafel gehören „Julöl“, ein spezielles Weihnachtsbier, ferner mindestens eine Flasche guter Wein natürlich, eigentlich aber weißer und roter, und ein „Skåne“, ein Klarer, der dem dänischen Aquavit unbedingt vorzuziehen sei. Das meinen jedenfalls meine Gastgeber, als ich mich zu ihnen setze.

Der Tisch ist seit Monaten vorbestellt: Fensterplatz, Steuerbordseite. Wir fahren an den Ase-Göttern vorbei, den vier staatlichen Eisbrechern „Tor“, „Frej“, „Ymer“ und „Atle“. Als mächtiges schwarzgelbes Viererpack liegen sie im Fährhafen, bereit zum Auslaufen. Die „S/S Blidösund“ hätte sie zwischen den Schären, in die das Packeis kaum vordringt, nicht nötig. Sie ist mit einem Eisbrecherbug ausgerüstet und kann im Notfall bis zu dreißig Zentimeter knacken. Das hat sie von 1911 bis 1968 auch wacker getan. Dann war sie zerbeult und rostig und sollte abgewrackt werden.

Doch da gab es – ein Glück für Stockholm – den pensionierten Schärenskipper Erik Jägerborg, dessen Foto nun mahagonigerahmt im Hauptsalon hängt. Der kaufte sie frei, für „lächerliche 30.000 Fleppen“, wie sein Nachfolger Schölin es ausdrückt. Mit einem kleinen Trupp von Dampf-Enthusiasten möbelte Jägerborg die alte Dame in zweijähriger Arbeit wieder auf.

Statt des regelmäßigen Fährdienstes zwischen den Schären, den jedes beliebige Motorboot bewältigt, erfand er Musikfahrten – und eben die „Julbordskrissningar“, die Kreuzfahrten für Weihnachtsfeiern der besonderen Art, für die man „S/S Blidösund“ tischweise, salonweise oder im Stück mieten kann.

Nachdem die Getränke bestellt sind, wird zunächst der süße, nach Nelken duftende Glühwein getrunken. Feierlich prostet man sich zu, das Glas in der Höhe des dritten Hemdenknopfes, um den Anlass zu würdigen. Im Damensalon über dem Heck, wo sich früher, wie der Name sagt, nur Damen aufhalten durften und noch heute Spitzengardinen die Sicht auf den Umgang versperren, stehen sie dazu sogar auf – eine Gruppe schwarz gekleideter Herren. Betriebsausflug einer Bank? Weihnachtsfeier des Finanzministeriums?

Dann plötzlich, wie auf Kommando, erheben sich sämtliche Gäste und streben der breiten Treppe entgegen, die zum Achterschiff führt. Ältere Damen halten sich an den polierten Handläufen fest.

Niemand scheint es eilig zu haben. Aber unten auf dem Musikdeck, in dessen Mitte sich pyramidenförmig ein kaltes Büfett türmt – steuerbords Fisch, backbords Fleisch, alles Warme auf geheizten Metalltischen an der Kabinenwand – sind sie dann alle, jung oder alt, Frack oder Jeans, sehr behende im Entdecken der saftigsten Lachsfilets und der besten Heringshappen!

Keine Angst, hier kommt niemand zu kurz. Sobald der warme Lachs zur Neige geht, wird ein neuer Fisch aufgetragen, im Stück, frisch aus der Kombüse. Desgleichen die begehrten Aalhappen, die eben aus der Räucherkammer kommen, weich wie Butter.

Nichts fehlt, was zu einer schwedischen Weihnachtstafel gehört: weder der gekochte Schinken, der in einen Teig aus Senf, Ei und Brotkrümeln gehüllt ist und ein wenig an Prager Schinken erinnert, noch die „Köttbulla“, die alltäglichen Fleischbällchen, nur dass sie diesmal speziell gewürzt sind und natürlich von Hand gefertigt, wie die ungleichmäßigen Rundungen zeigen.

Nicht zu vergessen Janssons Versuchung. Dieses seltsame Gericht, eine raffinierte Mischung aus Kartoffeln, Anchovis, Zwiebeln und Sahne, an die man sich erst gewöhnen muss, geht auf den Opernsänger Pelle Janzon zurück, der ihr schon im letzten Jahrhundert nicht widerstehen konnte. Sein Rezept mit dem leicht abgewandelten Namen ist inzwischen Nationalbesitz.

Mittlerweile sind wir ziemlich weit in die Welt der Schären vorgedrungen. Schemenhaft ziehen sie vorbei. Stockholm, das Venedig des Nordens, selbst auf vierzehn Inseln erbaut, liegt an der Landseite eines Archipels von rund vierundzwanzigtausend solcher Eilande, einladend oder abweisend, bewaldet oder aus nacktem Granit. Manche ragen kaum aus dem Wasser, wie auf Beute lauernde Krokodile.

Mehr als dreieinhalb Stunden benötigen die riesigen Fährschiffe der Viking-Line, die zwischen Finnland und Schweden verkehren, um den Stockholm-Archipel in nordöstlicher Richtung zu durchqueren.

Wenn sie mit ihren zehn Stockwerke hohen Aufbauten plötzlich zwischen fichtenbestandenen Felsnasen ins offene Wasser hervorgleiten, stockt einem erst einmal der Atem. Doch dann stellt sich das Gefühl ein: Eigentlich sind sie hier unpassend.

Eigentlich gehört der Schärengarten den kleinen Postdampfern einer vergangenen Epoche, wie in Strindbergs „Am offenen Meer“: mit bärtigen Passagieren, die Strohhüte tragen und Zigarren rauchen, und mit Damen unter kleinen weißen Sonnenschirmen. Eigentlich gehört der Schärengarten Schiffen wie der „S/S Blidösund“.

„He, hörst du nicht, was ich sage? Nimm nicht soviel Lachs“, flüstert meine Begleiterin. „Nimm lieber Heringshappen. Sie sind das Beste. Mit Abstand!“ Wo sonst auf der Welt fände ich solche Sherrysaucen-und Knoblauch-Heringe? „Oder die hier, mit Fischrogen und Zwiebeln. Auch der mit Senf ist viel besser als ...“ – der Rest des Satzes verliert sich im allgemeinen Gemurmel.

Neben allen möglichen Chutneys gibt es gleich drei Sorten Senfsoßen: die aus normalem süßem schwedischem Senf, die mit den ganzen Körnern aus Schonen und die aus speziellem Blidösund-Senf, scharf und mit etwas Bier angemacht. So gut wie alle Speisen sind an Bord zubereitet, kaum zu glauben, was die Kombüse hergibt. Das Team um die Küchen- und Restaurantchefin Maria Prins ist so eingespielt, dass es jede Situation meistert. Die fünf jungen Leute, sämtlich Köche, Servierer und Barkeeper in einem – und auch beim Vertäuen und Ablegen habe ich sie Hand anlegen sehen –, sie arbeiten in den Vorweihnachtstagen rund um die Uhr.

Bis zu drei Ausfahrten täglich sind zu bewältigen, mit je sechzig Gästen: Neben den Musikfahrten im Sommer läuft im Dezember das Hauptgeschäft der Ein-Schiff-Reederei.

Beim Tod von Erik Jägerborg ging die „S/S Blidösund“ in den Besitz einer Eigner-Gesellschaft über, bestehend aus der Kernmannschaft. Doch kein Schiff, das mit Kohle befeuert wird und mit Maschinist und Heizer zwei zusätzliche Crewmitglieder ernähren muss, kann heutzutage seine Kosten selbst einfahren. Ein Unterstützerverein sorgt über Mitgliedsbeiträge und Spenden für Reparaturen und Sonderanschaffungen wie zum Beispiel das japanische GPS-Satelliten-Ortungssystem, das ständig, mit einer Abweichung von höchstens ein paar dutzend Metern, die Position des Schiffes auf die elektronischen Karten des Archipels überträgt. Je nachdem, welcher Ausschnitt angeklickt wird, ist in verschiedener Größe ein Schiffchen auf dem Bildschirm im Steuerhaus zu sehen. Auch über ein kleines Radar verfügt die „S/S Blidösund“. Das ist seit 1968, neben der Edelstahlausrüstung der Kombüse und den aufblasbaren Rettungsinseln, alles, was die Eigner an Neuerungen zuließen. Und Elektrizität. Auf die Dauer war es zu gefährlich, überall mit Spiritus zu hantieren. So wurde eine zusätzliche kleine Dampfmaschine von fünf PS installiert, die zehn Kilowatt abgibt.

Mittschiffs klettern neugierige Passagiere über eine steile eiserne Stiege hinab in den Maschinenraum. Hier herrscht, zwischen Pleuelstangen und Druckrohren oder als Schattenriss vor den glühenden Schlünden der drei Öfen, Ralf Davidsson, der Maschinist. Ein Kerl wie aus dem Bilderbuch, mit einem kahlen Schädel, über den quer eine Narbe hinweggeht, mit tätowierten Armen und einem breiten schwarzen Stützgürtel über dem olivfarbenen T-Shirt.

Früher hat er auch die Feuer mit bedient und Kohle aus dem Bunker geschaufelt. Dafür hat er jetzt, mit seinen fünfundsechzig Jahren, einen Jungen zur Seite. In den Fünfzigern, als die Schärdampfer einer nach dem andern auf Nimmerwiedersehen verschwanden oder auf Ölfeuerung oder Diesel umgetrimmt wurden, war er mal kurze Zeit auf einer Dampflok beschäftigt. Aber die Bahn stellte dann bald auf E-Loks um.

Die wundersame Auferstehung der „Blidösund“ hat ihn davor bewahrt, arbeitslos zu werden. Wie Schölin, der mit zehn Jahren zum ersten Mal den Fuß auf die Planken der Unsrigen setzte, würde auch er „niemals auf einem dieser Pseudodampfer“ fahren. Nicht freiwillig. Aber würde er nicht vielleicht irgendwann daran denken, in Pension zu gehen? Tja, irgendwann vielleicht, sagt Davidsson und grinst breit. Immer hat er einen Lappen zur Hand, mit dem er über blinkende Hebel und Gestänge fährt. Sein Heizer, der junge Mann mit einem Ring im Ohr, grient ebenfalls. Was sich Landratten so ausdenken! Als ob man einfach aufhört, ein Dampfschiff zu fahren!

Die Frage ist, wer hält die Maschine in Gang, wenn Ralf Davidsson mal nicht mehr kann? Oder auch den Antrieb des alten Eisbrechers „S:t Erik“, der jedes Jahr quer über die Ostsee zum Dampfschifftreffen nach Flensburg schippert ? Denn mit dem Nachwuchs ist es so eine Sache. Zwar melden sich Dutzende junge Leute, die das gern lernen würden. Aber es gibt keine einzige staatliche Institution mehr, die noch eine Prüfung abnähme und ein Zertifikat ausstellte. „Wir sind eben ein lebendiges Museum“, meint Ralf Davidsson. Man sieht ihm nicht an, was vorherrscht: Stolz oder Melancholie.

Der Maschinist weiß wirklich alles: dass die Unsrige mit vierzehn Tonnen polnischer oder kanadischer Kohle – „Die hat einen höheren Heizwert, verstehen Sie ?“ – gut fünfzehn Stunden unterwegs sein kann, ohne nachzubunkern. Dass es mit dem Wirkungsgrad nicht weit her ist: Nur jede zehnte Schaufel Kohle treibt die „S/S Blidösund“. Der Rest geht im Dampf, im Auf und Ab der Pleuel, im Drehen der Kurbelwelle und an allen möglichen anderen Widerständen verloren. Immerhin: Bei einem D-Zug ist es nur jede fünfundzwanzigste Schaufel, etwa. „Naja, was das angeht, ein Diesel hat auch nur dreißig Prozent Wirkungsgrad. So ruhig und problemlos wie diese alte Dampfmaschine läuft kein noch so modernes Aggregat, glauben Sie mir!“

Tatsächlich: Sowohl akustisch wie auch bei der Bewegung der Pleuel und der Schraubenwelle geht es überraschend ruhig zu. Da sind keine Gewichte oder Schwungscheiben nötig, um die Bewegung rund zu halten. Aber woher nimmt er die Ersatzteile? Nun brechen die beiden Herrscher über die Unterwelt vollends in zähnefletschendes Grinsen aus. „Das fragen sie alle !“ sagt der Maschinist. „Ehrlich gesagt, ich wüsste es selbst nicht. Wahrscheinlich müsste man sie extra schmieden. Nur: Hier ist noch niemals irgendetwas ausgewechselt worden. Wir fahren mit der Maschine von 1911!“ Ich fange an zu begreifen, was die „S/S Blidösund“ im Innersten zusammenhält – Qualität.

Unterdes wird oben frische Bücklingspastete aufgetragen und Angelhecht, der hier im Archipel den sonst üblichen „Lutfisk“ ersetzt, den in Lauge aufgeweichten Stockfisch. Unvorstellbar, wo die Leute das alles hinessen, nachdem sie schon Omeletts mit Pilzsauce und Brokkoli, angegarten Speck in Grünkohlstückchen, eine gewürzte Spinat-Fischpastete, alsdann geräucherte Lammkeule, deren hauchdünne Scheiben wie Bündner Fleisch schmecken, und als Kontrast „Pressylta“, eine Art Presskopf à la daube, genossen haben. Dazu Würzgurken und Rote Beete.

Da braucht man schon seine ein, zwei „Skåne“ zusätzlich, zur Verdauung. Auch für „Timmermans Korf“, eine ganz besondere Räucherwurst, die im Munde zu zergehen scheint. Nicht einmal in der alten Markthalle hinter dem Nationaltheater, wo es vom pochierten Wachtelei bis zum Elchfilet alles typisch Schwedische zu kaufen gibt, bekommt man sie so weich und saftig und gleichzeitig knackig wie zur Weihnachtstafel auf der „S/S Blidösund“.

Zum allerletzten Schluß gibt’s rabenschwarzen Kaffee und ebenso schwarze hausgemachte Schokoladenstückchen oder Trüffel. Mütter lassen mehr oder minder heimlich noch ein paar davon mitgehen, für den Heimweg, damit die Kinder nicht quengeln. Oder vielleicht doch für sich selbst ? In tiefster Dunkelheit erreicht „S/S Blidösund“ wieder ihr königliches Pier.

Mit eleganter Kurve und sanft macht sie fest. Heiter, satt und zufrieden schieben sich die Fahrgäste an Käpten Schölin vorbei, der in Kapitänsjacke am Bug steht und jeden einzelnen per Handschlag verabschiedet. Derweil läuft die Küche auf Hochtouren. In einer Stunde beginnt die Abendfahrt!


Janssons Versuchung

„Janssons Frestelse“,
serviert an Bord der „S/S Blidösund“

Für vier Personen sind nötig:

  • 1 Dose ganze Anchovis (ca. 450 g) oder 3 kleine Dosen Anchovis-Filets
  • 6– 8 große Kartoffeln
  • 2 große Zwiebeln
  • 2 Teelöffel Butter
  • 11/2 – 2 Messerspitzen schwarzer Pfeffer
  • 1 kleiner Teelöffel Salz
  • 1 dl (100 g) süße Sahne
  • 2–3 Teelöffel Paniermehl
  • 1 rechteckige Glas- oder Teflonform mittlerer Größe

Die Zubereitung geschieht wie folgt:

  1. Den Backofen auf 250 Grad vorheizen. Zwiebeln und Kartoffeln schälen. Die Kartoffeln in Scheiben schneiden.
  2. Die Kartoffelscheiben in feine Streifen schneiden und für eine Weile wässern, damit die Kartoffelstärke auswäscht. Dies verhindert, dass später beim Gratinieren alles unangenehm zusammenklebt.
  3. Die Zwiebeln in Stückchen schneiden. Die Anchovis säubern, d.h. Kopf und Hauptgräte entfernen und nur wenig wässern.
  4. Die erste Schicht gut abgetropfter Kartoffelstreifen plus Zwiebeln in die Form geben. Etwas Pfeffer darüber streuen und nicht zuviel Salz, denn nun kommen noch die Anchovis dazu, die ja gesalzen sind. Es folgt eine zweite Lage Kartoffeln.
  5. Nun das Paniermehl darüber streuen, die zwei Teelöffel Butter zerlassen und mit einem Backpinsel über alles verteilen.
  6. Für 30 Minuten im Ofen backen.
  7. Schließlich den Deziliter Sahne darübergeben und weitere 15 Minuten backen. Fertig ist Janssons Versuchung!

Drei Punkte sind besonders wichtig:

Die „richtige“ Versuchung sollte mit ganzen Anchovis gemacht werden, die stets würziger sind als die Anchovis-Filets. Die Kartoffelstreifen sollten sehr fein geschnitten werden – dann sind sie zur richtigen Zeit gar, ehe die Anchovis gänzlich zerkochen können. Und: Die Zwiebeln sollten in einer Pfanne leicht vorgeröstet werden. Dann schmecken sie im Gratin nicht roh, sondern rund.

Und noch ein Tipp:

Janssons Versuchung lässt sich gut vorkochen und über lange Zeit tiefkühlen. In diesem Fall tut man sie nur für die ersten 30 Minuten in den Ofen. Nach dem Auftauen muss sie dann für weitere 20 bis 25 Minuten bei 250 Grad garen. Dann erst gibt man die Sahne darüber und schiebt sie abschließend noch einmal für gute zehn Minuten in den Ofen.

mare No. 11

No. 11Dezember / Januar 1998

Von Uwe Friesel und Vincent Kohlbecher

Uwe Friesel, geboren 1939, lebt als Autor und Übersetzer in Hamburg und Stockholm. Von 1989 bis 1994 war er Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS). Derzeit gestaltet er die Entwicklung der neuen digitalen Book-on-demand-Drucktechnik mit.

Vincent Kohlbecher, geboren 1960, arbeitet seit zehn Jahren in Hamburg als freier Fotograf. Exklusiv für mare hat er zuletzt die Schauplätze aus E. Annie Proulx’ Roman Schiffsmeldungen nachfotografiert.

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Vita Uwe Friesel, geboren 1939, lebt als Autor und Übersetzer in Hamburg und Stockholm. Von 1989 bis 1994 war er Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS). Derzeit gestaltet er die Entwicklung der neuen digitalen Book-on-demand-Drucktechnik mit.

Vincent Kohlbecher, geboren 1960, arbeitet seit zehn Jahren in Hamburg als freier Fotograf. Exklusiv für mare hat er zuletzt die Schauplätze aus E. Annie Proulx’ Roman Schiffsmeldungen nachfotografiert.
Person Von Uwe Friesel und Vincent Kohlbecher
Vita Uwe Friesel, geboren 1939, lebt als Autor und Übersetzer in Hamburg und Stockholm. Von 1989 bis 1994 war er Vorsitzender des Verbands deutscher Schriftsteller (VS). Derzeit gestaltet er die Entwicklung der neuen digitalen Book-on-demand-Drucktechnik mit.

Vincent Kohlbecher, geboren 1960, arbeitet seit zehn Jahren in Hamburg als freier Fotograf. Exklusiv für mare hat er zuletzt die Schauplätze aus E. Annie Proulx’ Roman Schiffsmeldungen nachfotografiert.
Person Von Uwe Friesel und Vincent Kohlbecher