Norbert Schwontkowski ist ein junger, erfolgloser Maler, der seine Miete manchmal nicht zahlen kann und mit Kohle heizt, um Geld zu sparen, als ihm eine etablierte Amsterdamer Galerie eine Ausstellung anbietet. Als er seinem Freund und Künstlerkollegen Jub Mönster davon berichtet, reagiert der begeistert: Was für eine Chance, endlich! Aber Schwontkowski ist nachdenklich. Er habe sich die Räume der Galerie angesehen. Die seien nicht ideal. Das Licht falle irgendwie ungünstig. Es könne sein, dass er ablehne.
„Ich war fassungslos“, erinnert sich Mönster heute an den rund vier Jahrzehnte zurückliegenden Tag. „Ich hätte das damals zugesagt, ohne die Galerie je betreten zu haben, wie vermutlich alle von uns. Aber das war eben Norbert: unheimlich sensibel, wenn es um seine Arbeit ging. Und absolut kompromisslos.“
Die Wandbilder, die in Schwontkowskis Heimatstadt Bremen in den siebziger Jahren aufkommen und lukrative Aufträge versprechen – nichts für ihn. Sammelausstellungen, bei denen Arbeiten hängen sollen, die ihm nicht passen – sagt er ab. Um trotzdem einigermaßen über die Runden zu kommen, geht er Schiffe löschen im Hafen, reißt Nachtschichten ab bei Beck’s und Kellogg’s. Hauptsache, keine Abstriche bei seiner Malerei. „Norbert hat immer sein Ding gemacht“, sagt Mönster, „völlig losgelöst von irgendwelchen Moden.“ Vermutlich ist es auch diese Kompromisslosigkeit, die Norbert Schwontkowski zu einem der originellsten deutschen Maler gemacht hat; zu einem, dessen Bildsprache einzigartig ist, sofort erkennbar, merkwürdig wie wirkmächtig. Und dessen Werke jetzt, zehn Jahre nach seinem Tod, mehr und mehr zur hoch gehandelten Ware auf dem Kunstmarkt aufsteigen.
2021 wechselt sein Bild „Purple Haze“ in einer Onlineauktion für 132 500 Euro den Besitzer. Nie zuvor ist in Deutschland so viel Geld für ein Gemälde in einer Onlineversteigerung geflossen. Es ist ein typischer Schwontkowski: schemenhafte Figuren vor einem atmosphärischen, flächigen Hintergrund, der erdig ist und leuchtend zugleich. Ein Werk von melancholischer Romantik, angesiedelt irgendwo im nebelverhangenen Grenzland zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion.
Auch dass „Purple Haze“ ein grün-braunes nächtliches Gewässer zeigt, über das zwei Gestalten ein längliches Boot steuern und in dem sich ein hellroter, fast pinkfarbener Mond spiegelt, ist typisch Schwontkowski. Immer wieder malt der Bremer Wasser. Wie kaum ein anderes Motiv eignet es sich für seine scheinbar endlosen Hintergründe, auf die er seine einsamen Figuren platziert, für das Traumhafte, das seinen Bildern innewohnt, auch für die ziellose Sehnsucht, die Schwontkowski sein Leben lang begleitet.
Als Kind schwimmt er mit seinen Geschwistern in der Weser, sieht die Containerschiffe, nimmt, ein frühes, kleines Abenteuer, die Fähre nach Bremerhaven. „Ich bin am Wasser groß geworden, am Unterlauf der Weser, in Blumenthal“, schreibt er einmal. „Mein erster Spitzname war Moses, wie der jüngste Mann an Bord, und das Erste, was ich lesen konnte, war ,Panama‘ auf einer großen schwarzen Eisenwand. Ich glaube, in dieser starken, bilderreichen Kindheit und in dem unreflektierten Gefühl einer immerwährenden Sehnsucht liegt der Grund, warum ich immer wieder maritime Themen angehe.“
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Mit Norbert Schwontkowskis Weggefährten Jub Mönster ging Autor Johannes Teschner zu einigen der Hafenkneipen, die die beiden Künstler früher zusammen frequentierten. Ein Laden hieß „Anaconda“, ein anderer (mittlerweile geschlossener) „Krokodil“. „Da mussten wir natürlich unbedingt rein“, erklärte Mönster.
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Vita | Mit Norbert Schwontkowskis Weggefährten Jub Mönster ging Autor Johannes Teschner zu einigen der Hafenkneipen, die die beiden Künstler früher zusammen frequentierten. Ein Laden hieß „Anaconda“, ein anderer (mittlerweile geschlossener) „Krokodil“. „Da mussten wir natürlich unbedingt rein“, erklärte Mönster. |
Person | Von Johannes Teschner |
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Vita | Mit Norbert Schwontkowskis Weggefährten Jub Mönster ging Autor Johannes Teschner zu einigen der Hafenkneipen, die die beiden Künstler früher zusammen frequentierten. Ein Laden hieß „Anaconda“, ein anderer (mittlerweile geschlossener) „Krokodil“. „Da mussten wir natürlich unbedingt rein“, erklärte Mönster. |
Person | Von Johannes Teschner |