Bunny’s Beach Girls

In den 1950er und 1960er Jahren prägte ausgerechnet eine Frau die Pin-up-Fotografie in den USA. Bunny Yeagers Strandakte sind Ikonen der erotischen Fotografie. Sie war zuvor selbst ein Fotomodell

Das Cabrio rauscht über den Highway nach Süden, hinaus aus dem stillen Miami, in Richtung Strand. Das erste Sonnenlicht schiebt sich über den Horizont. Es ist sieben Uhr morgens, im Sommer 1954. Key Biscayne, Mangobäumchen auf der einen Seite, das Meer in kleinen Buchten auf der anderen. Die große Blonde parkt das Cabrio. Am Strand setzt sie erst die schwere Mittelformatkamera aufs Stativ, um dann doch zu der handlicheren Rolleiflex zu wechseln, anschließend legt sie einen Film ein.

Das weiche Licht des beginnenden Tages und die sanft plätschernden Wellen sind der Fotografin vertraut aus den Tagen, als sie selbst noch vor der Kamera stand. Ihre Begleiterin, mit keckem Blick und rabenschwarzem Pony, zieht einen Bikini aus ihrer großen Picknicktasche und zieht sich um. Zwei Stunden lang fotografieren die beiden Frauen: Pin-up-Posen für Kalenderblätter in selbst genähten Kreationen, Nacktaufnahmen mit spöttischem Lächeln vor der Weite des Himmels über dem Atlantischen Ozean. Mehr Zeit haben sie nicht. Die 24-jährige Fotografin kann das Modell, eine gewisse Bettie Page aus New York City, nicht länger bezahlen.

Ein paar Wochen zuvor hatten sie schon einmal miteinander gearbeitet. Im neu eröffneten Safaripark auf der anderen Seite von Miami entstand eine Serie mit Bettie im Leopardenbikini zwischen zwei zahmen Geparden. Diese Pose hatte sie wenige Wochen zuvor mit ihrer Modellfreundin Maria Stinger, einer platinblonden Schönheit, ausprobiert und erfolgreich an eine Zeitschrift verkauft.

Noch bevor die Safariparkbilder veröffentlicht sind, erfährt ein Modefotograf, dass Yeager in Abendkursen fotografieren lernt. Seine Reportage über die fotografierende Schönheitskönigin von 1949 hat unerwartete Folgen. Im Sommer 1953 kürt die Zeitschrift „U.S. Camera“ Yeager zur „hübschesten Fotografin der Welt“. Auf dem Titel: die schlaksige Fotografin im selbst genähten Bikini.

Entschlossen wechselt Yeager die Seite, ein Jahr später ist sie landesweit bekannt. Die Fotos mit Bettie Page werden in einem frisch gegründeten Männermagazin namens „Playboy“ veröffentlicht. Chefredakteur Hugh Hefner zahlt 100 Dollar an die junge Fotografin aus Florida, die sich das Fotografieren neben ihrer Arbeit als Katalogmodell vorwiegend selbst beigebracht hat. „Ich habe versucht, alle Fotografen zu kopieren, für die ich als Modell gearbeitet habe, und mir dabei die guten Sachen gemerkt und die schlechten weggelassen“, erinnert sich Yeager, die nur einmal einer Fotografin Modell stand. „Ich bewunderte sie und habe aufmerksam beobachtet, wie sie arbeitet.“ Wie Harriett Shepard, die mit großen Balgenkameras acht mal zehn Zoll große Negative belichtet, benutzt auch Yeager nie Kleinbildkameras. Kleinbild stand im Ruf, amateurhaft zu sein.

Frauen, die Frauen in Pin-up-Posen fotografieren, gibt es in den 1950er Jahren außer Bunny Yeager nicht. Als Pionierin in einer Männerdomäne findet sie am Strand alles, was sie braucht: das richtige Licht, die Erotik des Wassers und Modelle, die ihr vertrauen. Ein Erfolgsrezept. „Der Grund, warum die meisten Modelle gerne mit Fotografinnen arbeiteten“, so Yeager, „ist, dass sie sich vor irgendwelchen sexuellen Avancen eines männlichen Fotografen sicher fühlten.“

Es wurde viel gelacht, als die Männerfantasien für Werkstattspinde und Wandkalender entstanden. Bettie Page war es egal, für wen sie Modell stand, sagt Yeager. Sie mochte es einfach, vor der Kamera zu posieren. „Ich habe nackt gerne für Bunny Modell gestanden, weil sie eine Frau war“, sagt Page. Später, nachdem sie mit dem Fotografen Irving Klaw gefesselt die ersten Bondagebilder macht, die andere, handgreiflichere Fantasien bedienen, sagt Page über die Fotosessions mit Yeager am Strand: „Es hat mir Spaß gemacht. Das einzige Problem früh am Morgen waren die Krabben überall am Strand.“


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mare No. 84

No. 84Februar / März 2011

Von Stefan Gerhard

Stefan Gerhard, Jahrgang 1965, ist Chefredakteur der Zeitschrift Bootshandel. Erst neulich hat er sich einen Originalprint von Bunny Yeager gekauft, eines ihrer Lieblingsbilder von Diane Webber. Ob es der Beginn einer Sammlung wird, ist noch ungeklärt.

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Vita Stefan Gerhard, Jahrgang 1965, ist Chefredakteur der Zeitschrift Bootshandel. Erst neulich hat er sich einen Originalprint von Bunny Yeager gekauft, eines ihrer Lieblingsbilder von Diane Webber. Ob es der Beginn einer Sammlung wird, ist noch ungeklärt.
Person Von Stefan Gerhard
Vita Stefan Gerhard, Jahrgang 1965, ist Chefredakteur der Zeitschrift Bootshandel. Erst neulich hat er sich einen Originalprint von Bunny Yeager gekauft, eines ihrer Lieblingsbilder von Diane Webber. Ob es der Beginn einer Sammlung wird, ist noch ungeklärt.
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