Architektur des Untergangs

Das Böse agiert in James-Bond-Filmen bevorzugt in submarinen Machträumen. Ihr Schöpfer war der Filmarchitekt Ken Adam

Ohne ihn wären die fantastisch diabolischen Bond-Schurken Dr. No, Ernst Stavro Blofeld, Karl Stromberg oder Auric Goldfinger wohl nur lächerliche Psychopathen. Doch Ken Adam hauchte ihnen mit seinen genial-größenwahnsinnigen Filmkulissen den unverwechselbaren Geist furchteinflößender Megabösewichte ein. Die Strategie des legendären Filmarchitekten: Macht durch Raum. Diese Machträume, gigantische, architektonische Meisterkreationen, vollgestopft mit tödlicher Technik, entpuppen sich als die wahren Gegenspieler des britischen Geheimagenten. Nicht die Verbrechersyndikate sind Bonds Feinde, viel mehr kämpft er gegen die übermächtige Architektur. Das ist eine These der Innenarchitektin und Kunstwissenschaftlerin Petra Kissling-Koch in ihrer Dissertation über „Macht(t)räume. Ken Adam und James-Bond-Filme“, für die sie den Ulrich-Weidner-Preis für Kunstgeschichte erhielt.

Es ist ein Gedankenfaden, der sich wunderbar weiterspinnen lässt – „007“ als moderner David gegen Goliath, Mensch gegen Material. Genüsslich überschreitet Adam, selbst studierter Architekt, jede Grenze, die sich ihm bei der Inszenierung dieses Kampfes in den Weg stellt. Sieben Filme, „007 jagt Dr. No“, „Goldfinger“, „Feuerball“, „Diamantenfieber“, „Man lebt nur zweimal“, „Der Spion, der mich liebte“ und „Moonraker“, machte er damit zu Ikonen der Popkultur. „Realität langweilt mich“, sagte der gebürtige Berliner mit jüdischen Wurzeln, der eigentlich Klaus Hugo Adam heißt. Also erschafft er Schaltzentralen des Bösen, die mit alltäglicher Architektur nur wenig zu tun haben. Künstliche Meeresinseln, unterseeische Bunker, überdimensionierte Räume – der Fundus seiner Fantasie scheint grenzenlos.

Vor allem das Element Wasser baut Adam in seine Schöpfungen immer wieder ein. Lästige Eindringlinge werden in tödlichen Haifischbecken entsorgt oder finden in Piranha-Pools ihr nasses Grab. Unvergesslich ist die monströse, spinnenartige Ozeanresidenz „Atlantis“ von Bösewicht Stromberg alias Curd Jürgens in „Der Spion, der mich liebte“, deren Bullaugen den Blick in eine fremde Unterwasserwelt freigeben. Ken Adam will Meer. Er inszeniert damit auch die angenehmen Seiten eines Agentenlebens: Bei der Jagd auf Dr. No trifft „007“ am malerischen Strand auf die muschelsammelnde Schönheit Honey Ryder. Und in „Diamantenfieber“ darf sich Bond mit Gespielin Tiffany Case auf einem Aquarium in Gestalt eines Plexiglasbetts räkeln.

Adam zeigt das ozeanische Element in janusköpfiger Gestalt. Wasser steht einerseits für eine friedfertige Natur, andererseits hat es auch immer etwas Heimtückisches, Gefährliches. Die Natur wird von den Bösewichten instrumentalisiert. Sie verbirgt die auf Zerstörung gerichteten Zentren der Macht, schützt sie vor Entdeckung. Besonders originell inszeniert Adam diese tückische Tarnung in „Man lebt nur zweimal“: Eine friedliche Lagune in einem meerischen Vulkankrater entpuppt sich als Höllenschlund aus Fiberglas – Blofelds geheimer Weltraumbahnhof mit Helikopterlandeplatz, Raketenabschussrampe und unterirdischen Labyrinthen. Der Vulkan gehört zu Adams Lieblingsentwürfen und wurde zu einem der teuersten Filmsets überhaupt. Die 40 Meter hohe Konstruktion mit einem Durchmesser von 135 Metern bestand aus 700 Tonnen Stahl. Die meisten seiner Sets hat Adam auch tatsächlich bauen lassen.


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mare No. 86

No. 86Juni / Juli 2011

Von Sabine Wygas

Sabine Wygas studierte Politikwissenschaften, Amerikanistik und Italienisch in Bonn und ist ausgebildete Tageszeitungsredakteurin. Sie arbeitet als freie Journalistin in Bonn und schreibt für Print- und Onlinemedien. Seit sie ihren ersten Bond-Film sah, verliebte sie sich nicht in Sean Connery, sondern in die atemberaubenden Filmkulissen. Diese Leidenschaft setzt sich fort in ihrer Vorliebe für Design und Architektur der 1960er und 1970er Jahre.

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Vita Sabine Wygas studierte Politikwissenschaften, Amerikanistik und Italienisch in Bonn und ist ausgebildete Tageszeitungsredakteurin. Sie arbeitet als freie Journalistin in Bonn und schreibt für Print- und Onlinemedien. Seit sie ihren ersten Bond-Film sah, verliebte sie sich nicht in Sean Connery, sondern in die atemberaubenden Filmkulissen. Diese Leidenschaft setzt sich fort in ihrer Vorliebe für Design und Architektur der 1960er und 1970er Jahre.
Person Von Sabine Wygas
Vita Sabine Wygas studierte Politikwissenschaften, Amerikanistik und Italienisch in Bonn und ist ausgebildete Tageszeitungsredakteurin. Sie arbeitet als freie Journalistin in Bonn und schreibt für Print- und Onlinemedien. Seit sie ihren ersten Bond-Film sah, verliebte sie sich nicht in Sean Connery, sondern in die atemberaubenden Filmkulissen. Diese Leidenschaft setzt sich fort in ihrer Vorliebe für Design und Architektur der 1960er und 1970er Jahre.
Person Von Sabine Wygas