Ade, Seestern

Ein vertrauter Anblick, der wohl bald ein Ende hat: Muscheln und Meerestiere als Souvenirs in deutschen Strandläden

Für den norddeutschen Großhändler sind die lukrativen Zeiten vorbei. Seit 30 Jahren importiert der Mann Muscheln, früher auch Korallen, getrocknete Seesterne und Seepferdchen, und verkauft sie als Souvenirs an die Strandbuden an der deutschen Nord- und Ostseeküste. Früher kam seine Ware aus verschiedenen Ländern in Afrika und Asien. Heute kauft er nur noch auf den Philippinen ein. In Afrika sei der Markt längst eingebrochen, erzählt der Händler.

Auch für ihn selbst werde die Lage immer schwieriger. Vor fünf Jahren habe er 50 Sorten im Sortiment gehabt, heute seien es gerade noch 15. Um 90 Prozent sei sein Umsatz mit den Meeressouvenirs in diesem Zeitraum zurückgegangen. „Ich glaube, die Leute sind einfach umweltbewusster geworden.“ Er hat wenig Lust auf Auseinandersetzungen mit Kritikern, die das Geschäft für Umweltzerstörung halten, und möchte seinen Namen daher nicht öffentlich machen. Auch wenn er selbst sagt: „Jede Muschel in meinem Sortiment wurde gefischt, weil es Menschen gibt, die ihr Fleisch als Nahrung brauchen. Ich verkaufe nur die Schale, die ohnehin übrig bleibt.“

Für die Souvenirs, die den deutschen Markt erreichen, beginnt die Handelskette heute in der Regel auf den Philippinen. In der Hauptstadt Manila lebt der Meeresforscher Edgardo Gomez. Der emeritierte Professor an der University of the Philippines beobachtet diesen Wirtschaftszweig seit Langem. „Früher haben die Menschen hier vom Fischfang gelebt. Aber sie haben nicht mit Bedacht gearbeitet. Viele Arten wurden überfischt, andere verschwanden ganz. Im Lauf der Jahre haben sie deshalb immer mehr Muscheln fangen müssen und ihr Fleisch gegessen.“

Die Schalen der Muscheln warfen die Menschen weg. Mannshohe Berge türm­ten sich häufig hinter den Restaurants. Was für die Einheimischen Abfall war, zog viele Touristen an. Sie liebten die schillernden Farben und ausgefallenen Formen unterschiedlicher Muschelarten wie etwa der Riesenmuschel und sammelten aus den Abfallhaufen die schönsten Exemplare heraus.

Die Einheimischen begannen daraus ein Geschäft zu machen. Sie sortierten die Muscheln, boten größere teurer an als kleinere. Sie verkauften Muschelketten, Muscheldöschen und Muschelbilder. Dann kamen Seesterne, Korallen und See­pferdchen dazu. Seesterne werden heute in Deutschland kaum noch verkauft, weil sie getrocknet einen unangenehmen Geruch verströmen. Seepferdchen und viele Korallenarten dürfen nur noch in sehr begrenzten Mengen und in der Regel nur mit einem artenschutzrechtlichen Zertifikat eingeführt werden.

Ihre Ware verkauften die Fischer zunächst an Touristen, die auf die Philippinen kamen. Dann etablierten sich Handelswege, die vor allem nach Europa und in die USA führten. Deren Strukturen sind bis heute gleich geblieben, weiß Gomez. Die Fischer fangen die Muscheln und verkaufen sie an philippinische Zwischenhändler. Diese arbeiten wiederum mit mehreren Fischern zusammen.

Am Ende ihrer Einkaufstour, die sie über mehrere philippinische Inseln führt, liegen Tonnen von Muscheln in ihren ­Hallen. Die werden in Container verfrachtet und beispielsweise an den norddeutschen Großhändler geschickt. Der ist früher selbst auf die Philippinen geflogen, um die Ware auszusuchen. Doch das, erzählt er, lohne sich schon lange nicht mehr.

Insgesamt werden heute nach Informationen des philippinischen Bureau of Fisheries and Aquatic Resources rund 30 Tonnen Schalentiere täglich exportiert, hauptsächlich nach Europa und in die USA. Der Gesamtjahresumsatz der Branche soll auf den Philippinen 2014 rund 30 Millionen Euro betragen haben.

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mare No. 118

No. 118Oktober / November 2016

Von Catalina Schröder und Jürgen Freund

Als Kind hat Catalina Schröder, Jahrgang 1985, Autorin in Hamburg, ihr Zimmer mit Muscheln geschmückt, die sie an der Nordsee gesammelt hat. Sie fristen nun wohl ein Dasein im dunklen Keller.

Jürgen Freund, geboren 1959 in Dortmund, lebt als Naturfotograf im australischen Cairns.

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Vita Als Kind hat Catalina Schröder, Jahrgang 1985, Autorin in Hamburg, ihr Zimmer mit Muscheln geschmückt, die sie an der Nordsee gesammelt hat. Sie fristen nun wohl ein Dasein im dunklen Keller.

Jürgen Freund, geboren 1959 in Dortmund, lebt als Naturfotograf im australischen Cairns.
Person Von Catalina Schröder und Jürgen Freund
Vita Als Kind hat Catalina Schröder, Jahrgang 1985, Autorin in Hamburg, ihr Zimmer mit Muscheln geschmückt, die sie an der Nordsee gesammelt hat. Sie fristen nun wohl ein Dasein im dunklen Keller.

Jürgen Freund, geboren 1959 in Dortmund, lebt als Naturfotograf im australischen Cairns.
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