25°04' Süd, 130°06' West - Folge 5

Vermisst auf Pitcairn: Ina, Passagier der „Eye of the Wind“, die hier zu Besuch vor Anker liegt, war zum Fünfuhrtee nicht nach Hause gekommen, und ab sechs Uhr begannen sich Inas Gastgeber Sorgen zu machen. Über Inseltelefon versuchten sie bei allen anderen herauszufinden, wann Ina wo war. Zuletzt gesehen wurde sie, als sie auf Nigs Weg hoch zur Schule ging. Das deutete darauf hin, dass sie vielleicht zur Höhle „Christians Cave“ hochgeklettert war. Die ist schließlich ein beliebtes Ziel für alle Besucher, weil von dort, hoch oben, Tom Christians Urururgroßvater, der Meutererchef Fletcher Christian, einst nach Schiffen Ausschau hielt. Trotz Dunkelheit schafften wir es (aus allen möglichen Häusern Adamstowns kamen plötzlich noch Leute auf ihren Vierradbuggies zur Unterstützung angeknattert) noch ohne Seil zur Höhle hinauf — und fanden Ina tatsächlich. Sie war dort vom Regen überrascht worden, traute sich dann in der Dunkelheit nicht mehr allein herab und machte es sich schließlich in der Höhle so bequem wie es eben geht.

Pitcairn gibt wieder Sondermünzen heraus. Aus der Reihe „Queen Mother“ sind jetzt im Handel: 75-Pitcairn-Dollar in Gold, 5-Pitcairn-Dollar in Silber und 1-Pitcairn-Dollar in Kupfer.

Ufos über Pitcairn. Nein, keine richtigen, aber immerhin zwei unidentifizierbare Flugzeuge. An einem sonnigen Morgen drehten sie unversehens ihre Runden über unserer Insel. Ungefähr zehn Minuten lang, bevor sie wieder wegflogen. Flugzeuge sehen wir ja nun wirklich selten, und wir haben uns ziemlich gewundert, dass jemand soviel Sprit verbraucht für die weite Reise, ohne die geringste Chance, hier zu landen. Alle Versuche, sie von unserer Kurzwellenstation oben auf dem Hügel anzufunken, schlugen fehl. Sie hatten offenbar eine andere Frequenz als die vorbeifahrenden Schiffe, mit deren Besatzungen wir uns ab und zu unterhalten. Es dauerte lange, bis wir heraus hatten, woher die Flugzeuge kamen (Steve Christian hat mal ein wenig durch die Inselwelt gefunkt): Zwei Amerikaner, die in kleinen selbstgebauten Maschinen im Pazifik unterwegs waren, hörten auf Norfolk Island von uns und wollten Pitcairn mal sehen. Toll gemacht, Jungs, für zehn Minuten haben wir uns etwas weniger allein gefühlt. Wenn ihr das nächste Mal vorbeischaut, haben wir hoffentlich eine Landepiste für euch.

Der Fischerei-Report von Miss Catfish für den vergangenen Monat ergab folgenden Fischfang: von der Felsküste geangelt: 198, vom Boot: 1037, Haie: 4, Barakuda: 4.

Pistolenschüsse auf Pitcairn: Hatten also doch die englischen Zeitungen recht, die kürzlich behaupteten, Gewaltkriminalität herrsche auf unserer Insel? Alles ganz anders: 20 Männer und Frauen (auch Inselpolizistin Meralda) kämpften um den Titel Pitcairn-Meister im Kleinkaliber. Sieger: Bürgermeister Jay Warren. Die Straßen von Adamstown dürften wieder sicher sein: Keiner wird einen Shoot-out mit Dead-eye-Jay wagen.

Die Verwaltung gibt bekannt: Die Dauer, während der sich Pitcairner, die Sozialhilfe erhalten, außer Landes aufhalten dürfen, ohne dass sie ihre Ansprüche verlieren, wird von einem Jahr auf sechs Monate verkürzt. Dies gilt auch für die Witwenrente und das Kindergeld.

mare No. 5

No. 5Dezember / Januar 1997

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
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