25°04' Süd, 130°06' West - Folge 38

Tom Christian, inzwischen pensionierter Inselfunker, ist von all seinen Landsleuten am meisten herumgekommen auf der Welt. Doch ein Ort fehlte dem 66-Jährigen noch: Ducie, die äußerste der drei anderen noch zu der Gruppe gehörenden unbewohnten Inseln. Kan Mizoguchi, ein japanischer Funkamateur, war nun mit einem Landsmann und drei Amerikanern nach Pitcairn gereist, um von Ducie aus amateurfunkmäßig Neuland zu betreten und daselbst auch gleich einen neuen Funkrekord aufzustellen. Da Ducie 470 Kilometer von der Hauptinsel entfernt ist, gilt das kleine Atoll unter Kans Funkkollegen als eigenständiger, vom bestens angefunkten Pitcairn unabhängiger Ort. Schon im Vorjahr war Kan da, hatte für sich, seine Ausrüstung und die Kollegen ein Schiff für 70000 Dollar gemietet (Amateur heißt auf Englisch ja auch: „enthusiast“), musste aber wegen schlechten Wetters ungefunkt wieder abdampfen. Nun klappte es, und so kamen auch Tom und vier andere Pitcairner mal nach Ducie. Hohe Kurzwellenmasten wurden errichtet, große Zelte sowie kleine Plumpsklos aus Holzkisten installiert – und innerhalb von drei Tagen 52000 Funkkontakte rund um die Welt bewältigt. Meralda kommunizierte sogar noch im Morsecode. Bis ein furchtbares Unwetter kam, die Masten wieder umlegte und manches Gerät unbrauchbar machte. Doch alles ging gut, und auf dem Rückweg konnte man sogar noch Henderson anlaufen – jene Insel, von der die Pitcairner das Taroholz für ihre Schnitzkünste holen – und natürlich von dort ebenfalls noch mal eben ein paar hundert Menschen irgendwo zwischen Hamburg und Haiti anfunken.

Fahrzeugtuning auf Pitcairn. Steve Christian hat sich auf seinen Vierradbuggy ein Gestänge montiert, um seinen Auspuff höherzulegen, und gleich noch ein Dach mit „Windschutzfolie“ daraufgesetzt. Bürgermeister eben. Als während der letzten Gemeinderatssitzung ein Wolkenbruch einsetzte, rannten alle hinaus, um ihre Taschen und Kleider von ihren Buggies zu holen. Nicht so Steve, der derweil allein Dorfpolitik erledigen konnte. Nach ihrer Rückkehr aber machten sie ihn darauf aufmerksam, dass er keinen Scheibenwischer montiert habe, doch Steve meinte nur lapidar: „Ich habe doch Olive“ (seine Frau). Deren Reaktion, eine glatte Majestätsbeleidigung, machte ihn da allerdings etwas unsicher.

Die Ankündigung, dass die Star-Line ihre regelmäßigen Pitcairn-Versorgungsfahrten stark reduzieren, wenn nicht völlig einstellen werde, bringt Verkehrsumleitungen im Pazifik mit sich. Nicht mehr in Neuseeland, wie bisher üblich, ging diesmal das auswärtige Lehrerehepaar – das jährlich ausgewechselt wird – an Bord, sondern in Papeete auf Tahiti. Das französische Kriegsschiff „Revi“ war es, das Allen und Jude Cox dieses Mal bis vor die Küste von Pitcairn brachte. Die Cox sind übrigens keine Unbekannten. Schon zwei Mal standen sie in der kleinen Dorfschule von Adamstown den Kindern zu Diensten.

Die „Bounty“ ist unterwegs nach Pitcairn, wenn auch nur der Nachbau, der 1978 in dem Film „Meuterei auf der Bounty“ mit Mel Gibson und Anthony Hopkins in Szene gesetzt wurde – jener Streifen, der vor allem eine Nachstellung des Prozesses gegen Kapitän Bligh war (ganz richtig, auch diesen Prozess gab es 1790, wobei der gute Käpt’n natürlich freigesprochen wurde). Der Dreimaster wurde allerdings in Sydney aufgehalten, weil seine Zulassung für Hochseefahrten nicht in Ordnung war.

Pitcairner kennen ihre Gewässer bestens. Nun sollen sie auch die Namen all dessen erfahren, was dort lebt und wächst. Eine Expedition von Meeresbiologen aus England ist aufgebrochen, um Meeresflora und -fauna unter die Lupe nehmen.

mare No. 38

No. 38Juni / Juli 2003

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
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