25°04' Süd, 130°06' West - Folge 29

Achtung: Die Einfuhr von Bienen, gebrauchter Imkerausrüstung und Honig nach Pitcairn ist strengstens untersagt. Das bekommt jeder, der auf die Insel fahren will, seit drei Jahren doppelt und dreifach mitgeteilt. Die Insulaner sind hoffnungsvoll in die Imkerei eingestiegen, haben schon manches Glas Honig nach Neuseeland verkauft und wollen ihre Einnahmequelle nicht durch Bienenseuchen oder fremde Arten gefährden. Und nun das: Die „Queensland Star“, das Versorgungsschiff auf dem Weg von Ecuador nach Neuseeland, meldete zweieinhalb Stunden vor Ankunft über Radio: Killerbienen an Bord! Ein ganzer Schwarm! Jeder weiß, wie gefährlich die Spezies aus Südamerika ist, wo sie offenbar das Schiff geentert hatte. Sollte man also ohne Halt durchfahren? Ging nicht, weil der stellvertretende Gouverneur Pitcairns in seine Heimat Neuseeland zurückwollte. Und so ankerte der Dampfer diesmal nicht wie sonst eine Meile, sondern zehn Meilen weit vor der Küste. Und: Im Longboat nahten von der Insel die drei Terminatoren Michael, Jay und Dave, die dem Ungeziefer mit der chemischen Keule den Garaus machten. Sicherheitshalber ließen sie auch noch ihre Kleider an Bord. Spätere Meldung aus Neuseeland: Nur noch tote Bienen vorgefunden!

Charlene und Vaine sind zurück aus Neuseeland. Und nicht nur sie. Mit dabei ihr frisch geborener Sohn Kimiora Hugh Christian Warren Peu, wenige Wochen alt. Große Freude auf der Insel über Nachwuchs, was ja leider sehr selten vorkommt.

Alle Jahre wieder Bounty Day. Drei Meter lang war das Modell des Schiffes diesmal, wie stets etwas grob gefertigt. Traditionell wird es am Bootsanleger zu Wasser gelassen und in Brand gesetzt, wie es mit dem Original 211 Jahre zuvor geschah. Doch als Dave und Pawl ins Wasser steigen wollten, um es mit der Fackel anzuzünden, kam der Alarmruf: Haie kommen um die Betonpier ins kleine Hafenbecken geschwommen! Doch Dave erschütterte das nicht, er verspritzte einfach ein bisschen von dem Feuerbenzin in die Umgebung, und tatsächlich: Die Bestien verzogen sich. Die „Bounty“-Replikat brannte lichterloh. Danach: Barbecue.

Abschied von Neville und Rhonda. Alle zwei Jahre kommt aus Australien ein neues Pastor-Krankenschwester-Ehepaar. Rhonda hatte in ihrer Zeit vor allem mit den älteren Pitcairnern zu tun, die sie mit einem rührenden Fest verabschiedeten.

Ab und zu kommen kleine Yachten vorbei, aber selten war darunter so ein kleines Schiff wie diesmal. Jennifer, eine Einhandseglerin, wollte ein paar Tage nach den vielen tausend Meilen auf der Insel ausspannen. Ihre Reisebegleitung: ein riesiger Hund (die Rasse ist nicht überliefert). Beide freuten sich schon, an Land zu gehen, als jemand Jennifer klar machen musste, dass Hunde auf Grund von Quarantänebestimmungen nicht geduldet sind. Der Hund musste also draußen bleiben – und Jennifer jeden Tag nach ihm sehen. Einmal, große Aufregung, hatte sich sogar die Ankerkette gelöst, und das Boot driftete führungs-, aber nicht hundelos über die Pazifikwellen; es konnte wieder eingefangen werden. Gott sei Dank schaute ein paar Tage später der Dreimaster „Picton Castle“ ebenfalls zu Besuch vorbei, so dass der Vierbeiner wenigstens etwas mehr Auslauf bekam.

Der Fang des Tages: Als Brenda und Pawl in ihrem kleinen Boot vom Fischzug zurückkamen, trauten die Pitcairner ihren Augen nicht. Ein gewaltiger Gelbflossentunfisch lag an Bord – normalerweise ein Tiefseefisch, der nur mit tief hängenden Netzen gefangen wird. Aber Brenda, fanatische Anglerin, hat ihn mit eigener Hand hochgezogen. Die tiefroten Spuren der Nylonleine um ihre Fußknöchel, mit denen sie den Fang sicherte, waren der schmerzhafte Beweis.

mare No. 29

No. 29Dezember 2001 / Januar 2002

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke
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