25°04' Süd, 130°06' West - Folge 23

Tom Christian ging in Rente – pünktlich: Am 1. November wurde er 65 Jahre alt. Tom ist der im Ausland bekannteste Pitcairner, war er es doch, der als Chef der Kurzwellenstation die meisten Kontakte in alle Welt hielt. Doch der Dienst im Sender auf „Taro Ground“, einer kleinen Hochebene, bleibt in der Familie. Betty, seine Frau und Stellvertreterin, ist erst 57 und muss noch ein paar Jahre funken. Und Tom ist auch im Ruhestand nicht „aus der Welt“. Er hat, wie andere Pitcairner auch, in seinem Haus noch eine private Station.

Pitcairn gehört überhaupt zu den beliebtesten Funkadressen in aller Welt. Das brachte Jukka, einen einigermaßen verrückten Amateurfunker, auf eine Idee. Er kam auf die Insel, um alle Kurzwellen-Rekorde zu brechen: Innerhalb kürzester Zeit wollte er so viele Funkkontakte rund um den Globus herstellen wie kein Mensch je zuvor. Von Januar bis April baute er mit insgesamt rund 56000 Besitzern privater Kurzwellen-Sender eine Verbindung auf, manchmal sogar fünf in einer Minute. Jukka hatte die exakt eingeteilten Termine zuvor in einem Schneeballsystem weltweit organisiert. Als es losging, standen die Funkamateure Schlange: Sie konnten in Jukkas Computer, den er mit seiner Anlage verknüpft hatte, schon ihre Frequenz einloggen, auch wenn er noch mit anderen sprach. Ein ganz persönliches Ziel hatte Jukka nur knapp verfehlt: 1000 Kontakte in einer einzigen Zehnstunden-Schicht. Im April reiste Jukka wieder ab. Irgendwann will er noch einmal zu Besuch kommen, um auch mit den Pitcairnern zu reden und sich die Insel ein wenig anzuschauen.

Zweimal rund um die Insel – das bot der Kapitän des Kreuzfahrtschiffes „Deutschland“ seinen Passagieren als Entschädigung dafür, dass sie nicht wie geplant an Land gehen konnten. Die See war zu rauh, der Wind zu stark. Die Pitcairner, die bei einem Kreuzfahrtschiff immer das große Geschäft mit ihren Trockenfrüchten und Schnitzereien wittern, hatten selbst Schwierigkeiten, an Bord zu kommen. Einmal herausgefahren, konnten sie wegen des Sturmes weder längsseits gehen noch die schwierige Passage zurück durch die Brandung in ihren kleinen Hafen nehmen. Sie mussten auf ihrem Boot einen Tag lang auf der Leeseite der Insel warten, bevor sie doch noch zur „Deutschland“ zurückkehren konnten. Mit an Bord der Kreuzfahrer: Sven Wahlroos, Autor des jüngsten Buches über die Vorfahren der Pitcairner, „Mutiny and Romance in the South Seas“. Insgesamt waren 270 Passagiere auf dem Schiff. Eigentlich hätten es 100 mehr sein sollen. Doch sie waren auf dem Flug zum Reiseantritt in New York mit der Concorde tödlich verunglückt.

Der Kran am Kai, nicht oft benutzt und schon arg in den Jahren, musste repariert und wieder auf Vordermann gebracht werden. Der Grund: Das Versorgungsschiff hatte schwere Fracht an Bord, die mit dem Langboot zu leichtern war. Die Pitcairner erhielten nämlich einen Traktor. Er ist das zweite Arbeitsfahrzeug neben dem alten Raupenschlepper. Den hatte vor vielen Jahren ein Armeeflugzeug mit drei Fallschirmen über dem Sportplatz abgeworfen.

Ein erstes Katzen-Paar ist wieder auf der Insel und hat zur Freude aller sogleich Nachwuchs bekommen: sieben Junge. Vor einem Dreivierteljahr waren alle Katzen zum Schutz der Vögel von der Insel verbannt worden (siehe mare No. 22). Jetzt sollen die Neusiedler die außer Kontrolle geratene Rattenplage eindämmen. Elterntiere und Nachwuchs werden mit Gegengiften gefüttert, damit ihnen der Appetit auf Ratten nicht vergeht, die zuvor ausgelegtes Gift gefressen haben könnten.

mare No. 23

No. 23Dezember 2000 / Januar 2001

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

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Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke
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