25°04' Süd, 130°06' West - Folge 13

Ein Kampf mit der Kreatur wie beim alten Mann und dem Meer. Len, 73, war alleine zum Fischen weit hinausgefahren und hatte einen „Wahoo“ gefangen, einen Fisch, der es gewöhnlich auf 35 bis 40 Kilo bringt. Nach zähem Ringen brachte Len ihn auch ins Boot, aber kaum herinnen, haute der Fisch mit einem kräftigen Schlag ein faustgroßes Loch in die Bordwand kurz unter der Wasserlinie des Vorschiffs. Das Wasser schoß wie aus einem Hydranten ins Boot. Aber Len ist nicht einer, der sich unterkriegen läßt. Mit seinem Messer schnitt er sein T-Shirt entzwei und stopfte es in das Leck. Dann gab er Vollgas, so daß sich der Bug aus dem Wasser hob, und raste nach Hause. „Das war knapp“, kommentierte der „Miscellany“.

Ungebetener Besuch: Als Yvonne kürzlich im Bad den Toilettendeckel anhob, starrten sie zwei Augen an: Die Ratten sind wieder da. Beziehungsweise: Sie waren wohl nie ganz richtig ausgerottet, obwohl ein Terminatorteam aus Neuseeland zweimal angereist war. In Pitcairns „Sportarena“ Aute Valley und vor Charles’ Haus wurden auch Ratten gesehen. Und die Schulkatze bringt auch wieder Mäuse nach Hause. Es sieht so aus, als ob wieder alles von vorne losgeht und auf der ganzen Insel Gift ausgelegt werden muß. Übrigens: Olive war neulich total geschockt, als sie bei einem Picknick sah, daß Tony und Kerry genußvoll Rattenköder verspeisten. Aber Clarice hatte sich nur einen kleinen Scherz erlaubt und ist bei ihrem Food-Design etwas weitgegangen.

Unterwasserarchäologen von der australischen James-Cook-Universität haben jetzt von der Bounty mit schwerem Gerät eine weitere Kanone gehoben — Gewicht: 850 Kilogramm. Seit vielen Jahren steht bereits eine Kanone vor dem Haus von Len, Thelma und Clarice. Ein paar andere Dinge kamen ebenfalls ans Tageslicht, unter anderem Rohre, mit denen damals auf der Bounty die Brotfruchtschößlinge bewässert wurden. Käpt’n Bligh sollte diese Pflanzen seinerzeit von Tahiti in die Karibik verfrachten, doch dann kam die Meuterei dazwischen. Die Archäologen haben auch unter dem alten Haus von Tom gegraben, aber nichts gefunden. Tom hatte sich Chancen ausgerechnet, daß dort der Schatz der Bounty liegen könnte, weil an der Stelle auch der Meuterer-Boß, Toms Urururgroßvater Fletcher Christian, sein Haus hatte.

Die Unterwasserarchäologen brachten einen Arzt mit. Solche Gelegenheiten sind stets willkommen: 93 Konsultationen führte Dr. Sullivan auf der ansonsten arztlosen Insel durch.

Hendrik und Nicola sind jetzt in den Honigexport eingestiegen. Ihre Marke: „Mutineer’s Dream“ („Traum des Meuterers“), mit einem schönen, von den beiden und ihren Kindern handkolorierten Etikett. 250 Gramm: 4 US-Dollar; 500 Gramm: 7 US-Dollar, Vorauszahlung in bar oder per undatiertem Scheck. Bestellungen per Post an: Hendrik & Nicola, Pitcairn Island, South Pacific Ocean. Die Zustellung kann dauern – und die mare-Redaktion dankt für die Kostprobe.

Die Beseitigung von Asbest-Bauteilen, die Anfang der 50er Jahre in die Kirche eingebaut worden waren, ist auf der Ostseite fertig. Bei der Gelegenheit stellten Tom und Michael fest, daß die Kirche von unten durch Termiten angeknabbert wird. Das Renovierungsteam wechselte einige Schwellen aus. Allerdings mußten die Männer ab und zu ihren Job unterbrechen, denn das Filmteam, das gerade auf der Insel weilt, beklagte sich über den Lärm. Tom bat um Verständnis: Die Videokamera des Teams habe 60000 US-Dollar gekostet, und es würden bestimmt tolle Bilder dabei herauskommen.

mare No. 13

No. 13April / Mai 1999

Von Ulli Kulke

Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.

Mehr Informationen
Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke
Vita Ulli Kulke, Jahrgang 1952, ist Chefreporter für Wissenschaft der Berliner Tageszeitung Die Welt.
Person Von Ulli Kulke