Zeit an Bord

Wenn der Blaue Peter am letzten der Hundstage gesetzt wird: Erklärungen aus dem „Seemännischen Wörterbuch“

Blauer Peter

Die Signalflagge P (blau mit weißem Spiegel) des Internationalen Signalbuchs. Sie hat die Bedeutung „Alle Mann an Bord! Schiff macht seeklar“ und wird 24 Stunden vor dem Auslaufen gesetzt. Es wird angenommen, dass die Bezeichnung in scherzhaft umdeutender Weise auf den heiligen Petrus als Schließer des Himmels Bezug nimmt.


B-Uhr

Beobachtungsuhr (große Taschenuhr) für den praktischen Gebrauch bei navigatorischen Beobachtungen.


Dämmerung

Allgemein die Phase des Übergangs vom Tag zur Nacht nach Sonnenuntergang und die entsprechende vor Sonnenaufgang. Je nach geografischer Breite und Wetterlage sind die Zeiten der Dämmerung verschieden lang und unterschiedlich ausgeprägt. Man hat daher den Begriff Dämmerung präzisiert, unabhängig von subjektiven Sinneseindrücken. Man nimmt als Kriterium die negative Höhe des Sonnenmittelpunkts und unterscheidet eine bürgerliche Dämmerung, wenn die Sonne bis sechs Grad, eine nautische, wenn sie bis zwölf Grad, und eine astronomische, wenn sie bis 18 Grad unter dem Horizont steht.

Ephemeriden

Tagebücher, chronologische Aufzeichnungen. Insbesondere die periodisch erscheinenden Veröffentlichungen der vorausberechneten Positionen der Gestirne.


ETA, E.T.A. (engl.)

Estimated time of arrival, voraussichtliche Ankunftszeit. ETA-Meldungen werden bis 24 Stunden vorher durchgegeben, zum Beispiel, um pünktliche Lotsenübernahme zu gewährleisten.


ETD, E.T.D. (engl.)

Estimated time of departure, voraussichtliches In-See-Gehen eines Schiffes.


Glas, glasen

Die Zeitspanne „ein Glas“ (eine halbe Stunde) ist ein traditionelles seemännisches Zeitmaß, das seinen Namen von der alten Sanduhr herleitet. Neben dem Kompass stand ein solches „Stundenglas“, das alle halbe Stunde umgedreht werden musste, weil dann der Sand von der einen Hälfte des Glases in die andere gelaufen war. Der Ablauf jeder halben Stunde wurde durch die Schiffsglocke angezeigt (glasen), und zwar in einem vierstündigen Rhythmus, der dem normalen Wachwechsel entsprach. Die Glockenschläge bedeuteten: 0.30 Uhr ein Glas (einfacher Glockenschlag), 1.00 Uhr zwei Glas (ein Doppelschlag), 1.30 Uhr drei Glas (ein Doppelschlag und ein einfacher) usw. bis 4.00 Uhr acht Glas. Dann begann es von Neuem mit einem Glas um 4.30 Uhr.


Hundstage

Die Zeit vom 24. Juli bis zum 23. August. Der Name leitet sich von der Stellung der Sonne zum Sirius im Sternbild Großer Hund ab.


Mittag

Der Zeitpunkt der Tagesmitte, des Meridiandurchgangs der Sonne. Man unterscheidet den wahren Mittag (Durchgang der sichtbaren Sonne), den mittleren Mittag (Durchgang der Sonne bei einer gemittelten, das heißt über das ganze Jahr angenommenen gleichmäßigen Geschwindigkeit) und den Greenwicher wahren Mittag (Durchgang der wahren Sonne durch den Meridian von Greenwich). Worte wie Mittagsbesteck, -breite, -höhe beziehen sich auf Beobachtungen der Sonne am wahren Mittag.


Routine

Zeiteinteilung für den Borddienst. Das Routineboot ist ein nach Zeitplan fahrendes Boot.


Törn

Verdeutscht aus engl. turn. Das Wort kommt im Bordbetrieb unter anderem in folgenden Bedeutungen vor: 1. Reihenfolge innerhalb des täglichen Dienstes: Wachtörn, Rudertörn usw. im Sinne von „an der Reihe sein“ (Turnus). 2. die Reihenfolge, in welcher im Hafenbetrieb Schiffe zum Laden und Löschen herangenommen werden.


Überliegezeit

Die Zeitspanne, die über die im Chartervertrag festgelegte Lade- und Löschzeit hinaus für Ladungsarbeiten beansprucht wird und für welche zur Entschädigung für den Zeitverlust Liegegeld (demurrage) erhoben wird.


Uhr

Die für die Schiffsführung wichtigsten mit der Uhr zusammenhängenden Begriffe sind der Gang und der Stand der Uhr. Uhrvergleich = gleichzeitiges Ablesen zweier Uhren – zum Beispiel Chronometer und Beobachtungsuhr – zur Bestimmung des relativen Standes. Wie sich aus astronomischen Beobachtungen mithilfe der genauen Zeit die geografische Länge errechnen lässt, kann man umgekehrt bei genauer Kenntnis des Schiffsortes (Landsicht, Hafen) über den Stundenwinkel die Uhrzeit kontrollieren. Die früher wichtige Methode hat durch die Funkzeitzeichen ihre einstige Bedeutung verloren.


Wache

Es war auf deutschen Segelschiffen früher üblich, die Mannschaft in zwei „Wachen“ einzuteilen, die umschichtig Wache gingen: die Steuerbord- und die Backbordwache. Wachablösung war alle vier Stunden. Es begann mit der Mittelwache (0.00 bis 4.00 Uhr), es folgte die Morgenwache (4.00 bis 8.00 Uhr) usw. Um zu vermeiden, dass ein und derselbe Mann Tag für Tag mit den gleichen Wachzeiten drankam, wurde der vierstündige Rhythmus nachmittags unterbrochen. Auf englischen Segelschiffen wurden zwischen 16.00 und 20.00 Uhr zwei zweistündige Törns eingeschoben, die 1. und 2. Plattfuß oder auch dog watches genannt wurden. Auf deutschen Segelschiffen wurden stattdessen nachmittags in der Regel zwei sechsstündige Wachen gegangen. Es gab aber auch andere Einteilungen. Heute ist der Wachdienst in der Seeschifffahrt im Allgemeinen weit gehend der Arbeitszeit an Land angeglichen.


Zeitball

Das klassische Zeitsignal für die Schifffahrt, das vor dem Zeitalter des allgemeinen Funkverkehrs zur Chronometerkontrolle für die Seeschifffahrt von großer Bedeutung war. Auf einem circa 40 Meter hohen Turm oder einem Gerüst auf einem hohen Gebäude diente ein weithin sichtbarer schwarzer, kugelförmiger Signalkörper von 1,50 Meter Durchmesser zur Anzeige des „Greenwicher Mittags“. Der Ball war so angebracht, dass er in einer Stangenführung 2,5 Meter Fallhöhe hatte. Zehn Minuten vor 12.00 Uhr GMT wurde der Ball bis zur Hälfte dieser Strecke vorgeheißt, drei Minuten vor zwölf bis ganz oben, und 0,7 Sekunden vor Punkt zwölf wurde der Sperrmechanismus elektrisch ausgelöst. Der Fallbeginn des Balls galt, und er war ein sehr viel genaueres Signal, als es jedes akustische sein konnte. Die Auslösung wurde automatisch durch die Normaluhr einer Sternwarte gesteuert. Den ersten Zeitball der Welt gab es 1833 in Greenwich, den ersten in Deutschland 1875 in Cuxhaven. Um die Jahrhundertwende gab es an der deutschen Küste Zeitbälle in Wilhelmshaven, Bremerhaven, Bremen, Cuxhaven, Hamburg, Kiel, Swinemünde und Neufahrwasser.


Zeitunterschied

Im Zeitmaß ausgedrückter Längenunterschied. Ein Vollwinkel (360 Grad) entspricht 24 Stunden, 15 Grad einer Stunde, ein Grad vier Minuten usw. Segelt man ostwärts, ist der Zeitunterschied zu addieren, westwärts zu subtrahieren.

mare No. 28

No. 28Oktober / November 2001

Ein Glossar

Aus: Wolfram Claviez: „Seemännisches Wörterbuch“. 3. Auflage, 1994, Verlag Delius Klasing, Bielefeld

Mehr Informationen
Vita Aus: Wolfram Claviez: „Seemännisches Wörterbuch“. 3. Auflage, 1994, Verlag Delius Klasing, Bielefeld
Person Ein Glossar
Vita Aus: Wolfram Claviez: „Seemännisches Wörterbuch“. 3. Auflage, 1994, Verlag Delius Klasing, Bielefeld
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