Urknall, der dritte

Das Pferd im Meer: Seepferd. Bär im Meer: Seebär. Aber Walross? Womöglich müssen die Evolutionsbiologen radikal umdenken

Alles Leben kam aus dem Meer, und weil das Gedränge an Land daraufhin furchtbar war, kehrte einiges auch wieder zurück: Der Hund ging zurück ins Meer und wurde ein Seehund. Der Löwe wurde ein Seelöwe. Leopard, Elefant und Bär wurden Seeleopard, See-Elefant und Seebär. Das Ross ging ins Meer und wurde ein Seepferdchen. Woher also stammt der sechste Spross der Robbenfamilie, das Walross? Von der Wissenschaft tunlichst aus dem Rampenlicht geschoben, schien dieses Tier bislang ohne konkrete Herkunft, galt sozusagen als Findelkind der Ozeane.

Bis jüngst das Team um Günther Jörnsen vom Institut für Botanische Zoologie in Bremen einen jahrelang für eine versteinerte Walnuss gehaltenen Urgesteinsbrocken als Schädel eines Walrossembryos erkannte. Jörnsen und seine Mitarbeiter sahen sich daraufhin die Embryonalentwicklung des Walrosses genauer an und entdeckten in einer Phase der Entwicklung der Flossen die Form eines Blattes. Und zwar nicht das der Walnuss, sondern, zum Triumph der bislang von den Naturwissenschaftlern belächelten Biolinguisten, das der Rosskastanie. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse springen den Forschern seither massenhaft beweiskräftige Ähnlichkeiten geradezu ins Auge.

Dass mit dem Wechsel des Elements auch ein Wechsel der Lebensform einherging, ist am Beispiel der Seegurke, der Pflanze, die im Meer zum Tier wurde, längst bewiesen. Der Allesfresser Schwein ging ins Meer, kehrte zurück und sicherte sich als Nagetier an Land eine überlebensfähige Existenz.

Im Reich der Pflanzen gilt hierfür als Paradebeispiel der Rettich, dessen wanderfreudigere Vertreter wesentlich raffinierter aus den Ozeanen zurückkehrten. Einigen Katzen gelang über den Umweg Meer sogar der Sprung in den Stammbaum des Menschen.

Aber dass sich nun zwei Pflanzenarten zusammengetan haben, um gemeinsam etwas Neues zu werden, das gleicht einem wissenschaftlichen Erdbeben. Wer waren, folgt man dem immer glaubwürdigeren Denkansatz der Biolinguisten, dann erst die Großeltern des Walrosses?

Seit alles denkbar und nichts mehr unmöglich scheint, wird man auch in den Instituten für Altgriechische Seefahrtsgeschichte nervös und fragt sich, ob es für die Posten der Märchenonkel bald interne Personalwechsel geben wird. Und dem gottesfürchtigen Gourmet dürfte der gegrillte Seeteufel künftig im Halse stecken bleiben.

mare No. 44

No. 44Juni / Juli 2004

Erklärungsversuche von Marei Schweitzer

Marei Schweitzer wurde 1973 wurde in Unna geboren. Später studierte sie in Bremen, Stockholm und Straßburg Grafik Design, Freie Druckgrafik und Illustration. Nach einem Jahr am Atlantik lebt sie nun in Hamburg und erzählt in Wort und Bild Geschichten für Zeitschriften- und Buchverlage, am liebsten von Kuchen und Meer.

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Vita Marei Schweitzer wurde 1973 wurde in Unna geboren. Später studierte sie in Bremen, Stockholm und Straßburg Grafik Design, Freie Druckgrafik und Illustration. Nach einem Jahr am Atlantik lebt sie nun in Hamburg und erzählt in Wort und Bild Geschichten für Zeitschriften- und Buchverlage, am liebsten von Kuchen und Meer.
Person Erklärungsversuche von Marei Schweitzer
Vita Marei Schweitzer wurde 1973 wurde in Unna geboren. Später studierte sie in Bremen, Stockholm und Straßburg Grafik Design, Freie Druckgrafik und Illustration. Nach einem Jahr am Atlantik lebt sie nun in Hamburg und erzählt in Wort und Bild Geschichten für Zeitschriften- und Buchverlage, am liebsten von Kuchen und Meer.
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